Artikel nach Datum gefiltert: Dienstag, 02 Mai 2017

Les Pays-Bas ist mir schon im Vorfeld ans Herz gewachsen, und die drei Girls von O3ENE singen, wie man es sich vorstellen kann, glockenklar. Möglicherweise ist dem geneigten Fernsehzuschauer dies alles zu klassisch und altbacken, stimmig ist es aber allemal. Keine Spur von hysterischem Harmoniegesang, ganz im Gegenteil. Trotzdem sind es Wackelkandidatinnen, leider.

In diesen Minuten steht Joci Pápai aus Ungarn auf der Bühne, neben ihm eine eigenartige Milchkanne im Disco-Look. Endlich mal ein Song, der nicht im Einheitsbrei untergeht, egal ob man mag oder nicht. Eine Geigerin nutzt nun auch mal die kleinere Bühne, die in der Hallenmitte ihr einsames Dasein fristet und bisher nur von Portugal genutzt wurde. Pápai singt souverän, auch den Rapp, auf den ich persönlich hätte verzichten können. Nun wird noch Pyro angekündigt...nun macht mal nicht den Song kaputt liebe Ungarn. Ihren Weg ins Finale werden sie gehen.

Stephan

Ja, die Niederlande haben mir auf der Bühne auch gut gefallen. Nach dem rumänischen Kindergeburtstag mit der Gefahr, sich mit zuviel buntem Kuchen den Magen verdorben zu haben, war etwas Schonung für die Augen genau richtig.

Nun aber zu Malta. Claudia Faniello hat es im 128. Anlauf dann doch noch geschafft, endlich für das ESC-verrückte Inselvölkchen zum ESC zu dürfen. Sie meinte auch, dass es sich immer im Leben auszahle, an sich zu glauben, daran festzuhalten, was man erreichen will. Fabrizio hat ihr den Rat gegeben, sich das Herz aus dem Leib zu singen und ansonsten einfach die Zeit zu geniessen.

Als ihren Fav aus ihren früheren Versuchen nannte sie "Pure". Ich persönlich fand nur "Caravaggio" seinerzeit richtig gut von ihr. Ansonsten mag ich sie einfach nicht so richtig. Ich war ja auch mehrmals auf Malta zur VE und hab sie eher als Bitch erlebt. Jetzt in der PK gab sie sich sehr nett und sympathisch, aber es gibt ja auch nette Bitches ;o)

Sie hat auch eine italienische Fassung von "Breathlessly" angestimmt. Fände ich gut, wenn sie es auch am Donnerstag nächster Woche singen würde. Und am Samstag danach. Dass sie ins Finale geht, halte ich im Gegensatz zu Stephan für sicher. Gesungen hat sie dann auch noch "Another summer night", Fabrizios ersten ESC-Beitrag. Auf die Frage, wem sie es denn im nächsten Jahr gönnen würde, ihre Nachfolgerin für Malta zu werden, meinte sie nur, Malta sei klein, und alle Sänegr kennen sich untereinander, aber wichtig sei ja nun doch der Song. Es sei ja immer noch ein SONG Contest. Großer Applaus dafür aus den Reihen der Fans.

Erwin

Die Niederlande tun auf der Bühne das, was man von ihnen erwarten konnte. Der Fokus wird auf die starken Stimmen gelegt und der Gesang sitzt bereits beim ersten Probendurchlauf perfekt. Ich beichte meine erste Gänsehaut dieses Jahrgangs… Das Schwesterntrio von OG3NE interagiert perfekt miteinander, steht mal nebeneinander und mal im Halbkreis. Zwei tragen dunkle, glitzernde Kleider mit unterschiedlichen Schnitten, eine einen Hosenanzug. Auch die Bühne ist eher dunkel und schlicht gehalten, ein bisschen blau, ein bisschen rot. Ähnlich wie im Musikvideo werden auf den Bühnenhintergrund verschiedene Botschaften projiziert, zudem wird die ernste Botschaft – die Krankheit der Mutter – mit einigen Bildern thematisiert. Ein Topauftritt – nur bleibt es entscheidend in Erinnerung? Ganz frei von Eigenlob kann ich sagen, dass ich auch in diesem Jahr bei der Wahl meiner persönlichen zwölf Punkte ganz großen Geschmack bewiesen habe. ;)

Benni

Hier zwischendurch mal ein ganz interessanter Einblick von unserem Kollegen Martin Schmidtner:

Das hatten wir uns eigentlich nicht mal erträumen können: einmal im Backstage-Bereich der ESC-Bühne zu stehen, einmal in einer Sesselgruppe des Greenrooms Platz zu nehmen und die Halle zwei Tage vor allen anderen akkreditierten Pressevertretern erkunden zu können. Doch das ist eben Eurovision: Big Dreams, Big Feelings! Und dank der Vermittlung von Michael Goetz-Pijl von Eurovision Groupies hat uns heute Mittag der Stage Project Manager des Song Contests Marco Kempen, mit dem wir gestern schon im Interview über seine Arbeit gesprochen hatten, einen im wahrsten Sinn des Wortes Blick hinter die Kulissen gewährt.

Es herrschte gerade Ruhe, fast die gesamte Produktion war zur Mittagspause, aber der „Arch“, die geschwungene Bühnenkrone und der LED-Hintergrund war erleuchtet und zeigte das Motto des ESC „Celebrate Diversity“ in ukrainischen Blau-Gelb. Spannend: während die Farben der LED-Wand in hoher Intensität erstrahlten, wirkte das Blau-Gelb auf dem „Arch“ aus Aluminium und Molton eher abgedämpft und fast etwas stumpf – so zumindest der Eindruck aus der Halle. Doch auch dies ist eben genau auf die Kameras abgestimmt – am Bildschirm wird damit ein einheitlicher Farbton in einheitlicher Leuchtkraft erzeugt.

Ein rot-weißer Fesselballon stand auf der Bühne bereit…eventuell für die Rumänen, die nach der Mittagspause jodeln werden.

Trotz der in ESC-Zahlen geringen Kapazität von 7000 Zuschauerplätzen wirken Bühne und Halle viel, viel größer als auf den Bildern. Marco erzählt und zeigt uns, wo er überall mit seiner niederländischen Firma aus Hilversum am Werk war. Trotz Vorproduktion und detaillierter Planungen ergab sich vieles erst beim Aufbau. So musste innerhalb eines Tages ein neuer Fußbodenbelag in der gesamten Halle verlegt werden und immer, wenn sich beispielsweise Kamerapositionen im Gegensatz zur Planung änderten, musste eben schnell mal eine zusätzliche Verschalung oder gleich eine ganze Treppe gebaut werden. Auch wollte man den Künstlerinnen und Künstlern ungern den eventuellen Weg zur Toilette aus dem Greenroom über die Showtreppe zumuten – also musste schnell ein zweiter Ausgang her. Die Verschalung für das EBU-Präsidium und den Oberschiedsrichter Jon Ola Sand erwies sich als zu hoch geplant und die Stühle zu niedrig: damit Herr Sand die nötige Geltung verschafft wird, mussten eben schnell noch Podeste gebaut und Verschalungen abgesenkt werden. Und, und, und….
Was dies heißt, konnten wir während der Führung hautnah miterleben: ein Mitarbeiter eines anderen Produktionsbereichs kam zu Marco Kempen und erklärte, dass der Nebel während des österreichischen Songs sich leider in den Kameragraben absenken würde und die Positionsmarkierungen für die Kameraleute verdecke. Ob man nicht einfach ein paar Löcher in den Molton bohren könne, damit der Rauch abziehe? Nun – so einfach geht es natürlich nicht, aber dem holländischen Troubleshooter wird ganz sicher auch da eine Lösung einfallen. („Wer von klein auf mit Camping groß geworden ist, richtet sich überall ein und findet für alles Lösungen“ meint er selbstironisch und augenzwinkernd).

Hinter der Bühne kommen wir aus dem Staunen kaum raus: kilometerlange Kabelschächte, Kabelstränge und Kabel verschiedenster Dicke allüberall – wer behält da eigentlich den Überblick?!

Neben der Bühne werden die Requisiten gelagert, die dann in den Umbaupausen der Show von rechts über eine leicht ansteigende Rampe auf und hinterher über eine stärker abfallende Rampe wieder von der Bühne gerollt werden.
Hinter der Bühne hat die niederländische Truppe ihre Werkstatt: ein Computerterminal für die Kommunikation und mehrere Werkbänke für letzte Schneide- und Fräsarbeiten. Die Kollegen von Marco sind natürlich noch bei der Arbeit. Gerade die ersten Bühnenproben erfordern schnelle Nachbesserungen – ein Podest für eine Windmaschine wird aktuell gerade aus dem Hut gezaubert.

Ein Stück weiter hinten wird es ruhiger. Hier stehen Holzkabinen in Containergröße und -abmessung, die als Sozialräume genutzt werden können. „Temorarily Dutch Embassy“ steht auf einem Schild. Im Pausenraum stehen Sessel und eine Couch, an den Wänden hängt eine große niederländische Fahne und für den einen deutschen Mitarbeiter auch eine kleine deutsche Flagge. Dazwischen Bilder der Königsfamilie und der Mädels von OG3NE, die für die Niederlande an den Start gehen. Um 14.20 h werden sie zum ersten Mal die Bühne betreten und Marco Kempen und seine Mitarbeiter freuen sich schon riesig, sie kennenzulernen. Doch zuvor haben auch sie erst mal Mittagspause. Gerade bei einem Job, der über sieben Wochen beständige Anspannung und Stress bereithält, ist es umso wichtiger, zusammenzuhalten, gut für sich zu sorgen und eine Rückzugsmöglichkeit zu haben. In dem holländischen Aufenthaltsraum fühlt man sich auch gleich zuhause.

Dank an Michael und Marco für den großartigen Einblick!

Martin Schmidtner

Marco Kempen, der sich eine Pause verdient und tolle Arbeit geleistet hat

2013 wurde der rumänische Vertreter Caesar in der Pressekonferenz gefragt, ob er seinen Aufritt ernst meine. Die gleiche Frage kann man heute Ilinca und Alex Florea stellen. Gut, die Bühne ist bunt, man sieht trommelnde Nussknacker, tanzende bunte Noten, den Schriftzug YODEL IT in bunten Lettern. Das ist so trashig-kitschig wie es nur sein kann, Ilinca trägt ein folkloristisch besticktes schwarzes Oberteil - hatte jemand ein Dirndl erwartet? - singt nicht besonders gut heute, sie springen über die Bühne, plötzlich wird es dunkelblau, Alex verschwindet und schiebt eine "Lurex"-Kanone auf die Bühne, springt so darauf, dass er sie zwischen den Beinen hat (Aufschrei im Pressezentrum)  eine zweite Kanone wurde von unsichtbaren Händen auch dazugeschoben. Bei letzten Durchlauf fällt er allerdings von der Kanone, ist das ein Omen für den tiefen Fall eines Favoriten vieler Fans? Ich finde das ganz furchtbar, hier hört man Kommentare von "krass" bis "brillant". 

Michael

Claudia aus Malta hat zweifelsohne abgeliefert, was nun bei diesem alten (ja ja ja sie ist erst 29...) Zirkuspferd auch nicht verwundert. Stimme hin, Stimme her, der Song erreicht mich trotz allem nicht und  wird es nächste Woche wohl kaum unter die ersten zehn schaffen. 

Zur billigen Jana ist ja schon alles gesagt, selten herrscht so eine Einigkeit :-) 

Nun wird es bunt, yeaaahhhh! Möglicherweise ist der rumänische Jodel-Song kein Favorit in der 3sat Kulturzeit, aber er macht einfach so viel gute Laune! Also zumindest mir und das reicht mir vollkommen. So :-)! Aber der Reihe nach. Unser kleines Jodelgoldkehlchen muss sich noch etwas schonen, denn für den ersten Durchgang würde sie noch kein Jodeldiplom bekommen, aber das wird schon noch. Endlich mal ist die Bühne quietschbunt. Am Ende werden zwei Kanonen auf die Bühne gerollt, die, ich kann noch nicht erkennen was, aber halt irgendwas auf die Bühne blasen. Hmhhh, hätte ich auch drauf verzichten können, aber man kann eben nicht alles haben. Man mag es oder nicht, im Finale werden wir bestimmt alle jodeln!

Stephan

Nathan Trent ist wirklich super sympathisch, auch in  der PK, er wird auf die deutsche Vorentscheidung angesprochen, wo er ja in der Auswahl war. Er sei schon in Österreicht im Sommer 2016 im Gespräch gewesen, dann sei er nach Los Angeles gereist, habe dort Musik aufgenommen, und dann auch beim NDR eingereicht, 2 Chancen seien doch besser ale eine, aber dann sei der ORF eben einfach schneller gewesne. Das Bühnenstaging sei eine von mehreren Optionen gewesen, aber er finde sie ideal für sein Lied, das 100 % er selbst sei, er habe es geschrieben, als er für sich selbst Hoffnung gebraucht habe. Er sei wahnsinnig aufgeregt und freue sich unbändig, hier dabei zu sein. 

Michael

Der PK-Marathon (bzw. das "Meet&Greet") begann mit Serbien. Tijana wirkte sehr entspannt und relaxed und antwortete im bestem Englisch auf die Fragen der Moderatorin "Ludmilla" und Fans.Sie lebte zwischendurch in Amerika, war ja schon Backing bei Nina in Düsseldorf 2011 und wollte immer zurück zum ESC. Insofern hatte sie keine Sekunde überlegt, als das serbische Fernsehen RTS sie fragte. Ihr Mann ist auch Sänger (R'n'B), und deshalb haben sie auch ein besonderes schönes Duett von "In too deep" aufgenommen.

Ein polnischer Fan meinte, die Pre-Konzerte in Tel Aviv, Madrid, Amsterdam und London würden ja kontrovers diskutiert, was den Sinn und die daraus resultierenden (größeren?) Chancen angeht. Sie habe ja nun an vielen teilgenommen. Ob das ihr was bringen würde? Tijana meinte, dass es ihr als intern ausgewählter Act natürlich sehr wichtig sei, den Song im Vorfeld so oft wie möglich live zu singen. Und das Treffen mit den Hardcore-ESC-Fans sei immer wunderbar. Sie selbst liebe den ESC, sei in Düsseldorf nur die 2 Wochen vor Ort gewesen, aber in diesem Jahr wegen der vielen Termine vorher (sie war überall außer in London) erlebe sie quasi 2 Monate ESC und das sei einfach großartig.

Ich finde in diesem Jahr viele Acts in der PK klasse und sehr unterhaltsam. Vielleicht sollte man einfach den Gesang vorher abschaffen

Erwin

Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal schreiben würden, denn anfangs sagte mir die Ballade aus Malta gar nichts, aber mitterweile gefällt sie mir richtig gut, und sie wird sehr schlicht und angenehm auf die Bühne gebracht. Claudia Faniello, die m.E. nicht wie eine 29-Jährige wirkt (stimmt das wirklich?), setzt einen angenehmen und wohltuenden Kontrast vor allem zum dem billigen Auftritt aus Mazedonien. Ich frage mcih allerdings schon wieder, warum es hier beim Staging bisher fast nur Blau und Weiß gibt. Da legt man schon die Startnummern selbst fest wegen der Abwechslung, und dann sieht die Bühne bei so vielen Nummern ähnlich aus...

Michael

Nach der katastrophalen Dame aus FYROM (selbst das ist noch fast gelobt für diesen grottigen Auftritt!!!!) probt jetzt Malta. Claudia Faniello und ihre Allerweltsballade sind nicht mein Ding (ach...), aber die Performance ist sehr gelungen. Auch wenn sie auch auf blauen Hintergrund und weißes Kleid setzt, trifft sie doch jetzt schon alle Töne und schafft es, dass ich gebannt ihrer Ballade lausche. Ich hab schon im Vorfeld gedacht, dass ich mir dieses Lied vor Ort schön hören kann, und wenn die Gute sich noch steigert und Nebel usw. dazu kommt, kann das bis zur Gänsehaut führen. Und auch unsere Jurypräsidentin Nicole, die ja bekennender Balladenfan ist, wird Malta sicher nicht ganz hinten platzieren.

Apropos Nicole. Ich bin ja mal seeeeeeehr gespannt, wie unser diesjähriger Clubtreffen-Gast die Siegel-Nummer für San Marino bewerten wird...

Erwin