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Donnerstag, 23 März 2017 15:21

Russland nicht beim ESC 2017

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Russland hatte die Sängerin Julia Samoylova für den ESC in Kiew nominiert. Es wurde dann bekannt, dass Julia bereits auf der von Russland annektierten Krim aufgetreten und über Russland dorthin eingereist ist. Damit hat sie gegen ukrainisches Recht verstoßen, und die ukrainischen Autoritäten haben sie daher mit einem Einreiseverbot belegt. Daraufhin entspannen sich eine tagelange Diskussion und Verhandlungen seitens der EBU mit dem Gastgeber Ukraine und dem russischen TV-Sender Channel One (s.u.). Am 13.04.2017 kam dann die offizielle Bestätigung, dass Russland seinen Beitrag zurückzieht, am ESC 2017 nicht teilnehmen und ihn auch nicht austrahlen wird.

 

In der offiziellen Stellungnahme der EBU heißt es sinngemäß:

 

"Da der russischen Vertreterin Julia Samoylova die Einreise in die Ukraine verweigert wird, um am ESC 2017 in Kiew teilzunehmen, hatte die EBU Channel One zwei Alternativen angeboten, um eine Lösung zu finden, die die Teilnahme Russlands ermöglicht. Diese Vorschläge waren entweder die Teilnahme via Satelliten-Überttragung des russischen Beitrags oder die Entsendung eines anderen russischen Künstlers. Leider wurden beide Vorschläge von Channel One abgelehnt und man hat angekündigt, den ESC 2017 nicht im russischen TV austrahlen zu wollen. Das bedeutet unglücklicherweise, dass Russland am diesjährigen Wettbewerb nicht mehr teilnehmen kann. Wir wollten unbedingt erreichen, dass Russland teilnehmen kann und haben alles dafür getan."

Der Vorsitzender der EBU Reference Group, Frank Dieter Freiling, wird zitiert: "Wir verurteilen entschieden die Entscheidung der ukrainischen Autoritäten, Julia Samoylova mit einem Einreiseverbot zu belegen, da wir glauben, dass dieses die Integrität und den unpolitischen Charakter des Eurovision Song Contests untergräbt und seine Zielsetzung, alle Nationen zu einem friedlichen Wettstreit zusammen zu bringen. Nichtsdestotrotz gehen die Vorbereitungen in der Gastgeberstadt weiter. Unsere Priorität liegt darin, einen spektakulären Contest gemeinsam mit unserem Mitglied UA:PBC im Mai zu produzieren."

Durch den Verzicht Russlands treten auch im 2. Semifinale 18 Länder an. 

 

 


 

 

Hier der chronologische Ablauf der Ereignisse um die russische Teilnahme:

13.03.2017: Russland nominiert Julia Samoylova als Vertreterin beim ESC.

13.03.2017: Der ukrainische Geheimdienst prüft, ob Samoylova einreisen darf, da sie 2015 ein Konzert auf der von Russland annektierten Krim gegeben hat. Bei Einreise von Russland aus wäre das eine Grenzverletzung, die mit einer mehrjährigen Einreisesperre geahndet wird.

22.03.2017: Der Geheimdienst SBU verhängt ein Einreiseverbot wegen illegaler Einreise.

22.03.2017: Die EBU zeigt sich „tief enttäuscht“ über diese Entscheidung, die dem Geist des ESC widerspreche, aber man werde die örtlichen Gesetze respektieren. Ein Kremlsprecher erklärt, die ukrainische Entscheidung sei "extrem ungerecht und schädlich". Das Einreiseverbot sei ein weiterer „ungeheuerlicher, zynischer und unmenschlicher Akt“, so Vizeaußenminister Karasin.

Die EBU gab zu diesem Vorgang zunächst folgende Stellungnahme ab:

"Es wurde gegenüber der EBU bestätigt, dass die ukrainischen Autoritäten ein Einreiseverbot gegen die Künstlerin Julia Samoylova verhängt haben, die als russische Vertreterin für den ESC nominiert wurde, da sie gegen ukrainisches Recht verstoßen habe, indem sie auf der Krim aufgetreten ist. Wir haben die Gesetze des Gastgeberlandes zu respektieren, dennoch sind wir zutiefst enttäuscht über die Entscheidung, denn wir empfinden sie als gegen sowohl den Geist des Contests als auch dessen Idee der Verbundenheit gerichtet, dem Herzstück seiner Werte. Wir werden den Dialog mit den ukrainischen Autoritäten fortsetzen mit dem Ziel, sicherzustellen, dass alle Künstler am 62. Eurovision Song Contest in Kiew im Mai teilnehmen können."

 

 

  

 

23.03.2017: Die EBU schlägt als Kompromiss vor, den Auftritt Samoylovas per Satellitenschaltung zu zeigen. Beide Seiten lehnen diese Lösung strikt ab. Der Vorsitzende der EBU Reference Group, Frank-Dieter Freiling (ZDF), drückt seine Hoffnung aus, dass die politische Führung der Ukraine nicht am Einreiseverbot festhält und eine Lösung findet, die sich im Einklang befindet mit dem diesjährigen Contest-Motto „Celebrate Diversity“.

29.03.2017: Die EBU-Generaldirektorin Ingrid Deltenre erklärt in einem Interview mit der Schweizer Zeitung „Blick“, sie sei in Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten und dem Premierminister, um eine befriedigende Lösung zu finden. Die EBU empfehle, das Einreiseverbots-Gesetz erst nach dem ESC wirksam werden zu lassen. Sie bedauere zutiefst, dass der ESC für politische Aktionen missbraucht werde. Sollte keine Lösung gefunden werden, müsse man darüber nachdenken, die Ukraine zukünftig vorübergehend vom Wettbewerb auszuschließen. 

31.03.2017: Ein Brief von Ingrid Deltenre an den ukrainischen Ministerpräsidenten wird online gestellt, indem sie den Premier auffordert, für eine Teilnahme der russischen Interpretin zu den gleichen Bedingungen der anderen 42 Teilnehmer zu sorgen. Noch nie sei einem Land die Teilnahme eines bestimmten Interpreten verboten worden, und das solle jetzt kein Präzedenzfall werden. Laut Deltenre hätten einige Länder bereits mit einem Rückzug gedroht, sollte es zu keiner baldigen Lösung kommen. Sollte das Einreiseverbot bestehen bleiben, habe das einen negativen Einfluss auf den internationalen Ruf der Ukraine als modernes, demokratisches europäisches Land und es sei ein Schaden für den ESC und die EBU zu befürchten.

02.04.2017: Der Vize-Premierminister der Ukraine, Vyacheslav Kyrylenko, hat betont, dass Russland natürlich am ESC teilnehmen können mit einem Teilnehmer, der nicht ukrainische Gesetze verletzt habe. Es sei aber völlig ausgeschlossen und inakzeptabel, dass von der Ukraine verlangt werde, Entscheidungen zugunsten Russlands zu treffen und dabei sowohl ukrainisches als auch internationales Recht zu brechen. Die Annexion der Krim werde international als unrechtmäßig angesehen, insofern verteidige man nicht nur ukrainisches sondern auch internationales Recht. Und der ukrainische Außenminister äußerte sich am Rande einer NATO-Tagung in Brüssel: "Keine Konzessionen, werde formell noch informell, stehen zur Diskussion, wir sprechen hier über das Befolgen der Gesetze, und wenn die Gesetze verletzt werden, können wir nicht über andere Schritte reden."

05.04.2017: In einem Telefonat mit den russischen Comedians Alexei Stolyarov und Vladimir Kuznetsov, in dem einer der beiden sich als ukrainischer Premierminister Groysman ausgab, soll Ingrid Deltenre erklärt haben, im Falle des Festhaltens am Einreiseverbot für Julia Samolyova könne der ESC kurzfristig nach Berlin verlegt werden. Dieses wurde vom EBU-Pressesprecher umgehend dementiert! Man konzentriere sich weiterhin auf den ESC in Kiew, das habe oberste Priorität.

13.04.2017: Russland sagt seine Teilnahme ab.