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Interview mit Sadi


EIN TRAUM FÜR KIEW

sadiEs war der 12. Mai 2007. Der 52. Eurovision Song Contest fand in Helsinki statt und weltweit verfolgten Millionen Menschen den spannenden Wettbewerb vor dem Fernseher. Und einer von ihnen war der damals 10-jährige Wilhelm Richter, den man heute unter dem Namen Sadi kennt. Sadi war damals sofort fasziniert von diesem Showspektakel. Von dieser riesigen, überdimensionalen Bühne und die unvergessenen Auftritte, wie der von Verka Serduchka. Doch noch mehr fesselte ihn ein anderer Künstler, der für Deutschland mit der Startnummer 16 ins Rennen ging – Roger Cicero! Diese Stimme, diese Ausstrahlung, das ganze Charisma von Cicero, das ging bei Sadi ganz tief ins Herz. Und an diesem Abend wurde der Traum geboren, einmal als Künstler selbst auf so einer unglaublichen Bühne zu stehen. Vor dieser ganz eigenen ESC Welt, mit ihren einmaligen Fans.  10 Jahre später könnte sich dieser Traum erfüllen, denn am 13. Mai 2017 findet das Finale des ESC in Kiew statt, und Sadi ist nur noch wenige Meter von diesem Traum entfernt. Er ist einer von 5 Finalisten des deutschen Vorentscheids 2017, dem letzten Schritt zum Finale.

„Ich sitze auf meiner Musik und will endlich raus. Ich will zeigen, was ich kann!“  So klingt Sadi im Januar 2017, wenige Wochen vor dem deutschen Vorentscheid, und er wirkt sehr locker, aber auch fest entschlossen. Was als Interview in einem Dortmunder Restaurant beginnt, entwickelt sich schnell zur angenehmen Unterhaltung. Wir reden über Musik, über alte Bands wie Toto oder Earth, Wind & Fire und über die Entwicklung bei der Eurovision in den letzten Jahren. Sadi versprüht eine unglaubliche positive Lebensenergie, und wenn er über Musik redet, sieht man ein leidenschaftliches Funkeln in seinen Augen, was seine ganze Begeisterung für die Musik widerspiegelt.

Und was ist das jetzt für ein Gefühl, in die Top 5 gewählt worden zu sein? „Ich mache schon so lange Musik, da spüre ich ein großes Gefühl von Stolz!“ Denn Sadi ist nicht nur Musiker und hat eine außergewöhnliche 4-Oktaven-Stimme, er ist auch Songwriter und Komponist. „Ich denke, die Leute haben mich als Vollblutmusiker gewählt.“ Ganz bestimmt, doch so ganz nebenbei spielte die Optik bestimmt auch noch eine Rolle. Denn der 19-jährige Dortmunder hat eine so positive Ausstrahlung und dürfte dem einen oder anderen auch optisch sehr gut gefallen haben, sodass es bei der Wahl auch ein wichtiges Kriterium gewesen sein dürfte.

„Wie sehen die nächsten Wochen bis zum Vorentscheid bei dir aus, wirst du dich hauptsächlich auf den Gesang konzentrieren?“ „Gesanglich kann man nie fit genug sein, aber ich werde meine Stimme auch schonen. Da gibt es viel Tee mit Honig und Salbeibonbons.“ Sadi ist absolut diszipliniert und dazu noch ein akribischer Perfektionist. „Da muss ich mich bei den Studioaufnahmen schon selber etwas bremsen, weil ich es perfekt haben möchte. Fürs Finale will ich 100% vorbereitet sein!“

Am 09. Februar starten die Finalisten mit einem Coversong in den Wettbewerb, den sie sich selbst aussuchen dürfen. Bereits nach diesem Song scheiden die ersten aus. Erst danach dürfen die übriggebliebenen Anwärter ihre 2 Finallieder vortragen, von denen dann eines gewählt wird. Die Finalsongs wurden extra für das Finale komponiert. Sadi komponiert auch selber, wäre er da nicht viel lieber mit einem eigenen Song ins Rennen gegangen? „Ich hätte mir das auf jeden Fall zugetraut und hätte es auch gerne gemacht. Aber als ich die Songs für uns gehört habe, das sind schon echt verdammt starke Songs -gerade von den Texten her, und man erkennt, dass da international erfolgreiche Produzenten am Werk waren.“

International erfolgreiche Produzenten? Da sind wir doch schon wieder schnell vom Thema ab und erinnern uns an Lenas „Satellite“, was von dem Dänen John Gordon und der US-Amerikanerin Julie Frost geschrieben wurde. „Ich hätte damals nie gedacht, dass ich je miterleben würde, dass Deutschland einmal gewinnt.“ Na ja, das haben damals wohl die meisten gedacht. Seine beiden Finalsongs kennt Sadi schon, und er will sich voll in den Songs fallen lassen und das Beste aus den Songs herausholen. Man hatte 2010 gesehen, wie entscheidend die Interpretation eines Songs ist. Immerhin hatte auch Finalteilnehmerin Jenny Braun „Satellite“ gesungen, aber eben nicht so wie Lena.

Doch wie sieht es mit dem Coversong aus? Sadi hat den Auftritt schon im Kopf, geistig vor Augen wie ein Film abgespielt. Er ist sich nur noch nicht sicher, welchen Song er nimmt. Aber eine Ballade liegt hoch im Kurs. Das Bühnenbild! Nicht gerade die Stärken der deutschen Beiträge. Doch auch bei dem Thema ist Sadi schon im Gedanken voll dabei. „Wenn man diese riesige Bühne sieht, und da steht eine Person, das ist schon gigantisch. Ich frage mich dann immer, was hätte Michael Jackson aus so einer Bühne gemach?“ Sadi ist sich vor allem der Wichtigkeit der Bühne bewusst, und das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen.

Die Zeit vergeht wie im Flug, und wir kommen schon zum Ende unseres Gesprächs. Ich kann mir nicht verkneifen, die dämlichste aller Fragen zu stellen, warum denn die Leute für ihn am 9. Februar anrufen sollen? Sadi lacht und verweist sofort darauf, dass natürlich alle Finalisten gut sind und alles geben werden. Er ist sich aber auch durchaus seiner Stärken bewusst. „Ich kann nur versprechen, dass ich in Kiew alles geben werde und ich aber auch jemand bin, der ein Team motivieren kann.“

Er kennt die Fehler deutscher Beiträge aus den letzten Jahren, spätestens nach unserem Gespräch. Wenig Promotion, schwache Bühnenshow und fehlende Kreativität. All das wird er zu verhindern wissen. Und Sadi ist jemand, den wird man sowohl in Irland als auch in Serbien mögen. Wer Sadi bisher noch nie gehört hat, sollte sich dringend mal seine bisherigen Auftritte oder Eigenproduktionen auf „Youtube“ ansehen. Spätestens dann versteht man, was wir da für ein Juwel am Start haben.

Vor 10 Jahren wurde ein Traum in Sadis Musikseele geboren, den Soundtrack dazu lieferte der wundervolle Roger Cicero, und in ein paar Wochen kann dieser Traum zur Wirklichkeit werden. Mich hat Sadi schon längst überzeugt, ihm das Ticket nach Kiew anzuvertrauen. Und beim Verabschieden von Sadi weiß ich, dass sein Herz für die Musik und für den Eurovision Song Contest schlägt.

(Andreas von Reth, Regionalgruppe Ruhrgebiet)

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