Es braucht nicht lange, bis die ESC-Blase einen komplett aufgesaugt hat. Obwohl ich erst am Sonntag zum ersten Mal in meinem Leben den Boden der Ukraine betrat, kommt es mir so vor, als ob ich mindestens Wochen schon hier verbracht habe. Ein Phänomen, welches jeder kennt, der schon einmal bei einem ESC live dabei war. Allerdings kann man auch außerhalb der Blase deutlich erkennen, dass es eine ganz reale Welt vor den Toren des Messegeländes gibt. Allgegenwärtig ist hier das Trauma der Demonstrationen auf dem Maidan, auf den ich von meinem Hotelfenster im elften Stock schauen kann, aus dem Jahr 2014. An etlichen Stellen in der Stadt wird man durch Kreuze, Tafeln oder Grabsteine an die Ereignisse erinnert, die zahlreiche Todesopfer forderten. Bei meinem Spaziergang heute Morgen landete ich im historischen Viertel, in dem sich auch einige Regierungsgebäude befinden. Massive Präsenz von Militär und Polizei, sowie große Betonblockaden sprechen eine eigene Sprache. Auch die für uns ganz angenehmen günstigen Preise zeigen nur wie groß die wirtschaftlichen Probleme hier sind, die zu solch geringen Preisen, also auch Löhnen führen. Für eine Fahrt mit der Metro zahlt man gerade einmal 14 Cent, eine Pizza am Maidan bekommt man für ca. 5 € und die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Im Stadtbild ist der ESC sehr präsent, was ja noch nichts darüber aussagt, wie die Menschen hier dieses teuere Event beurteilen. Kommende Woche, wenn auch das Euro-Village seine Pforten öffnet, wird man mehr sagen können.
Auf der anderen Seite gibt es da die schillernde und für viele Kiewer sicherlich unereichbare Welt eines Euroclubs, der wie ein UFO in einem Parkgelände gelandet ist. Man mag sich über einen etwas nervigen Menschen, der als eine Art Animateur durch den Abend führt, aufregen, doch es ist eine andere Mentalität, die nun mal auch zum ESC gehört. Bei allen Schwächen und Fehlern, welche jetzt schon erkennbar sind, sollten man aber nicht zu kritisch sein. Es ist nur ein Hobby, was man auch manchmal einigen Menschen im Pressezentrum entgegen rufen mag.
Ich bin noch sehr gespannt was ich in den kommenden Tagen hier erleben werde und was ich für ein Bild von diesem Land noch bekomme, natürlich auch wer den ESC gewinnt.
Im Euroclub, der heute nicht gut besucht war, da ja viele noch nicht da sind, traten heute schon etliche Künstler auf, wie Claudia Faniello, Alex Florea und Ilinca, Kasia Mos, natürlich Sunstrike Project, Martina Bárta und O. Torvald, die fast schon ein kleines Minikonzert gaben.
Nun aber allen eine gute Nacht aus Kiew.
Stephan
Unweit vom Maidan erinnert dies an die Demonstrationen.
Auch die Metro freut sich auf den Esc :-)
Claudia Faniello aus Malta im Euroclub
Die Gastgeber O. Torvald dürfen nicht fehlen