60. Eurovision Song Contest - 23. Mai 2015 | |
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Halle | Stadthalle |
Motto | Building Bridges |
Moderation | Arabella Kiesbauer, Alice Tumler, Mirjam Weichselbraun & Conchita Wurst |
Pausen-Act | Martin Grubinger & The Percussive Planet Ensemble |
Wertung | Jury-/Televoting 50/50% |
Teilnehmer | 40 Länder (Finale 27 / Semifinale 1 - 16 / Semifinale 2 - 17) |
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Siegerland: Schweden | |
Interpret: Måns Zelmerlöw | |
Titel: ""Heroes" | |
Musik & Text: Linnea Deb, Joy Deb, |
© www.eurovision.tv
© Stadt Wien
Nach dem Sieg von Conchita Wurst in Kopenhagen richtete der österreichische TV-Sender ORF die 60. Ausgabe des ESC aus. Das Finale fand am Samstag, dem 23. Mai 2015 statt, die beiden Semifinale am 19. und 21. Mai.
Neben dem naheliegenden Austragungsort Wien kamen zwar aus allen Teilen Österreichs Vorschläge (z.B. Linz oder Wels unter Einbindung des Linzer Musiktheaters), Chancen hatten allerdings nur noch Wien, Innsbruck und Graz. Aus Salzburg kam übrigens relativ früh eine deutliche Absage, da "diese Veranstaltung“ nicht in das Kulturprofil des Landes passe! Der ORF hatte ein Anforderungsprofil für die Austragungsstätte des ESC veröffentlicht.
In Wien kam die Stadthalle (16.000 Plätze) infrage bzw. mehrere temporäre Event-Locations. In Graz wäre die Stadthalle geeignet gewesen, und Innsbruck bewarb sich mit der Olympiaworld. Mit diesen drei Bewerbern verhandelte der ORF, am 6.August 2014 wurde die Entscheidung verkündet: Der 60. ESC findet in der österreichischen Hauptstadt Wien statt!
Mehrere prominente Österreicher begleiteten den ORF bei der Vorbereitung des ESC. Zum Kreis dieser Kreativen zählten unter anderem André Heller, "Oscar"-Preisträger Stefan Ruzowitzky, Schauspielerin Ursula Strauss und Regisseurin Elisabeth Scharang, wie mehrere österreichische Boulevardzeitungen berichteten.
Neben dem Gastgeber Österreich nahmen 39 Länder teil: Die Ukraine, Kroatien und Bulgarien setzten 2015 aus ebenso wie die Türkei, Slowakei und Andorra. Aus Anlass des 60. ESC-Jubiläums hatte die EBU Australien einmalig gestattet, einen Teilnehmer in den Wettbewerb nach Wien zu entsenden! In Australien gibt es eine große ESC-Fangemeinde und seit 30 Jahren wird der Contest dorthin übertragen. Nachdem in Kopenhagen 2014 bereits eine australische Sängerin einen Intervall-Act betritten hat, gab es nun erstmals einen australischen Vertreter im Wettbewerb. Der Teilnehmer trat direkt im Finale an, um keinem der Semifinalteilnehmer eine Finalplatz streitig zu machen. Australien bekam außerdem die Berechtigung, in beiden Semifinalen und dem Finale am Voting teilzunehmen. Im Falle eines Sieges hätte der verantwortliche australische Sender SBS den ESC 2016 als Co-Gastgeber in einer europäischen Stadt zusammen mit einem EBU-Mitgliedsland mitveranstaltet. Wegen der Teilnahme Australiens wurde das Finalteilnehmerfeld auf 27 Acts aufgestockt.
"Es ist ein mutiger und gleichzeitig unglaublich spannender Schritt", wird Jon Ola Sand, Executive Supervisor des Eurovision Song Contest, zitiert. "Es ist unsere Art zu sagen: Lasst uns diese Party zusammen feiern!"
Für das Finale gesetzt waren außerdem der Gastgeber Österreich (ausgeloste Startnummer 14) und die „BIG 5“ Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Ver. Königreich. Alle anderen Länder mussten in den beiden Semifinalen antreten, 16 im 1. SF und 17 im 2. SF. Jeweils zehn Acts gelangten durch 50/50%-Jury-/Televotingentscheidung ins Finale.
© ORF
Erstmals führten drei Moderatorinnen durch die Shows:
Arabella Kiesbauer, Mirjam Weichselbraun und Alice Tumler (v.l.n.r.), Conchita Wurst übernahm die Greenroom-Moderation.
Arabella Kiesbauer (*08.04.1969 in Wien als Tochter einer deutschen Schauspielerin und eines Ingenieurs aus Ghana) begann ihre Karriere bereits Ende der 80er Jahre beim ORF mit der Jugendsendung „X-Large“, ab 1994 moderierte sie 10 Jahre lang bei PRO 7 ihren Daily-Talk „Arabella“, beim ORF führte sie u.a. durch die Castingshow „Starmania“, und seit 2014 unterstützt sie österreichische Landwirte auf der Suche nach der großen Liebe in „Bauer sucht Frau“. Daneben moderierte sie mehrfach den Wiener Opernball, den Life Ball und verschiedene andere Events und Galas. 2013 wurde Arabella Kiesbauer für ihr langjähriges Engagement in Sachen Integration vom österreichischen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich als Kulturvermittlerin ausgezeichnet.
© ORF
Mirjam Weichselbraun (*27.09.1981 in Innsbruck) begann ihre Karriere als Redakteurin beim Regionalsender “Antenne Tirol“. Nach ihrer Wahl zum BRAVO-Girl 2000 wurde sie Moderatorin bei VIVA Plus und MTV Germany. Beim ZDF moderierte sie eine Zeit lang das Online-Magazin zu „Wetten, dass...?“, bei SAT1 die „Hit-Giganten“ zusammen mit Roger Cicero. In Österreich wurde sie für mehrere Staffeln der „Dancing Stars“ ausgezeichnet und moderiert regelmäßig den Wiener Opernball und den Life Ball. Als Schauspielerin konnte man sie im Musical „Manche mögen’s heiß“ in Wien erleben.
Alice Tummler (*11.11.1978 in Innsbruck als Tochter einer französischen Mutter aus Martinique und eines österreichischen Vaters) studierte zunächst in London Journalismus, Medien und Soziologie und besuchte dann eine Schauspielschule in Paris. Ihre Fernsehkarriere begann sie als Moderatorin beim französischen Musiksender TraceTV. Es folgte eine Tätigkeit bei ARTE. Seit 2013 moderiert sie im ORF die Casting-Show „Die große Chance“.
© Milenko Badzic (ORF)Die Auslosung nahmen der OFR-ESC-Kommentator Andi Knoll und Kati Bellowitsch vor, die u.a. auch die Hälfte der Pressekonferenzen in Wien leitete. Zusammen mit Andi Knoll moderierte sie auch den Roten Teppich und den Willkommensempfang im Rathaus. Es wurde außerdem ausgelost, in welchem Semifinale die BIG 5 und der Gastgeber Österreich werten (Deutschland hatte von vornherein das 2. Semifinale erbeten).
1. Semifinale: Spanien, Österreich, Frankreich, Australien
2. Semifinale: Deutschland, Italien, Ver. Königreich, Australien
© EBUDas Motto des 60. ESC lautete: "Building Bridges". Der Vorschlag stammte von der Agentur PKP BBDO.
Mit "Building Bridges" (Brücken bauen) habe man, so ORF-Generaldirektor Wrabetz, ein Thema, die Idee eines Europa mit dem vereinenden Charakter von Musik, und das in Wien, der traditionellen Hauptstadt der Weltmusik im Herzen Europas. 70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs gäben sich europäische Länder in Österreich die Hand, einem Land, das immer schon eine vermittelnde Instanz, eine Brücke zwischen Ost und West gewesen sei. "Wir verstehen dieses Motto als eine logische Erweiterung der Idee von Conchita Wurst, die sie beim ESC 2014 formuliert und gelebt hat: Die Bedeutung von Offenheit, Toleranz über alle Grenzen hinweg für eine gemeinsame Interaktion. Mit dem ESC in Wien wollen wir Brücken bauen über Grenzen, Kulturen und Sprachen. Im Licht der vereinenden Kraft dieses großartigen gemeinsamen europäischen Events laden wir alle ein, Brücken zu bauen und sich die Hand zu reichen."
Der Slogan "Building Bridges" war auch die Basis für die "Postcards", d.s. die kurzen Einspieler, die jeweils den nächsten Beitrag in der Show ankündigen. Jeder Interpret bekam darin in seiner Heimat eine Einladung nach Österreich, und zwar jeweils in eine spezielle Region Österreichs, wo sie dann eine spezielle Aufgabe zu erfüllen hatten, z.B. in den Bereichen Sport, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, Tradition und Moderne.
Die Bühne bestand aus 1288 einzelnen Säulen und war 44m breit, 14,3m hoch und 22m. Sie hatte die Form eines großen Auges, das eine Brücke von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft darstellen sollte, eine Brücke zwischen den Künstlern, ihren Delegationen und den Zuschauern weltweit. Die LED-Säulen und der 11m im Durchmesser große Bühnenboden sowie eine 22m breite und 8,5m hohe LED-Wand erlaubten eine große Bandbreite an visuellen Effekten. Das Bühnendesign wurde entwickelt von Florian Wieder, dem zweimaligen Emmy-Preisträger und Designer der ESC-Bühnen 2011 und 2012, in Zusammenarbeit mit Al Gurdon und Kurt Pongratz.
Den Pausen-Act im Finale bestritt der bekannte Schlagzeuger Martin Grubinger mit einem Programm aus klassischer Musik, Bigband-Sound, Chorgesang und Percussion, das er eigens für das Finale komponiert hat. Es traten 40 Instrumentalisten und der mit einem Grammy ausgezeichnete Arnold Schönberg-Chor auf.
Der 60. ESC in der österreichischen Hauptstadt Wien war einer der besten, die man je erlebt hat. So der allgemeine Tenor der Journalisten vor Ort. Selten war die Organisation so gut und das Angebot für die Akkreditierten – auch das Rahmenprogramm betreffend - so reichhaltig. Ein bisschen weniger begeistert konnte man allerdings von den drei TV-Shows sein, die der ORF uns zum 60-jährigen Jubiläum präsentierte. Gewiss waren die Shows nicht schlecht, aber auch nicht herausragend. Eines der Highlights war wohl die Eröffnungsnummer des 1. Semifinales, bei dem man sich schon fragte, wie man das im Finale würde toppen können. Und man konnte nicht… Ganze 20 Minuten dauerte es, bis der 1. Finalsong auf die Bühne kam! Davor ein Sammelsurium von Orchester, Geigerin, Kinderchor, einem Rapper, zwei Einspielern und schließlich einer Gesangseinlage der Moderatorinnen, die zwar gefiel, aber insgesamt wäre hier weniger sicher mehr gewesen.
Das Motto „Building Bridges“ zog sich durch alle Shows bis hin zu den virtuellen Brücken in die einzelnen Länder bei der Finalwertung. Bei der Wertung fielen unangenehm auf: Die Diskrepanz zwischen Jury- und Televoting und die Punktevergabe überhaupt. Wenn bei 27 Teilnehmern nur zehn überhaupt die Chance auf Punkte haben, ist das Wertungssystem nicht mehr angemessen, und nicht nur, weil es dieses Mal Deutschland (und Österreich) mit null Punkten besonders hart getroffen hat. Außerdem Die Jurys von Montenegro und EJR MAzedonien wurden disqualifiziert und nur das Televoting-Ergebnis gezählt. Das habe das Resultat laut EBU nicht entscheidend verändert. Die Jurys von Montenegro und EJR Mazedonien wurden disqualifiziert und nur das Televoting-Ergebnis gezählt. Das habe das Resultat laut EBU nicht entscheidend verändert.
Die Jurys verhinderten einen Sieg des haushohen Televotingsiegers Italien: Sie setzen Il Volo nur auf Rang sechs, so dass es nur zum dritten Platz reichte. Australiens erster Vertreter beim ESC, Guy Sebastian, gab seinen Einstand auf Platz fünf. Es sollte nicht die einzige Teilnahme Australiens - als "Ausnahme" zum Jubiläum - bleiben!
Obwohl der ESC ja so unpolitisch ist (wie von der EBU gern behauptet wird), sorgte wieder einmal der russische Beitrag (Platz zwei) für reichlich Diskussionsstoff sowie die Entscheidung der EBU, Buh-Rufe aus- und Applaus vom Band einzublenden.
Aminata schaffte mit einem zwar etwas sperrigen Titel, aber beeindruckender Performance für Lettland den sechsten Platz.
Die im Vorfeld hochgewettete Ballade aus Norwegen mit Mørland & Debrah Scarlett erreichte immerhin Platz acht, der "Golden Boy" aus Israel Platz neun, und eine weitere Fanfavoritin, Bojana Stamenov aus Serbien, Platz zehn mit "Beauty Never Lies".
Obwohl (oder weil?) die Spanier bei ihrer Inszenierung so ziemlich alles aufboten, was der ESC je gesehen hatte, musste sich Edurne mit Platz 21 begnügen.
Nur Platz 24 erreichte das Vereinigte Königreich, das es mit Electro Swing versuchte: Blinkende Neonleuchten im Background und auf dem Bühnenboden, eine am Rücken der Sängerin Bianca befestigte Montur mit Kabeln und Kästen, die an eine Sprengstoffgürtelvorrichtung erinnerte und immerhin beim Auftritt durch Haarverlängerung und Stola verdeckt werden konnte, dazu schwache Stimmer von Bianca und Alex, das reichte nur für Platz 24!
Monika Kuszysńka aus Polen erreichte im Rollstuhl das Finale, während die Punkrockband aus Finnland, die aus vier Menschen mit geistiger Behinderung besteht, Letzte im Semifinale wurde, und zwar mit einem der kürzestens Songs der ESC-Geschichte.
Eine der erfolgreichsten Sängerinnen der Niederlande, Trijntje Oosterhuis, scheiterte, wohl auch wegen einer schlechten Inszenierung inklusive sackartigem Outfit, auf Platz 14 im Semifinale.
Gastgeber Österreich mit den Makemakes landete trotz eines brennenden Flügels auf der Bühne mit null Punkten auf dem letzten Platz, ebenso wie Ann Sophie aus Deutschland mit "Black Smoke". Es war ja schon im Vorfeld reichlich schwarzer Rauch aufgestiegen für den deutschen Act, denn Ann Sophie war als Zweitplatzierte der deutschen Vorentscheidung quasi auf Geheiß des Siegers Andreas Kümmert, der verzichtet hatte, in Wien angetreten. Es zeigte sich hier einmal mehr, wie schwer sich die Deutschen mit der Inszenierung ihres Acts auf der ESC-Bühne tun. Hier sollten es ein paar "ausrangierte" Scheinwerfer und eine sehr kühl wirkende Sängerin richten, deren Kehrseite doch zu lange im Bild festgehalten wurde nach dem Motto der österreichischen Vertreter 2012: "Wackel mit deinem Popo".
Für Belgien kam Loïc Nottet mit einem modernen Song und moderner Inszenierung immerhin auf Platz vier!
Schweden war von Anfang an der große Favorit, denn der Beitrag hatte alles, was man zum Gewinnen braucht: Eine vielleicht nicht bahnbrechende, aber sehr eingängige Melodie, einen Pop-Rhythmus, der sich für viele wohltuend von den vielen Balladen des Jahrgangs abhob, einen extrem sympathischen und noch dazu unverschämt gut aussehenden Interpreten und vor allem eine Show mit der kleinen LED-Wand und dem niedlichen, moppeligen Männchen mit Käppi und Luftballon, der mit dem großen Måns Freundschaft schließt.
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1. | 2. | 3. | 4. |
Slowenien | Frankreich | Israel | Estland |
Maraaya | Lisa Angell | Nadav Guedj | Elina Born & Stig Rästa |
"Here For You" | "N'oubliez pas" | "Golden Boy" | "Goodbye To Yesterday" |
M.: Raay, Marjetka Vovk T.: Charlie Mason, Raay | M. & T.: Robert Goldman | M. & T.: Doron Medalie | M. & T.: Stig Rästa |
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5. | 6. | 7. | 8. |
Ver. Königreich | Armenien | Litauen | Serbien |
Electro Velvet | Genealogy | Monika & Vaidas | Bojana Stamenov |
"Still In Love With You" | "Face The Shadow" | "This Time" | "Beauty Never Lies" |
M. & T.: David Mindel, Adrian Bax White | M.: Armen Martirosyan T.: Inna Mkrtchyan | M.: Vytautas Bikus T.: Monika Liubinaitė | M.: Vladimir Graić T.: Charlie Mason |
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9. | 10. | 11. | 12. |
Norwegen | Schweden | Zypern | Australien |
Mørland & Debra Scarlett | Måns Zelmerlöw | John Karayiannis | Guy Sebastian |
"A Monster Like Me" | "Heroes" | "One Thing I Should Have Done" | "Tonight Again" |
M. & T.: Kjetil Mørland | M. & T.: Linnea Deb, Joy Deb, Anton Malmberg Hård af Segerstad | M.: Mike Connaris T.: John Karayiannis | M. & T.: Guy Sebastian, David Ryan Harris, Louis Schoorl |
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13. | 14. | 15. | 16. |
Belgien | Österreich | Griechenland | Montenegro |
Loïc Nottet | The Makemakes | Marie-Eleni Kyriakou | Knez |
"Rhythm Inside" | "I Am Yours" | "One Last Breath" | "Adio" |
M.: Loïc Nottet, Luuk Cox, Shameboy T.: Beverly Jo Scott | M & T.: Jimmy Harry, Dominic Muhrer, Florian Meindl, Markus Christ, Paul Estrela | M.: Efthivoulos Theocharous, Maria-Elena Kyriakou T: Vangelis Konstantinidis, Evelina Tziora | M.: Željko Joksimović T.: Marina Tucaković, Dejan Ivanović |
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17. | 18. | 19. | 20. |
Deutschland | Polen | Lettland | Rumänien |
Ann Sophie | Monika Kuszyńska | Aminata | Voltaj |
"Black Smoke" | "In The Name Of Love" | "Love Injected" | "De la capăt" |
M. & T.: Michael Harwood, Ella McMahon, Tonino Speciale | M.:Kuba Raczynski T.: Monika Kuszyńska | M. & T.: Aminata Savadogo | M. & T.: Calin Gavril Goia, Gabriel Constantin, Adrian Cristescu, Paduraru Silviu-Marian, Alstani Victor-Razvan, Monica-Ana Stevens, Andrei-Madalin Leonte |
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21. | 22. | 23. | 24. |
Spanien | Ungarn | Georgien | Aserbaidschan |
Edurne | Boggie | Nina Sublatti | Elnur Huseynov |
"Amanecer" | "Wars For Nothing" | "Warrior" | "Hour Of The Wolf" |
M. & T.: Tony Sánchez-Ohlsson, Peter Boström, Thomas G:son | M.: Áron Sebestyén, Boglárka Csemer T.:Sára Hélène Bori | M.: Nina Sublatti, Thomas G:son T.: Nina Sublatti | M. & T.: Sandra Bjurman, Nicolas Rebscher, Nicklas Lif, Lina Hansson |
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25. | 26. | 27. | |
Russland | Albanien | Italien | |
Polina Gagarina | Elhaida Dani | Il Volo | |
"A Million Voices" | "I'm Alive" | "Grande amore" | |
M. & T.: Gabriel Alares, Joakim Björnberg, Katrina Noorbergen, Leonid Gutkin, Vladimir Matetsky | M.: Zzap'n'Chris T.: Sokol Marsi | M. & T.: Ciro Esposito, Francesco Boccia |
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1. | 2. | 3. | 4. |
Moldau | Armenien | Belgien | Niederlande |
Eduard Romanyuta | Genealogy | Loïc Nottet | Trijntje Oosterhuis |
"I Want Your Love" | "Face The Shadow" | "Rhythm Inside" | "Walk Along" |
M.: Erik Lewander T.: Hayley Aitken, Tom Andrews | M.: Armen Martirosyan T.: Inna Mkrtchyan | M.: Loïc Nottet, Luuk Cox, Shameboy T.: Beverly Jo Scott | M.: Anouk Teeuwe, Tobias Karlsson T.: Anouk Teeuwe |
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5. | 6. | 7. | 8. |
Finnland | Griechenland | Estland | EJR Mazedonien |
Pertti Kurikan Nimipäivät | Maria-Eleni Kyriakou | Elina Born & Stig Rästa | Daniel Kajmakoski |
"Aina mun pitää" | "One Last Breath" | "Goodbye To Yesterday" | "Autumn Leaves" |
M. & T.: Pertti Kurikan Nimipäivät | M.: Efthivoulos Theocharous, Maria-Elena Kyriakou T: Vangelis Konstantinidis, Evelina Tziora | M. & T.: Stig Rästa | M. & T.: Aleksandar Mitevski, Daniel Kajmakoski, Joacim Persson |
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9. | 10. | 11. | 12. |
Serbien | Ungarn | Belarus | Russland |
Bojana Stamenov | Boggie | Uzari & Maimuna | Polina Gagarina |
"Beauty Never Lies" | "Wars For Nothing" | "Time" | "A Million Voices" |
M.: Vladimir Graić T.: Charlie Mason | M.: Áron Sebestyén, Boglárka Csemer T.:Sára Hélène Bori | M. & T.: Yuri Navrotsky, Svetlana Geraskova | M. & T.: Gabriel Alares, Joakim Björnberg, Katrina Noorbergen, Leonid Gutkin, Vladimir Matetsky |
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13. | 14. | 15. | 16. |
Dänemark | Albanien | Rumänien | Georgien |
Anti Social Media | Elhaida Dani | Voltaj | Nina Sublatti |
"The Way You Are" | "I'm Alive" | "De la capăt" | "Warrior" |
M.: Remee S. Jackman, Lars Pedersen T.: Remee S. Jackman | M.: Zzap'n'Chris T.: Sokol Marsi | M. & T.: Calin Gavril Goia, Gabriel Constantin, Adrian Cristescu, Paduraru Silviu-Marian, Alstani Victor-Razvan, Monica-Ana Stevens, Andrei-Madalin Leonte | M.: Nina Sublatti, Thomas G:son T.: Nina Sublatti |
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1. | 2. | 3. | 4. |
Litauen | Irland | San Marino | Montenegro |
Monika & Vaidas | Molly Sterling | Michele Perniola & Anita Simoncini | Knez |
"This Time" | "Playing With Numbers" | "Chain Of Lights" | "Adio" |
M.: Vytautas Bikus T.: Monika Liubinaitė | M. & T.: Molly Sterling, Greg French | M.: Ralph Siegel T.: John O'Flynn (Bernd Meinunger) | M.: Željko Joksimović T.: Marina Tucaković, Dejan Ivanović |
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5. | 6. | 7. | 8. |
Malta | Norwegen | Portugal | Tschechische Republik |
Amber | Mørland & Debra Scarlett | Leonor Andrade | Marta Jandová & Václav Noid Bárta |
"Warrior" | "A Monster Lie Me" | "Há um mar que nos separa" | "Hope Never Dies" |
M.: Elton Zarb T.: Matthew Mercieca Muxu | M. & T.: Kjetil Mørland | M. & T.: Miguel Gameiro | M.: Václav Noid Bárta T.: Tereza Soralová |
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9. | 10. | 11. | 12. |
Israel | Lettland | Aserbaidschan | Island |
Nadav Guedj | Aminata | Elnur Huseynov | Maria Olafs |
"Golden Boy" | "Love Injected" | "Hour Of The Wolf" | "Unbroken" |
M. & T.: Doron Medalie | M. & T.: Aminata Savadogo | M. & T.: Sandra Bjurman, Nicolas Rebscher, Nicklas Lif, Lina Hansson | M. & T.: Ásgeir Orri Ásgeirsson, Pálmi Ragnar Ásgeirsson, Sæþór Kristjánsson |
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13. | 14. | 15. | 16. |
Schweden | Schweiz | Zypern | Slowenien |
Måns Zelmerlöw | Mélanie René | John Karayiannis | Maraaya |
"Heroes" | "Time To Shine" | "One Thing I Should Have Done" | "Here For You" |
M. & T.: Linnea Deb, Joy Deb, Anton Malmberg Hård af Segerstad | M.: Raay T.: Tinkara Kovač, Hannah Mancini, Tina Piš | M.: Mike Connaris T.: John Karayiannis | M.: Raay, Marjetka Vovk T.: Charlie Mason, Raay |
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17. | |||
Polen | |||
Monika Kuszyńska | |||
"In The Name Of Love" | |||
M.:Kuba Raczynski T.: Monika Kuszyńska |
(Fotos Teilnehmertabellen: © EBU / eurovision.tv)
© ECG e. V.
© ECG e. V.
© ECG e. V.
DIE SCHANDE VON WIEN STERN, 28.05.2015 - von Kester Schlenz
Hat Europa den Oberlehrer Deutschland beim ESC kollektiv abgestraft? Aber ja – für einen doofen Song! Deutschland neben Österreich auf dem letzten Platz des Eurovision Song Contest, vereint in der „Hall of Shame“. Schon werden Stimmen laut, dass Deutschland, der arrogante Hegemon mit seiner Spar-Domina Merkel und dem gnatzigen Oberlehrer Schäuble, für seine Politik abgestraft worden sei. Doch diese Verschwörungstheorie lässt sich sogar mit wissenschaftlicher Hilfe entkräften. Dr. Paul Jordan aus London, der über den ESC promoviert hat, sagt auf die Frage, ob das deutsche Ergebnis etwas mit der Kanzlerin zu tun habe: „Das denke ich nicht. Es ist nur eine TV-Show, reine Unterhaltung. Deutschland hat 2010 zu einer Zeit gewonnen, als Merkel in Europa auch nicht populär war.“ Russland, für viele gerade größter Aggressor des Kontinents, hätte mit dem blonden Engel Polina Gagarina auch keinen zweiten Platz erreicht, spielte die Politik eine übergroße Rolle. Natürlich ist der ESC nicht völlig unpolitisch. Auch früher gab es meist zwölf Punkte von Zypern an Griechenland und umgekehrt, egal, was da ins Mikro gegrunzt wurde. Seit der Osterweiterung des Wettbewerbs kann man im Abstimmungsverhalten der Länder sehen, wer wem in postsowjetischer Bruderliebe zugetan ist. Am siegten dennoch meist tolle Songs oder zumindest eine tolle Performance. Und die hat der junge Schwede Måns Zelmerlöw geliefert, als er mit virtuellen Strichmännchen tanzte und dazu “Heroes“ trällerte. Ein Liedchen von schlichter Schönheit, aber einprägsam. Es ist ganz einfach: Deutschland hat dem ESC verloren, weil es eine überforderte junge Sängerin mit einem nichtssagenden Song in den Wettbewerb geschickt hat. Eine Sängerin, die nicht einmal das eigene Land hinter sich wusste. Nahezu 80 Prozent der Zuschauer hatten im Vorentscheid für den unterfränkischen Rocker Andreas Kümmert gestimmt. Der 28-Jährige, den „Bild“ in unnachahmlicher Misanthropie einen „Klops“ nannte, hatte souverän über die zu hochtourig performende Ann Sophie gesiegt. Doch dann bekam der Franke den Blues und wollte nicht mehr zur Völkerschlacht nach Wien antreten. Statt seiner reiste die Unterlegene. Was Wunder, dass Europa das nicht goutierte. Warum sollten die Nachbarn für etwas voten, das Deutschland selbst schon für ungeeignet hielt? Ann Sophie hat ihre Sache dann besser gemacht als erwartet. Aber aus ihrem Liedchen hätte selbst Amy Winehouse keinen Siegertitel gezaubert. Nach dem Debakel kaute Ann Sophie auf der Pressekonferenz Kaugummi, sprach von ihrer „Fanbase“ und stellte im Gleichklang mit dem ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber in nachgerade kantischer Art einen philosophischen Grundsatz auf, der da lautete: „Null Punkte sind halt null Punkte“. Schreiber verstieg sich noch zu folgender Aussage: „Wir haben uns etwas anderes gewünscht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die null Punkte nicht null Punkte für den Song und die Performance sind. Der Song und die Performance waren besser als null Punkte.“ Dabei wirkte er wie ein Boxtrainer, der seinen schwer verprügelten Schützling zum Sieger erklärt und dabei vielsagend zu den Punktrichtern blickt. Nun ist festzustellen, dass einige der sonst zum Vortrag gebrachten Lieder tatsächlich viel grauenhafter waren als Ann Sophies. Dass es eine gruselige Dracula-Epigonin aus Georgien auf Platz 11 schafft, ist schon sonderbar. Und dann sei noch der britische Beitrag erwähnt, der hierzulande selbst bei Möbelparkeröffnungen für Entsetzen und die sofortige Evakuierung des Publikums gesorgt hätte. Aber die Briten bekamen Mitgliedspunkte aus Malta und San Marino. So etwas hat die große Unterhaltungsnation Deutschland indes wirklich nicht nötig. Lieber grandios scheitern, als Gnadengaben von Zwergstaaten zu erhalten. |
Der deprimierende Abend, an dem die Idee Europa starb Die Welt, 24.05.2015 – von Matthias Matussek
Kein einziges Pünktchen für Deutschland – dieser Abend war für uns eine große Demütigung. Und das, obwohl wir uns in Europa ständig abmühen. Die neue Weltordnung in Sachen Musik: grau und langweilig. Als wir dann selbst von den Österreichern keine Punkte erhielten, war der Abend gelaufen für Ann Sophie und mich und die üblichen Verdächtigen, die sich bei mir auf Facebook zusammenfanden. Auch Sängerkriege sind Kriege, und auch wenn die meisten sich an diesem Abend scheinheilig gegen Krieg und für den Frieden aussprachen und die Liebe sangen ... Wen wollen die mit ihrem Friedensgetue veralbern? Sollen sie doch mal anfangen bei sich und ihren Jurys und ihrem Heimpublikum. Denn die wählen. Und sie haben für Italien, Schweden und Russland gestimmt – und damit gegen uns. In meiner Facebook-Gruppe war klar: Wer nicht für uns ist, der ist nun mal gegen uns, das ist das eherne Gesetz des großen Eurovision Song Contest. Zum Beispiel "Spiegel"-Mann Nils Minkmar. Er versuchte auf seiner Seite, das Ergebnis schönzurechnen. Eine schwarze Null. Netter Kalauer – in der Praxis eine Unverschämtheit. Hat sich einer von diesen angeblichen europäischen Friedensfreunden mal gefragt, wie wir uns fühlen? Wie das bei uns ankommt? Wie das ist, wenn man keinen einzigen Punkt kriegt? Ich glaube, an diesem Abend ist die Idee Europa ein für alle Mal zu Grabe getragen worden. Da schuften wir uns ab und geben unsere D-Mark her für den Euro und pauken die südlichen Nachbarn raus – und was ist der Dank? Die Leute wählen einen Schweden, wählen drei italienische Schmalzlappen, die Amore schmettern, und im Hintergrund liegen antike Säulen herum und anderer Hausrat vor einem blutroten Himmel, als ob unsere Mütter, die in der 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ihren Urlaub in Rimini machten, als ob sie nicht wüssten, was sie von solchen Schwüren halten durften und dass diese Amore-Troubadoure ihr Zeug nie aufräumen würden. Apropos Süden. Das einzig Bemerkenswerte war höchstens der Kostümwechsel der Spanierin auf offener Bühne: Ratsch ratsch flog das rote Kleid und drunter hatte sie kaum was an. Nein, nach diesem Eurovision Song Contest hab ich keine Lust mehr auf Europa. So springt man mit dem Fußballweltmeister 2014 nicht um. So nicht. Es ist doch nicht unsere Schuld, dass wir so viel besser spielen als alle anderen. Und auch noch besser aussehen. Wie Ann Sophie bewiesen hat. Schon ihr Rücken hätte gewinnen müssen. Und Barbara Schöneberger. Sie stand am Schluss der Party in Hamburg mit Wikingerhörnern auf der Bühne, wagnerisch und blond wie die Brünhild von der Reeperbahn. Sie hat sich ihre Verzweiflung nicht anmerken lassen. Sie hat ihren Kummer – so sind wir Germaninnen und Germanen – tapfer heruntergeschluckt und erst hinter der Bühne leise ein paar Worte an Wotan gerichtet. "Opfer?", hab ich verstanden, und ein wenig lauter und entgeisterter "Wie viele?" Prompt haben natürlich die Leitartikler wieder die Schuld bei uns gesucht. Haben die im Windkanal getesteten Liedchen der anderen bewundert. Moment, wer war im Windkanal bei den österreichischen Skispringern zu Gast? Ann Sophie? Nun, das war nur für diese Pausenfilmchen, die da ständig eingeblendet wurden. Und eine Verbeugung an die österreichischen Gastgeber, die trotz eines brennenden Klaviers ebenfalls keine Punkte erhielten. Die wahrscheinlich diesmal für den letztjährigen Gewinner abgestraft wurden, die Nervensäge Conchita Wurst, der aus politisch korrekten Gründen heraus der Sieg nicht verweigert werden durfte. Und die auch an diesem Abend alle fertig machte. Da lag eine ganze Weile Russland in Führung, und Conchita setzte sich mit ihrem aufgemalten Bart neben Polina Gagarina, ja, genau, eine Urenkelin des ersten russischen Weltraumpiloten Juri Gagarin. Da setzte sie sich also neben diese blonde, sehr ansehnliche Marilyn-Bombshell aus Moskau, die schon ganz aufgelöst war und ihre Tränen betupfte, und Conchita fragte die Frage der Fragen, nämlich, wie sie sich nun fühle. "Ganz überwältigt", schluchzte Gagarina, und fortan bekam sie kaum noch Punkte, und ihr Vorsprung vertröpfelte, je länger Conchita da herumsaß, und am Ende gewann ein 08/15-Schwede mit einem 08/15-Song. Soll so die neue Weltordnung im Bereich Singen/Unterhaltung/Show aussehen? Nichtssagende sozialdemokratische Welt- und Wohlstandskritik in Jeans und grauem T-Shirt, die kalkulierte Anti-Glamour-Nummer? Dann schon lieber, wie heißt der Typ noch mal, der jetzt vergessen wird, na egal, also Conchita Wurst. Mit falschen Wimpern und falschen Gefühlen. Vielleicht ist es eine Sache des Alters. Für mich hört sich das mittlerweile alles gleich an. Ralph Siegel hat ja auch nichts gewonnen mit seiner Kandidatin, und der ist schon länger dabei als der HSV in der Bundesliga, also geschätzt seit 1850, und immerhin Sieger-Komponist mit Nicole, und die sang, ähm, "ein bisschen Frieden", also ich habe nicht behauptet, dass sich textlich sehr viel geändert hätte. Noch während der Auszählung soll von der Leyen einige Panzermanöver an den deutschen Grenzen angeordnet haben, aber dann ist ihr eingefallen, dass wir gar keine fahrbereiten Panzer haben. Ich bin auch gegen solche kriegerischen Demonstrationen. Und schlage vor, dass wir uns nächstes Mal mit einem bunten Torwandschießen bewerben. |
Eurovision Song Contest 2015: Viel zu harmoniebesoffen 24.05.2015, Spiegel Online - von Anja Rützel Und das soll ESC sein? Ein Mainstream-Propf verstopft die vorderen Plätze, es siegt Konsens-Darling Måns Zelmerlöw. Da ist das deutsche Abschneiden mit nur null Punkten eher sonderbar als schmerzhaft.
Die kindische, rechenschwache Hoffnung lag bis zum Schluss auf dem kleinen, belgischen Tambourmajor. Loïc Nottet, der jugendliche Rapapapp-Drummerboy, der mit seinen Blicken gut auch als besessenes Gruselkind in einem Horrorfilm durchgehen könnte und mit seinem Linealscheitel, dem adretten Gehrock und der reduzierten Schwarz-Weiß-Ästhetik den Eindruck vermittelte, wir befänden uns hier beim internen Mitarbeiter-Gesangswettbewerb der Raumfahrtgesellschaft Gattaca, hielt sich nämlich bei der Punktevergabe hartnäckig auf Platz vier. Und hätte damit, wenn man berauscht vom Durchhalte-Wein eben nicht so genau nachzählte, wie viele Nationen jetzt noch wie viele mögliche Gesamtpunkte vergeben würden, als Einziger noch das Spitzentrio sprengen können. Ganz oben in der Punktetabelle klebten aber ablöseresistent wie gedörrter Kaugummi unter altem Kinositz die drei Favoriten: leicht aseptischer Schwedenpop in Gummihose, russische Schwulstballade von einem kindlichen Helene-Fischer-Marilyn-Monroe-Hybriden, Knödelklassik aus Italien. Klingt wie ein zusammengeschaufelter Büffetteller und war in seinen Einzelbestandteilen eher fade Kost. Bis fast zuletzt war es fast spannend zuzusehen, wie das Spitzentrio untereinander die Führung wechselte, eigentlich aber natürlich doch nicht, bestenfalls interesseloses Wohlgefallen konnte man als Zuschauer für diese drei Titel mobilisieren. Die widerhakenfreie Spitzengruppe passte zum festlich glatten Pop-Pomp des Abends, einem makellosen Konsensrahmen, den man sich als Allzwecksetting für manch anderen Gala-Anlass auf Wiedervorlage packen kann. Fiedelnde Wiener Philharmoniker, eine fliegende Conchita Wurst, fehlerlose Moderation, insgesamt irgendwie zu viel Kuschelmuschel und geformte Finger-Herzchen. Das Siegerschlusswort des Schweden Måns Zelmerlöw könnte konsensiger nicht sein: "We are all heroes, whoever you are, whatever you believe in." Das stimmt natürlich nicht, denn das schlösse ja auch die vorsätzlich Dummen und absichtlich Gemeinen mit ein, und Helden sind das sicher nicht, passte aber zur harmoniebesoffenen Gesamtinszenierung. Alles gut, alles schön. Aber wo waren die irren Popdohlen und verrückten Hühner, die offensichtlich durchgedrehten Wundertiere? Sie taugen offensichtlich nur noch als verschrobenes Personal für So-irr-war-es-früher-Einspielfilmchen unter unwirklich-historisierenden Filtern. Mehr Abweichler, ein paar sinnlose Butterstampf-Omas oder Gröhl-Griechen, sie hätten dem dann doch sehr langen Abend gutgetan. Und dafür dann vielleicht etwas weniger arglose Glee-Erotik aus Litauen, ein paar weniger Brülldiven von der Stange, weniger harmlose Okapi-Anmut aus Ungarn und halblebiger zyprischer Sachbearbeiter-Schmacht: Wenn John Karayiannis verhuscht über "One Thing I Should Have Done" sang, meinte er damit vermutlich: eine Energiesparlampe reindrehen. Dabei gab es sie ja, die wagemutigen Beiträge, aber sie kamen einfach nicht am risikolosen Spitzentrio-Propfen vorbei: Auf Platz sechs schaffte es die Elektronummer "Love Injected" von Aminata aus Lettland (die frappant an Ex-Queensberry-Sängerin und Dschungelcamptrulla Gabby erinnerte). Das estnische Duo Elina Born & Stig Rästa landete mit seiner liedgewordenen Post-Beischlaf-Etikette "Goodbye to Yesterday" auf Platz sieben. Und der norwegische Geständnisschunkler "A Monster Like Me" endete auf Platz acht, was nicht übel ist für einen Song, in dem jemand bekennt, als Kind mal wen gelyncht zu haben. Man konnte sich an der trotzigen Schnapsdrosselstimme der slowenischen Kopfhörerfrau erfreuen, am brennenden Klavier des sonst lauwarmen Österreichbeitrags, am Froschschenkeltanz des "Golden Boy" aus Israel, am beleuchtbaren Wearable-Tech-Showkleid des britischen Ulk-Swings. Auf dem Sofa mit den Mitguckern besprechen, ob der spanische Beitrag eine modernisierte Märchenfassung von "Rotkäppchen und der epilierte Wolf" darstellen sollte oder ob das Kleid der Hijahija-ha-Sängerin nun rot oder golden war. Und man konnte für einen kleinen, kurzsichtigen Moment angesichts der annähernd fleischfarbenen Enghose von Guy Sebastian denken, der Jubiläumsgast aus Australien hätte tatsächlich beschlossen, untenrum ohne aufzutreten. So als leicht subversiver Down-under-Witz. So richtig funktionierte es diese Mal aber nicht mit dem sinnfreien, abendlangen Kürzesturlaub von politischen Debatten und Euro-Lagerkoller, dem kleinen Genderfasching als Gegenstatement. Moderatorin Alice Tumler musste während des Votings gar das Publikum in der Wiener Stadthalle zur Ordnung rufen, weil dort bei Punkten für die russische Friedensklage immer wieder gebuht wurden. Apropos ausbuhen, verschmähen, gar nicht gut finden: Ja, der deutsche Beitrag "Black Smoke" von Ann Sophie landete tatsächlich auf dem letzten Platz. Die Punktenull stand bis zum Ende, was nach Ann Sophies Auftritt doch zumindest ein bisschen verwundert, weil sie die Perfomance gut meisterte: mit bratschenförmigen Poppesschwenkern, sehr passablem Gesang und schwarzem Federohrring, als sei das eine Kriegstrophäe, die sie der georgischen Düsterkrähen-Warriorin ausgerupft hatte. Selbst die No Angels und Grazia, in ihren ESC-Jahren ebenfalls letztplatzierte deutsche Beiträge, bekamen seinerzeit 14 beziehungsweise vier Punkte. So ist dieser letzte deutsche Platz (gemeinsam mit den österreichischen Hipsterhängern von The Makemakes) eher sonderbar als schmerzhaft. Und wenigstens zwei heimliche Helden hat der diesjährige Gesangswettbewerb am Ende doch hervorgebracht: die finnische Verkünderin des Punktevotings (wer sind eigentlich all diese bizarr frisierten Punktevorlese-Menschen?), die erst einmal unter Luftkuss-Salven ihren Verlobungsring präsentierte: "Whoo-hoo, finally getting maaa-rried!" Und natürlich der sensationell grimassierende Pausentrommler Martin Grubinger, ein gedoptes Duracell-Häschen, dem man mit wachsender Fassungslosigkeit bei seiner irren Klöppelei zusehen konnte. Man sollte sofort ein Meme aus ihm basteln, "overly enthusiastic drummer" oder so, damit wir ihn nicht vergessen, denn für solche Momente gibt es den ESC. Glatt gebügelt und gemäßigt, alle heimlichen Schrullen für eine angemessene Alltagsperformance ausgedellt, sind wir alle schon selbst leider viel zu oft. |
Null Chance, dass Deutschland so weitermacht Die Welt, 24.05.2015 - von Holger Kreitling
Deutschlands Ann Sophie erhielt beim Eurovision Song Contest 2015 in Wien null Punkte. Das gab es zuletzt 1965. Sieger wurde der Schwede Måns Zelmerlöw. Von ihm kann Deutschland viel lernen. Seien wir fair und fangen mit dem Sieger an. Obwohl man die Verlierernachricht gleich jetzt ausrufen möchte. Null … nein, wir verkneifen uns das. Måns Zelmerlöw nahm das Gewinnerdasein souverän an, beinahe als selbstverständlich, er wirkte eine Stunde nach der Show ruhig und abgeklärt. Sprach gefasst und analysierte klar, ohne Überhast und allzu große Leidenschaft. Sein Credo, dass wir nach seinem Songtitel "Heroes" alle Helden seien, die stolz auf sich sein können, hatte er schon in der Halle ausgerufen, nun wiederholte er das. Mission accomplished. Immerhin wusste der 28-jährige Zelmerlöw gleich, wie man in Österreich einen Schokokuss aus Zuckerschaum nennt, nämlich "Schwedenbombe", und er konnte das Wort auch grinsend unfallfrei aussprechen. Die Schwedenbombe gewinnt also den Eurovision Song Contest (ESC) mit 365 Punkten, Russland wird Zweiter mit 303 Punkten, Italien Dritter mit 292 Punkten. Es war ein ziemlich spannender Abend, denn die Jury zog die Entscheidung geschickt in die Länge. Lange führte die Russin Polina Gagarina mit ihrem Schmuse-Propaganda-Lied "A Million Voices", das um Frieden und Heilung barmt. Auch Deutschland gab zwölf Punkte für das fiese Stück. Immerhin: Im vergangenen Jahr wurde der harmlose russische Beitrag noch offen ausgebuht und angefeindet. Nun Belobigungen und Entspannungskurs. Spät übernahm Schweden die Führung, mit wenigen Punkten Vorsprung, der sich erst kurz vor Schluss ausdehnte. Ein Dutzend Zwölf-Punkte-Wertungen insgesamt machten den Unterschied. Die Tenöre Il Volo mit dem Schmachtfetzen "Grande Amore" hätten fast noch Russland überholt und den zweiten Platz errungen. Überraschend auch der tolle vierte Platz für den coolen Song aus Belgien. Sechs Mal hat Schweden nun den ESC gewonnen, liegt aber immer noch hinter Irland, das sieben Titel geholt hat. Jetzt aber: Und Deutschland bekommt keinen einzigen Punkt, wird Letzter, gemeinsam mit Österreich, das das gleiche Schicksal teilt. Null Punkte. Zero Points. Überhaupt nix. Keinen Anstandspunkt. Keinen Ausnahme-von-der-Regel-Punkt. Nicht mal einen Mitleidspunkt. Ein Desaster. Und dabei eigentlich unvorhersehbar. Denn sooo schlecht waren weder das Lied "Black Smoke" noch die Sängerin Ann Sophie. Der Auftritt auf dem Startplatz 17 war gut, es gab keinen Patzer, Ann Sophie hat alles gegeben. Und doch eine Nullnummer. Das gleiche gilt für die Makemakes aus Österreich, die mit einem ordentlichen Lied antraten und mitten im Auftritt das Klavier in Brand setzten. Null Punkte für das Gastgeberland, das ist die vielleicht noch größere Blamage. Dass sich Deutschland und Österreich gegenseitig keine Punkte gönnen, hat Tradition, mehr als 30 Mal hat etwa Deutschland nichts an Österreich gegeben. Aber auch keine Punkte von den zahlreichen Nachbarn? Niederlande, Schweiz, Dänemark? Erstaunlich. Zero points. Ann Sophie trat denn auch mit den Makemakes gemeinsam vor die Mikrofone und Kameras, und alle zuckten mit den Achseln. Später stand sie tapfer da – andere hätten gekniffen – und sagte "Null Punkte sind halt null Punkte". Klar habe es ihr Spaß gemacht, es sei wunderschön gewesen, auf einer so großen Bühne vor so vielen Zuschauern aufzutreten. Sie wolle weiter arbeiten, Musik machen, im nächsten Jahr stehe sie vielleicht auf einer anderen Bühne, sagte sie. Was man so sagt. Ein bisschen verlegen war Ann Sophie, schaute nach oben, als ob von da Antworten zu erwarten wären. Null Punkte sind halt null Punkte. Das wird ihr sicher lange nachhängen, die Öffentlichkeit vergisst so eine Pleite eher nicht. 1964 und 1965 wurde Deutschland zwei Mal in Folge mit null Punkten abgestraft, damals allerdings bei lediglich 16 und 18 Teilnehmern. Niemand erinnert sich an Nora Nova, die "Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne" sang und an Ulla Wiesner mit "Paradies, wo bist Du?". Bei diesmal 40 votierenden Ländern ist die Schmach ungleich größer. Die Loser-Liste des Schreckens: Erst 2008 landete Deutschland, vertreten durch die Band No Angels, auf dem letzten Rang, den es sich mit Polen und Großbritannien teilte. Drei Jahre zuvor wurde das weithin vergessene "Deutschland sucht den Superstar"-Gewächs Gracia Letzte mit vier Punkten. 1995 gab es ebenfalls den letzten Platz für Stone & Stone, und selbst da wurde ein Mitleidspunkt erzielt. Selbst das stümperhafteste Lied des Abends aus Großbritannien bekam fünf Punkte, die Weltkriegs-Pathosmaschinerie aus Frankreich noch vier. Es ist eine schlichte Weisheit, dass kein Erfolg da ist, wo die Unterstützung in der Heimat fehlt. Ann Sophie war die Zweitlösung, weil der mit überwältigender Mehrheit gewählte Andreas Kümmert sich plötzlich zurückzog. Es wurde danach nicht wirklich besser. Das Interesse an diesem Beitrag, an der unverhofft zu Ehren gekommenen Debütantin und am ESC lahmte seitdem. "Black Smoke" ist ein liebes Lied, das nicht wehtut und vielleicht deshalb auch kaum auffällt. Es polarisiert nicht – noch eine Binse – und ging unter. Delegationsleiter und ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber fand wieder einmal diplomatische Worte, dankte, lobte und stellte eine Analyse in Aussicht. Beim 21. Platz für Cascada hatte Schreiber noch die Bundeskanzlerin als Grund für die europäische Abstrafung mit ins Boot genommen. Das fiel diesmal aus. Die Bilanz ist bitter. Anders als in den Stefan-Raab-Jahren gelingt es der ARD nicht richtig, Musiker und Publikum zu animieren. Der Vorentscheid ging in die Hose, nicht bloß wegen Andreas Kümmert. Vom schwedischen Sieger lässt sich viel lernen. Er hat in seiner Heimat die seit Jahren extrem beliebte Vorentscheids-Show "Melodifestivalen" gewonnen, war außerdem bereits Sieger von "Let's Dance", hat "Romeo und Julia" gespielt und im Fernsehen moderiert. Der Song hat eine denkbar große Zielgruppe, spricht Kinder an und erwachsene Wohlstandskinder, die im Text besungen werden. Das Lied verbindet Countrytöne am Anfang mit Discotanz. Zelmerlöws Inszenierung von "Heroes" mit den tanzenden Strichmännchen ist visuell enorm fein und mitreißend. Die Woge der Heimat-Begeisterung hat wiederum die Buchmacher-Anfragen und die europaweiten Google-Abrufe beeinflusst, weswegen er zum Favoriten wurde. Bei alldem spielte Deutschland keinerlei Rolle. Das internationale Interesse an "Black Smoke" war gering. Kunststück. Wenn schon das eigene Land kalt bleibt. Twitter-Follower von Ann Sophie Mitte der Woche: 2507. Das ist praktisch null. Es ist kein putziger Zufall, sondern tiefe Einsicht und Ausdruck der österreichischen Gemütslage, dass zum ESC im ehrwürdigen Leopold-Museum eine Ausstellung zu sehen ist, die "The Nul-Pointers" heißt. Der in Wien lebende deutsche Schriftsteller Tex Rubinowitz hat sie erstellt und dafür alle bisher 34 Sängerinnen und Sänger mit eiligem Strich auf Holztafeln gemalt, die im Wettbewerb null Punkte bekamen. Es ist eine witzige Schau mit traurigen Gesichtern, in einem Raum werden deren Lieder gespielt. Rubinowitz hat noch in der Nacht angekündigt, an diesem Sonntag seine Ausstellung zu erweitern. The Makemakes und Ann Sophie bekommen ihre Bilder. Ruhm, der bleibt. Gar nicht null und nichtig. |
59. Eurovision Song Contest - 10. Mai 2014 | |
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Halle | B&W Hallerne |
Motto | #JoinUs |
Moderation | Lise Rønne, Nikolaj Koppel & Pilou Asbæk |
Pausen-Act | Emmelie de Forest |
Wertung | Jury-/Televoting 50/50% |
Teilnehmer | 37 Länder (Finale 26, Semfinale 1 - 16 / Semifinale 2 -15) |
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Siegerland: Österreich | |
Interpretin: Conchita Wurst | |
Titel: "Rise Like A Phoenix" | |
Musik & Text: Charly Mason, Joey Patulka, |
© www.eurovision.tv
Beworben hatten sich die Hauptstadt Kopenhagen und die mitteljütländische Kleinstadt Herning (bereits Veranstaltungsort der dänischen Vorentscheidung). Außerdem waren Bewerbungen aus Fredericia, Aalborg und Horsens hinzugekommen, hier hätte ein ausgedientes Gefängnis als Open-Air-Arena zur Wahl gestanden. Aalborg zog seine Bewerbung zurück, da man die geforderten 3000 Hotelbetten nicht vorhalten könne. Auch Frederica zog die Bewerbung zurück, da die EBU eine Halle ohne Säulen fordert, das könne man nicht erfüllen. Die Direktion des Parken Stadions in Kopenhagen (Austragungsort 2001) erklärte, es sei nicht möglich, das Stadion für die Dauer der Vorbereitungen (Aufbau, Proben und Shows - insgesamt 6 Wochen) den Fußballvereinen vorzuenthalten.
Kroatien, die Türkei, Slowakei, Zypern, Bulgarien, Bosnien & Herzegowina und Serbien nahmen am ESC 2014 nicht teil. Portugal und Polen kehrten zurück, so dass insgesamt 37 Länder am Start waren.
© DR
Austragungsort waren die B&W Hallen, ein ehemaliger Werft-Komplex mit mehreren Hallen, der zu einer "Eurovisions-Insel" gemacht wurde. Der Komplex liegt im Stadtteil Refschaleøen unmittelbar am Wasser und in der Nähe der "Kleinen Meerjungfrau". Wenn auch die Umgebung der Industriebrache alles andere als einladend war und für alle Aktiven eine ziemliche Zumutung darstellte, so hatte man das Innere der Werfthalle doch mit einer der visuell besten Bühnen der ESC-Geschichte ausgestattet.
Die Auslosung der Zuordnung zu den beiden Semifinalen erfolgte am 20. Januar 2014. Zu diesem Zweck wurden sechs Töpfe gebildet, in die die Länder nach ihrem Stimmverhalten in den letzten zehn Jahren verteilt wurden, um Nachbarschaftsvoting und Blockbildungen möglichst zu vermeiden. Allerdings wurde Schweden schon dem 1. Semifinale zugelost und Norwegen dem 2. Semifinale, um den Ticketverkauf in Skandinavien zu entzerren, auch Israel wurde schon vorab auf Wunsch dem 2. Semifinale zugeteilt. Bei der Auslosung wurde ebenfalls bestimmt, in welcher Hälfte des Semifinales die einzelnen Länder antreten und in welchem der Semifinale die BIG 5 und Gastgeber Dänemark werten, wobei Italien um das 1. Semifinale und Deutschland um das 2. Semifinale gebeten hat. Gastgeber Dänemark wurde die Startnummer 23 im Finale zugelost. Die Startreihenfolge der Semifinale wurde (wie erstmals 2013) wieder durch die TV-Produzenten festgelegt. Die Startreihenfolge für das Finale wurde festgelegt, sobald alle Finalisten feststanden.
Die EBU hatte die Regeln bzgl. der Wertung etwas verschärft: So mussten die nationalen Juroren bereits am 1. Mai 2014 öffentlich bekannt gegeben werden, Juroren durften nicht in den vergangenen zwei Jahren in einer nationalen Jury gewesen sein, und unmittelbar nach dem Finale sollten alle Jurywertungen in allen Einzelheiten öffentlich gemacht werden.
Nikolaj Koppel, Lise Rønne und Pilou Abæk (v. l.) © Linda Johansen/AP
Nachdem das schwedische TV im letzten Jahr wieder zurück zu den Wurzeln ging und mit Petra Mede nur eine Moderatorin alle drei Shows moderieren ließ, ging das dänische TV nun wieder in die Vollen und bot ein Moderatoren-Trio auf, und zwar eine Frau mit zwei Männern: Lise Rønne, Nikolaj Koppel und Pilou Asbæk.
Lise Rønne und Nikolaj Koppel sind Moderatoren des dänischen Fernsehen, während Pilou Asbæk Schauspieler ist. Er dürfte vielen deutschen TV-Zuschauern bekannt sein aus der Serie "Borgen", in der er den Spin-Doktor der Premierministerin spielte.
In den Postcards wurden die einzelnen Interpretinnen und Interpreten gezeigt, wie sie jeweils die Nationalflagge ihres Landes auf unterschiedlich Art und mit unterschiedlichen Materialien zusammstellten.
Man durfte gespannt sein, wie Danmarks Radio (DR) den ESC organisieren würde auf der Halbinsel Refshaleøen, dem sog. „Eurovision Island“, auf dem „wie Phönix aus der Asche“ eine ehemaligen Werfthalle zum hochprofessionellen Austragungsort der größten Musikshow der Welt umgebaut wurde, zumindest was das Technische angeht. Und es war ziemlich beeindruckend, was man aus der Halle gemacht hatte: Eine wirklich unglaubliche Bühne mit wunderschönen Inszenierungen der einzelnen Acts. Es gab ein sehr sympathisches und humorvolles Moderatoren-Trio, einen beeindruckenden Pausen-Act mit Emmelie de Forest und einer mitreißenden Inszenierung des Songs „Rainmaker“, bei der alle Interpret*innen mit auf die Bühne kamen und sangen.
Es gab zahlreiche musikalische und optische Highlights, so das niederländische Duo The Common Linnets, die mit einer grandiosen Inszenierung ihrer doch eher ruhigen Country-Ballade überraschenderweise den zweiten Platz erreichen konnten und wohl kommerziel den erfolgreichsten Titel des Jahrgangs beisteuerten.
Mehr hinsichtlich der Optik mit tiefen ausgeschnittenen Blusen ihrer Backgroundsängerinnen, die sich u.a. ziemlich anzüglich an einem Butterfass und einem Waschbrett zu schaffen machten, punkteten Donatan & Cleo für Polen, was ihnen Platz 14 einbrachte.
Eine erfrischende Performance von SeBalter und ein ins Ohr gehender Song brachte die Schweiz ins Finale und dort auf Platz 13.
Im dritten Anlauf schaffte es endlich auch Valentina Monetta für San Marino ins Finale, allerdings landete sie hier nur auf Platz 24.
Der zweite Versuch von Paula Seling & Ovi nach ihrem dritten Platz in Oslo 2010 sollte mit "Miracle" das Wunder des Sieges bringen, aber sie landeten trotz eines kreisrunden Klaviers nur auf Platz 12.
Nur knapp am Finale vorbei, auf Platz 11 im Semfinale, landete die Fanfavoritin Suzy aus Portugal.
Das deutsche Damentrio Elaiza aus Deutschland hatte das Pech, dass die Produzenten sie im Finale zwischen die beiden Favoritinnen Conchita Wurst und Sanna Nielsen aus Schweden platzierten. So gingen sie dort ziemlich unter und erreichten nur den 18. Platz. Aber es hätte noch schlimmer kommen können, wären nicht die Widrigkeiten der Proben noch rechtzeitig behoben worden: So hatte man die drei Mädel in einen in dunklem Lila gehaltenen optischen "Gemischtwarenladen" gestellt. Und die Einstellung der Streamerkanone war letztlich auch richtig eingestellt, nachdem sie vorher dem Trio noch voll ins Gesicht geschossen hatte.
Die Wertung war äußerst spannend. Es gab mehrere Favoriten und eine äußerst würdige Siegerin Conchita Wurst, die zudem mit ihrem Sieg noch eine Botschaft verband, nämlich Toleranz und Akzeptanz jedes Menschen, egal wer er ist und wie er sich gibt. Selten war ein Finale auch emotional so berührend. Die Atmosphäre in der Halle war nahezu einzigartig, und damit zählt dieser ESC in der Gesamtschau mit zu den besten aller Zeiten.
1. Mariya Yaremchuk "Tick-Tock" | ![]() | Punkte: 113
M. & T.: |
2. Teo "Cheesecake" | ![]() | Punkte: 43
M.: Yury Vashchuk (Teo) |
3. Dilara Kazimova "Start a Fire" | ![]() | Punkte: 33
M. & T.: |
4. Pollapönk "No Prejudice" | ![]() | Punkte: 58
M. & T.: |
5.
"Silent Storm" | ![]() | Punkte: 88
M. & T.: |
6, Paula Seling & OVI "Miracle" | ![]() | Punkte: 72
M. & T.: |
7. Aram Mp3 "Not Alone" | ![]() | Punkte: 174
M.: Aram Mp3 |
8. Sergej Ćetković "Moj svijet" | ![]() |
Punkte: 37
M.: Sergej Ćetković |
9. Donatan & Cleo "My Slowianie | ![]() | Punkte: 62
M.: Witold Czamara |
10. Freaky Fortune feat. "Rise Up" | ![]() | Punkte: 35
M.: Freaky Fortune |
11. Conchita Wurst "Rise Like a Phoenix" | ![]() | Punkte: 290
M. & T.: |
12. Elaiza "Is It Right" | ![]() | Punkte: 39
M.: Elzbieta Steinmetz, |
13. Sanna Nielsen "Undo" | ![]() | Punkte: 218
M. & T.: |
14. TWIN TWIN "Moustache" | ![]() | Punkte: 2
M: Pierre Beyres, |
15. Tolmachevy Sisters "Shine" | ![]() | Punkte: 89
M.: Dimitris Kontopoulos, |
16. Marrone "La mia città" | ![]() | Punkte: 33
M. & T.: |
17. Tinkara Kovač "Round And Round" | ![]() | Punkte: 9
M.: Raay |
18. Softengine "Something Better" | ![]() | Punkte: 72
M.:Topi Latukka |
19. Ruth Lorenzo "Dancing In The Rain" | ![]() | Punkte: 74
M. & T.: |
20. Sebalter "Hunter of Stars" | ![]() | Punkte: 64
M. & T.: |
21. András Running" | ![]() | Punkte: 143
M. & T.: |
22. Firelight "Coming Home" | ![]() | Punkte: 32
M. & T.: |
23. Basim "Cliché Love Song" | ![]() | Punkte: 74
M. & T.: |
24. The Common Linnets "Calm After The Storm" | ![]() | Punkte: 238
M. & T.: |
25. Vaöentina Monetta "Maybe" | ![]() | Punkte: 14
M.: Ralph Siegel |
26. Molly "Children of | ![]() | Punkte: 40
M. & T.: |
1. Aram Mp3 "Not Alone" | ![]() | Punkte: 121
M.: Aram Mp3 |
2. Aarzemnieki "Cake To Bake" | ![]() | Punkte: 33
M.& T.: |
3. Tanja "Amazing" | ![]() | Punkte: 36
M.& T.: |
4. Sanna Nielsen "Undo" | ![]() | Punkte: 131
M. & T.: |
5.
"No Prejudice" | ![]() | Punkte: 61
M. & T.: |
6, Hersi "One Night's Anger" | ![]() | Punkte: 22
M.: Gentian Lako |
7. Tolmachevy Sisters "Shine" | ![]() | Punkte: 63
M.: Dimitris Kontopoulos, |
8. Dilara Kazimova "Start a Fire" | ![]() |
Punkte: 57
M. & T.: |
9. Marija Yaremchuk "Tick-Tock" | ![]() | Punkte: 118
M.: Mariya Yaremchuk |
10. Axel Hirsoux "Mother" | ![]() | Punkte: 28
M. & T.: |
11. Cristina Scarlat "Wild Soul" | ![]() | Punkte: 13
M.: Ivan Aculov |
12. Valentina Monetta "Maybe" | ![]() | Punkte: 40
M.: Ralph Siegel |
13. Suzy "Quero ser tua" | ![]() | Punkte: 39
M. & T.: |
14. The Common Linnets "Calm After The Storm" | ![]() | Punkte: 150
M. & T.: |
15. Sergej Ćetković "Moj svijet" | ![]() | Punkte: 63
M.: Sergej Ćetković |
16. András Kállay-Saunders "Running" | ![]() | Punkte: 127
M. & T.: |
1. Firelight "Coming Home" | ![]() | Punkte: 63
M. & T.: |
2. Mei Finegold "Same Heart" | ![]() | Punkte: 19
M. & T.: |
3. Carl Espen "Silent Storm" | ![]() | Punkte: 77
M. & T.: |
4. The Shin & Mariko "Three Minutes to Earth" | ![]() | Punkte: 15
M.: Zaza Miminoshvili |
5.
"My Słowianie - | ![]() | Punkte: 70
M.: Witold Czamara |
6, Conchita Wurst "Rise Like a Phoenix" | ![]() | Punkte: 169
M. & T.: |
7. Vilija Matačiūnaitė "Attention" | ![]() | Punkte: 36
M.: Viktoras Vaupšas, |
8. Softengine "Something Better" | ![]() |
Punkte: 97
M.: Topi Latukka |
9. Can-Linn feat. "Heartbeat" | ![]() | Punkte: 35
M. & T.: |
10. Teo "Cheesecake" | ![]() | Punkte: 87
M.: Yuri Vaschuk (Teo) |
11. Tijana "To The Sky" | ![]() | Punkte: 33
M.: Darko Dimitrov, |
12. Sebalter "Hunter of Stars" | ![]() | Punkte: 92
M. & T.: |
13. Freaky Fortune feat. "RIse Up" | ![]() | Punkte: 74
M.: Freaky Fortune |
14. Tinkara Kovač "Round And Round" | ![]() | Punkte: 52
M.: Raay |
15. Paula Seling & OVI "Miracle" | ![]() | Punkte: 125
M. & T.: Beyond51 |
(Fotos Teilnehmertabellen: © EBU / eurovision.tv. und ECG e. V.)
© ECG e. V.
© ECG e. V.
© ECG e. V.
AUS DER PRESSE
Conchita Wurst gewinnt den ESC: Merci, Chérie Stern.de, 11.05. 2014 – Von Jens Meier Mit Conchita Wurst triumphieren Toleranz und Menschenrechte beim Eurovision Song Contest. Der Erfolg der bärtigen Lady ist nicht nur ein Sieg für Österreich, auch für ESC-Fans und Homosexuelle.
Drei Länder fehlen noch bis zum Ende der Abstimmung. Doch die Ukraine vergibt die entscheidenden Zähler: acht Punkte gehen an "Austria". Das reicht zum Sieg. Fans mit rot-weiß-roten Fahnen liegen sich jubelnd in den Armen. Mit lauten "Conchita, Conchita"-Rufen feiern die Österreicher das Ergebnis. Und nicht nur sie. Die ganze Arena von Kopenhagen steht Kopf. Egal ob Dänen, Deutsche, Spanier oder Isländer. Sogar Holländer, denen gerade alle Hoffnung auf den ersten Platz genommen wurde, freuen sich mit. Denn die Siegerin - und das ist das Neue und Einzigartige an diesem Triumph - hat nicht für ein Land gewonnen. Conchita Wurst siegt für eine Botschaft: von Akzeptanz, Toleranz und Menschenrechten. Was sich da am Samstagabend in den B&W Hallen von Kopenhagen abspielte, kommt einer Sensation gleich. Mit dem viertbesten Ergebnis aller Zeiten und insgesamt 290 Punkten gewann Conchita Wurst mit deutlichem Abstand den Eurovision Song Contest. Vor den von Musikkritikern hoch gelobten Countrysängern The Common Linnets aus Holland (238 Punkte) und der schwedischen Helene Fischer, Sanna Nielsen (218 Punkte), errang sie den ersten Sieg für Österreich seit 48 Jahren. Wurst erhielt 13 Mal die Höchstwertung von zwölf Punkten. Dass eine Frau mit Bart den ESC gewinnt, wird in die Annalen des Wettbewerbs eingehen. Es ist aber vor allem das Wie, das diesen Sieg ausmacht.
Die Dragqueen vom Lande Als schräger Vogel, von Favoriten wie dem Armenier Aram MP3 milde belächelt, startete Wurst in den ESC. "Was die?", hieß es noch Anfang der Woche empört, als einige es wagten zu mutmaßen, Wurst könnte eine Anwärterin auf die vorderen Plätze sein. Doch dann geschah das Unfassbare. Im zweiten Semifinale stieg Wurst wie der von ihr besungene Phönix aus der Asche empor. Wurst war maßlos unterschätzt worden. Als Drag Queen abgetan, die vielleicht in dunklen Kellerbars in Wien ihr Publikum findet, aber doch nicht vor 140 Millionen Fernsehzuschauern auf der größten Bühne der Welt. Von wegen!
Viele erkannten jetzt erst: Diese zierliche Person, hinter der eigentlich ein schwuler Mann mit dem bürgerlichen Namen Thomas Neuwirth steckt, kann wirklich singen. Das stellte Wurst am Samstagabend erneut unter Beweis. Divengleich trug sie ihr "Rise Like A Phoenix" vor. Nicht nur stimmlich einwandfrei, sondern auch von der Inszenierung grandios. In goldenes Scheinwerferlicht getaucht stand Wurst da und eroberte mit großen Gesten ihr Publikum. Langes Kleid, wallendes Haar, viva la Diva, die perfekte Interpretation einer österreichischen Sissi. Oder kurz: die Kaiserin.
Dabei kam es auf das Lied gar nicht so sehr an. Sicher, es passte perfekt zu dieser Geschichte vom schwulen Landjungen aus dem Salzkammergut, der auszieht in die Stadt, um eine große und gefeierte Diva zu werden. Aber die Qualität des Songs, der unter anderem von Ali Zuckowski, dem Sohn von Kinderliedsänger Rolf Zuckowski, geschrieben wurde, ist mittelmäßig. Die Kopie eines James-Bond-Songs. Da gab es bessere Balladen im Wettbewerb, aus Norwegen beispielsweise oder aus Montenegro. "Rise Like A Phoenix" wird erst in Kombination mit seiner Sängerin großartig.
Zwischen nervigen Fragen und Dauerlächeln Viele ihrer Fans hatten in den vergangenen Tagen auf einen Sieg gehofft. Doch laut auszusprechen wagte es kaum einer. Erst nach dem zweiten Semifinale deutet sich das Unfassbare mehr und mehr an. Wurst stieg in den Wettquoten der Buchmacher auf Platz zwei, konnte sich vor Interviewanfragen aus aller Welt kaum noch retten. Jeder wollte den Favoritenschreck mit Bart und Konfektionsgröße 38 kennenlernen. Das Wunder von Kopenhagen nahm seinen Anfang. Es erinnert ein wenig an die Geschichte einer gewissen Lena Meyer-Landruth vor vier Jahren in Oslo. Ebenso wie die Göre aus Deutschland versteht es Wurst perfekt, ihr Publikum für sich einzunehmen. Sie ist Princess Charming. Immer freundlich, immer lächelnd. Selbst nach dem 20. Interview und der hundertsten dummen Frage, ob sie sich zur Frau operieren lassen wolle, bleibt sie die coole, sympathische Lady ohne Starallüren. Eine Diva zum Anfassen, die mit Haut und Haaren für das lebt, was sie darstellt. "Ich bin froh, dass die Menschen meine Emotionen gespürt haben", sagt sie nach dem Sieg in Kopenhagen auf der Pressekonferenz. Und das haben sie. Man kann diese Abstimmung auch als Machtdemonstration des alten Westen deuten, der Putin die Zunge rausstrecken mochte. Schließlich kommen zwölf von dreizehn Höchstwertungen für Wurst aus westlichen Nationen. Dazu passen würden auch die Buhrufe vor und nach dem russischen Auftritt, die es in dieser Form beim Eurovision Song Contest noch nie gegeben hat. Doch diese These lässt die vielen, vielen Stimmen, die Conchita auch aus Ländern wie Russland, der Ukraine und ja, selbst aus Aserbaidschan, erhalten hat, außer Acht. Auch dort haben Menschen ihre Stimme der Frau mit Bart gegeben und damit für Toleranz und Menschenrechte gestimmt. Bravo!
Kampf der Menschenrechte Mit Wurst siegt nicht nur eine Lady mit Bart, sondern eine Missionarin für die Rechte von Schwulen und Lesben. "Sie ist unsere Siegerin", sagen viele homosexuelle ESC-Fans voller Stolz. Sie ist die Kämpferin für Menschenrechte, für Liebe, Frieden, Akzeptanz und Toleranz. Das klingt ein bisschen viel auf einmal. Doch die Weltverbesserin mit Bart passt offenbar hervorragend in eine Zeit, in der West- und Osteuropa in einer gegenseitigen Vertrauens- und Wertekrise steckt. Ein bisschen Conchita statt ein bisschen Frieden. Getrübt wird der Abend von Kopenhagen aus deutscher Sicht nur durch das schlechte Abschneiden von Elaiza. Die drei Musikerinnen hätten einen besseren als den 18. Rang verdient. So gut wie am Samstag waren sie bei keiner Probe. Schade, dass Europa ihre Qualität nicht erkannt hat. Sängerin Ela Steinmetz bedankte sich danach für die Unterstützung der vielen deutschen Fans und sah's pragmatisch: "Wir haben versucht, nicht letzter zu werden. Das hat geklappt." Auch sie gratulierte der Siegerin Conchita Wurst: "Das war wirklich verdient." Wurst habe nicht nur eine tolle Stimme, sondern sei auch für Toleranz eingestanden. "Ich freue mich, dass Europa so weit ist", sagte Steinmetz. Es ist 0.32 Uhr, als Conchita Wurst auf der Bühne in Kopenhagen steht und ihre Trophäe in Empfang nimmt. "Im Rampenlicht zu stehen, das ist das, was ich mir immer für mich und mein Leben gewünscht habe", hatte sie zu stern.de gesagt. Jetzt steht sie auf der größten Musikbühne der Welt und genießt, während Tausende in der Halle ihr zujubeln. Conchita, die stolze Siegerin. Eine Botschaft an alle Hasser da draußen lässt sie sich nicht nehmen. "Wir sind nicht mehr aufzuhalten", sagte sie ins Mikrofon. Die homosexuelle Fangemeinde dankt es ihr mit tosendem Applaus. Danke, Conchita. Oder um es mit Udo Jürgens zu sagen: Merci, Chérie. |
Dragqueen siegt beim Eurovision Song Contest: Conchitas Liebesgrüße nach Moskau Spiegel online, 11.05.2014 - Von Arno Frank
Triumph der bärtigen Conchita Wurst aus Österreich: Sie machte den Eurovision Song Contest zu einem Referendum darüber, was in Europa gesellschaftlich akzeptiert wird und was nicht. Sie siegte - Russland wurde ausgebuht. Weit nach Mitternacht stand die Siegerin des "Eurovision Song Contest" offiziell fest. Es war nicht nur das viertbeste Ergebnis in der Geschichte des Wettbewerbs, es war auch ein im besten Sinne europäisches Ergebnis, der erste Sieg für Österreich seit 1966: Conchita Wurst konnte mit "Rise like a Phoenix" alle anderen Künstler auf die Plätze verweisen. Es war der Schicksalsabend einer Kaiserin.
War es auch ein unterhaltsamer Abend? Kommt darauf an, ob man sich auf die Songs oder darauf konzentrierte, wofür diejenigen standen, die sie zum Vortrag brachten. Wer auf die Frage nach seiner Lieblingsmusik mit dem Namen seines favorisierten Radiosenders antwortet, für den dürfte es ein vergnüglicher Abend mit hohem Wiedererkennungswert gewesen sein. Es gab eine italienische Version von Pink, eine finnische Version von Coldplay, eine niederländische Version von The Police, eine maltesische Version von Mumford & Sons und eine dänische Version von ELO. Griechenland wagte einen zaghaften Ausfallschritt in den Hip-Hop, Island warf sich dem Kindergartenpunk in die Arme. Ansonsten herrschte das übliche Nebeneinander von Augenzwinkern und Pathos, demonstrativer Lebensfreude und großen Gefühlen. Es wurden Anzüge und Kleider und Frisuren getragen. Wenn die Windmaschine lief, gab's auch mal Haut zu sehen. Tänzer tanzten, hüpften Trampolin oder fuhren auf Rollschuhen über die spiegelnde Bühne. Ganz bei sich war auch dieser ESC wieder in den obligatorischen Schnelldurchläufen, bei denen alle Nummern des Abends im Sekundentakt vorbeirauschten und so zu einem süßlichen, bunten und ungenießbaren akustischen Amalgam verschmolzen wurden.
Musik? Es geht um Politik beim ESC Nun wird allenthalben so hartnäckig behauptet, bei dieser Veranstaltung ginge es um Musik, dass höchstwahrscheinlich das Gegenteil richtig ist. Es geht um Politik, immer, und diesmal noch wesentlich mehr als sonst. Für die Schweiz trat ein pfeifender Wirtschaftsanwalt an, im Halbfinale warf sich ein junger Mann aus Bochum für Lettland ins Zeug. Für Deutschland ging eine Saarländerin mit polnischer Mutter und ukrainischem Vater ins Rennen - Elaiza belegten nur den 18. Platz. Das winzige San Marino hatte seine drei Minuten ebenso wie die letzte Diktatur auf europäischem Boden, Weißrussland. Diese Vielfalt nationaler Identifikationsmöglichkeiten, verbunden mit dem Zwang, nur für die anderen und damit das Gute im anderen wählen zu dürfen, immunisieren den ESC eben gegen geschmäcklerische Einwände - und machen ihn zugleich zu einem gesellschaftlichen Großereignis, bei dem es um mehr als nur den Spaß geht und wo ganz andere Dinge verhandelt werden als "gute" oder "schlechte" Musik.
Punkte für Russland wurden im Saal mit Buh-Rufen quittiert Spätestens bei der Stimmverteilung war es denn auch vorbei mit dem Spaß und der beschwipsten familiären Atmosphäre. Da wurde es frostig. Punkte für Russland wurden im Saal mit Buh-Rufen quittiert, was es in solcher Deutlichkeit bisher noch nicht gegeben haben dürfte. Moderator Peter Urban erklärte es zwar sogleich für "unklar", ob die Abneigung der Musik der beiden 17-jährigen Teilnehmerinnen oder doch ihrem Präsidenten galt. Das traurige Schauspiel wiederholte sich allerdings, als Russland seine 12 Punkte an Weißrussland vergab - dabei gab's auch 7 Punkte für die Ukraine. Schließlich war es allein die Teilnahme von Tom Neuwirth alias Conchita Wurst aus Österreich, die diesen ESC zu einem paneuropäischen Referendum darüber machte, was auf diesem Kontinent gesellschaftlich akzeptiert wird - und was nicht.
"We are unstoppable" Als Diva mit Vollbart, die übrigens mit "Rise like a Phoenix" einen tadellosen Bond-Song hinlegte, spaltete Neuwirth die Spaß- und Wirtschaftsgemeinschaft wieder entlang ihrer unsichtbaren Wertegrenze zwischen Ost und West. In Minsk und Moskau war gegen seinen Auftritt scharf protestiert worden. Punkte für den Travestiekünstler mussten daher zwangsläufig zum freiheitlichen Glaubensbekenntnis zu genau dem "Gayropa" werden, als das der Kreml Europa gerne abfällig bezeichnet. Am Ende kam es doch noch zu einem wirklich packenden Kopf-an-Wurst-Rennen zwischen Österreich und den Niederlanden. Die konnten sich mit dem Duo The Common Linnets und einem soliden Neo-Country-Beitrag auf der Bass-Basis von "Every Breath You Take" zwar musikalisch deutlich vom Rest des Feldes absetzen. An diesem Abend aber war die Wahl eine ideologische, und sie hätte deutlicher nicht ausfallen können. Conchita Wurst war sich der symbolischen Qualität ihres Sieges durchaus bewusst. Sie wusste genau, wofür sie stand, als sie sichtlich erschüttert und unter Tränen auf der Bühne die Faust reckte: "We are unstoppable!" Wenn das so ist, sollte einer Rolle als Bond-Girl nichts mehr im Wege stehen. |
Conchita Wurst beim ESC 2014 Triumph von Herz, Humor und Toleranz Süddeutsche.de, 11.05.2014 – Von Hans Hoff
Auf einmal bietet der Eurovision Song Contest so etwas wie eine große Vision: Conchita Wurst geht als strahlende Siegerin aus dem Wettbewerb hervor und Europa beweist, dass es toleranter ist, als erwartet. "Europa ist toleranter als manche vielleicht denken." Am Schluss, weit nach Mitternacht, sagt der altgediente ARD-Kommentator Peter Urban die schönsten Worte, und sie klingen so ergriffen, wie man es von einem ESC-Profi so wohl nicht erwartet hätte. Conchita Wurst hat in Kopenhagen den Eurovision Song Contest gewonnen, hat zwölf Punkte aus Gegenden bekommen, von denen man bisher annahm, dass man dort das Wort Toleranz nicht einmal buchstabieren könnte. Und Humorverständnis hat man dort auch nicht vermutet. Aber in diesem Fall sind enttäuschte Erwartungen die schönsten. Europa hat abgestimmt und einen Menschen mit Bart, der Frauenkleider und einen weiblichen Phantasienamen trägt, zum Sieger des größten Trällerwettbewerbes der Welt erkoren. In solch einem Fall wirken selbst Twittermeldungen wie warmer Regen. "This is Europe", schreibt dort eine kluge Frau, und ein ebensolcher Herr bekennt: "Bin irgendwie stolz auf Europa." Es ist kein einfacher Sieg, den Conchita Wurst da feiern darf, es ist ein Triumph von Herz, Humor und Toleranz, eine Bedeutungsexplosion, die aus der sonst gerne so seelenlosen Abfolge von durchprogrammierten Retortenhits eine bedeutsame Sache macht. Der ESC hat Europa nicht vereinigt, aber er hat gezeigt, dass Europa sich auf etwas einigen kann, wenn es um etwas geht.
Das sein, was man will Sicherlich hat nicht jedem das Lied "Rise Like A Phoenix" gefallen. Es ist nach wie vor eine bombastische Kitschexplosion, die in jedem James-Bond-Vorspann besser aufgehoben wäre als bei einem Schlagerfest. Aber sie wurde halt eben von Conchita Wurst präsentiert, von einer Frau, die zeigen wollte, dass man das, was man sein will, sein kann. Wenn man das Wollen nur mit großer Ernsthaftigkeit und Mut betreibt. "Wir sind eine Einheit", hat Wurst nach der Show gesagt und dann davon geredet, dass diese Einheit "unstoppable" sei. Unaufhaltsam. Nicht auszudenken, wenn nun aus diesem ESC auch noch so etwas wie eine kontinentale Bewegung für mehr Offenheit hervorginge. Es ist kaum anzunehmen, aber dass so etwas in Zeiten der Ukraine-Krise überhaupt denkbar ist, darf man als Wursts Verdienst betrachten. Was dieser ESC-Sieg für Europa bedeutet, wird sich zeigen, wenn alle Wortwitze über den Namen gemacht sind, wenn jede Frau sich einmal einen Bart angeklebt hat, wenn sogar bärtige Männer sich einen Bart angeklebt haben. Barbara Schöneberger stand nach der Siegerehrung mit einem künstlichen Bart auf der Reeperbahn, und sie sah ein bisschen so aus wie jene Frauen, die in "Das Leben des Brian" als Männer verkleidet zur Steinigung gekommen sind. Was normalerweise als Albernheit einer überdrehten Wuchtbrumme durchgegangen wäre, war in diesem Moment ein Ehrenbeweis, eine Reverenz an eine Kunstfigur, die wirklich zu wirken weiß. Da trat rasch in den Hintergrund, dass Conchita Wurst gar nicht für Deutschland als Siegerin in die Geschichte eingehen wird, sondern als Nachfolgerin von Udo Jürgens, der 1966 den Wettbewerb für Österreich gewann.
Die braven Mädchen von Elaiza Deutschlands Beitrag ist dagegen ein bisschen untergegangen. Für die braven drei Mädchen von Elaiza hat sich niemand wirklich interessiert. Sie sind im Schatten des großen Ereignisses gerade mal auf Rang 18 gekommen. Bei 26 Teilnehmern keine herausragende Position. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wo sie denn gelandet wären, wenn das mit Wurst nicht geschehen wäre. Es spielt schlicht keine Rolle. Nach dem Debakel im Vorjahr, als Cascada mit einer peinlichen Popnummer noch weiter hinten landete, reichte es schon, ein schönes Neofolkliedchen mit Würde zu präsentieren und alles zu geben. Elaiza haben alles gegeben und das war leider nicht genug. Pech gehabt. Kann passieren. Dass man mit folkigen Klängen durchaus weit kommen kann, bewies der holländische Beitrag von The Common Linnets. "Calm After The Storm" hieß der Countrysong der beiden Holländer, die sich als Duo mit Gitarren auf der riesigen Bühne einfach gegenüber standen und nur einen Bruchteil der in Kopenhagen verfügbaren Monstertechnik nutzten. Sie sangen einfach ein sehr schönes einfaches Lied, und sie wurden Zweite, wobei es lange tatsächlich so aussah, als könnten sie Wurst die Spitzenposition noch streitig machen.
Herbeigeredetes Duell zwischen Ukraine und Russland Auf dem dritten Platz landete Schweden, was in Ordnung ging und alle Lügen strafte, die vorab wieder einmal ein finsteres Ostkomplott prophezeit hatten. Natürlich schoben sich hier und da Nachbarländer ein paar Punkte zu, aber das mag am Ende einfach daran gelegen haben, dass in Nachbarländern, die möglicherweise noch die gleiche Sprache sprechen, nun mal oft die gleiche Musik populär ist. Auch das von vielen herbei geredete Duell zwischen der Ukraine und Russland fand nicht statt. Natürlich gab es aus den baltischen Staaten extrem wenige Punkte für den russischen Beitrag, aber das mag vielleicht einfach nur an der Musik gelegen haben. Nicht zu überhören waren indes die Buhrufe in der Halle, die oftmals Punkte, die an Russland gingen, begleiteten. Der Unmut aber trat sehr schnell in den Hintergrund angesichts der Spannung, die sich abzeichnete, als deutlich wurde, dass Conchita Wurst tatsächlich gewinnen könnte. Auf einmal lag da etwas in der Luft, das nach großer Vision roch. Der Eurovision Song Contest hat sich mit dieser Ausgabe wieder seinen Platz zurückerobert als Veranstaltung, die Länder nicht durch Konkurrenz trennt, sondern durch die Kraft der Musik und der in ihr liegenden Idee eint. |
Zu den Semifinalterminen am Dienstag, dem 12. Mai, und am Donnerstag, dem 14. Mai, wird es jeweils ab 21.00 Uhr auf dem Youtube-Kanal von eurovision.tv eine besondere Sendung geben, in der die ESC-Titel 2020 in der Reihenfolge vorgestellt werden, die die Produzenten für die Semifinals festgelegt hatten. In der ersten Sendung kommen dazu die Finalisten Niederlande, Deutschland und Italien, in der zweiten Show Frankreich, Spanien und das Vereinigte Königreich.Es soll außerdem einen speziellen Pausenact geben.
© Nadine Dilly
Am Samstag hatten die deutschen ESC-Fans ein Date mit Dennis und Benni Wolter. Ihre Sendung „World Wide Wohnzimmer - das ESC Halbfinale 2020“ startete am 9. Mai 2020, um 20:15 Uhr in ONE, in der ARD Mediathek, im Netz auf funk.net, dem YouTube Kanal von „World Wide Wohnzimmer“ und bei eurovision.de.
Sie haben 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des diesjährigen ESC (außer des deutschen Beitrags) mit ihren Musikvideos zur Abstimmung gestellt, wenn auch mit einigen technischen Problemen.
Unterstützt wurden die Twins Benjamin und Dennis Wolter in ihrem Wohnzimmer nicht nur von Peter Urban, sondern auch von Special Guest und YouTuber Freshtorge. Er gehört zu den Experten, die alle ESC-Videos von 2020 auf eurovision.de analysiert haben, und ist großer Fan des Eurovision Song Contests.
Die zehn erfolgreichsten Acts schaffen es in die Sendung „Eurovision Song Contest 2020 - das deutsche Finale live aus der Elbphilharmonie“ am 16. Mai ins Erste – um dort das Rennen zum Sieger der Herzen anzutreten.
Und dies sind die FInalisten:
Wir haben die Zwillinge Dennis und Benni Wolter dazu befragt.
Auf YouTube habt ihr mit dem „World Wide Wohnzimmer“ über 1,13 Millionen Abonnenten. Wie oft müsst ihr euch deshalb kneifen – und wie viele von denen sind eigentlich über 30?
Der Weg zur Million war ja eher ein gemütlicher Spaziergang als ein schweißtreibender Sprint, schließlich dauerte er ein knappes Jahrzehnt – was natürlich nichts daran ändert, dass wir uns täglich vor Stolz die Wangen wundkneifen! Ein Blick in unser YouTube-Tool verrät: 48,7 Prozent unserer Zuschauer sind 18 bis 24, 25,7 Prozent sogar 25 bis 34 Jahre alt. Da staunst du.
In euren Videos beweist ihr immer wieder, gut über euch selbst lachen zu können. Eigentlich beste Voraussetzung für regelmäßige ESC-Formate wie das „ESC-Halbfinale“ am 9. Mai, oder?
Wenn man sein Leben an der Seite eines mal mehr und mal weniger gleich aussehenden Spiegelbilds verbringt, lernt man zwangsläufig, auch über sich selbst lachen zu können. Fühlen uns also diesbezüglich top gewappnet.
Wie ist es denn konkret zur Zusammenarbeit mit dem NDR für dieses Format gekommen?
Schon vor Corona stand man in Kontakt, weil der NDR neue Wege geht und bei funk angeklopft hat. Die haben dann wiederum bei uns angeklopft und jetzt stehen wir hier!
Hand aufs Herz: Hilft euch die Sendung am 9. Mai mehr euren Bekanntheitsgrad bei der „Ü 30-Fraktion“ zu steigern oder wird der ESC möglicherweise mehr bei der Jugend in Erinnerung gerufen?
Die Show wird ja sowohl auf unserem YouTube-Kanal, in der ARD Mediathek, auf eurovision.de als auch im klassischen Fernsehen auf ONE übertragen. Deswegen hoffen wir auf den Best Case: Die Kids finden uns danach noch viel cooler und gleichzeitig greifen wir tonnenweise neuer Fans ab, die auf den anderen Kanälen zuschauen.
Bei eurem Format „Erkennst DU den Song?“ misst ihr euch mit Prominenten und Zuschauern eurer Videos in einem Songquiz. Wie würdet ihr bei einem ESC-Special abschneiden? Wie ist es da um euer Wissen bestellt?
Wir betonen gern, dass wir keine ESC-Experten, sondern ESC-Fans sind. Wir können nicht die letzten 13 Siegertitel rückwärts husten oder bestimmte Glitzerkleider einzelnen Jahrgängen zuordnen – leider! Aber mit ein bisschen Vorbereitung würden wir mit Sicherheit nicht punktlos untergehen.
Was sind eure bisherigen Schnittpunkte mit dem ESC?
Als Kind hangelt man sich an schönen Ritualen durchs Jahr, die sich immer wiederholen: Weihnachten, Ostern, Geburtstag – und eben auch der ESC. Da hat sich die Familie vor den TV gesetzt und mitgefiebert. Und natürlich wurde sich auch mal geärgert – besonders wenn zwei Länder sich mal wieder Punkte zugeschoben haben!
In eurer Show werden die 41 Teilnehmervideos gemeinsam mit Peter Urban angesehen. Bringt ihr womöglich sogar eine gewisse Ehrfurcht vor der deutschen ESC-Stimme mit? Wird die Sendung live ausgestrahlt und das Votingergebnis in der Sendung kommentiert oder handelt es sich um eine Aufzeichnung?
Vorweg: Wir sind LIVE! Wenn wir vor lauter Ekstase den Sektkübel umschmeißen oder leidenschaftlich mitsingen, dann kann die Regie vielleicht reflexartig auf Testbild umschalten – aber rausschneiden kann man nix. Als feststand, dass wir Peter wirklich kriegen können – wir haben natürlich darum gebettelt! - waren wir sehr glücklich, aber natürlich auch nervös. Die Arbeit mit ihm entpuppte sich dann als total unkompliziert. Man spürt bei ihm, wie viel Lust er an Projekten mit jungen Menschen hat und wie viel ihm der ESC bedeutet.
Habt ihr schon einmal in die Songs hineingehört und möglicherweise einen Favoriten?
Das Schöne beim ESC ist ja: Man weiß nie, was die Zuschauer an diesem Abend bewegt. Mal gewinnt ein mitreißender Popsong, dann eine schwermütige Ballade. Ähnlich unentschlossen sieht das bei uns aus: Wir lieben den Beitrag der Schweiz – aber ebenso hat es uns die Ukraine angetan. Es bleibt also spannend, welche zehn Beiträge die Zuschauer bei uns ins große Finale wählen.
Ihr seid ja um den einen oder anderen guten Spruch nicht verlegen. Wie warm müssen sich die designierten Teilnehmer für 2020 denn anziehen?
Wir möchten nicht cäsaresk die Daumen nach oben oder unten verteilen und im zuletzt genannten Fall dann den Läster-Motor anschmeißen. Klar ist: Auch wir haben unsere Favoriten, und es sind durchaus Songs dabei, die uns überhaupt nicht gefallen, und das wollen wir nicht verstecken. Aber in erster Linie präsentieren wir die Beiträge, bewertet werden sie dann von den Zuschauern in Form von Votings.
Als „Dicht und Doof“ hättet ihr mit eurem Partyohrwurm „Rudi, das Rüsselschwein“ sicher gute Chancen auf einen Sieg bei einem Ballermann Song Contest. Wie kam es denn zu dieser Veröffentlichung?
Der Song lag bei einem befreundeten Musiker herum, zu dem passte dieser Party-Sound aber nicht. Und weil er von unserer Mallorca-Passion wusste, hat er ihn zu uns geschoben. Der Rest ist gröhlende Geschichte.
Angst, euch mit einem ähnlichen Song selbst einmal auf der großen ESC-Bühne zu sehen, müssen wir aber nicht bekommen, oder?
Hätte man uns vor zwei Monaten gesagt, dass wir Vorprogramm von Barbara Schöneberger spielen und das offizielle Halbfinale einer ESC-Show präsentieren dürfen – wir hätten laut gelacht. Sehr laut. Also: Sag niemals nie.
Die letzte Chance für einen kurzen Teaser: Warum sollte man sich die Sendung auf keinen Fall entgehen lassen?
Den Zuschauer erwarten alle Hits des diesjährigen ESC-Jahrgangs in voller Länge, die warme Stimme Peter Urbans, ein spannendes Voting, Käseigel, Sekt und den ein oder anderen Überraschungsgast – alles in einer Liveshow mit Überlänge. Kurzum: Tonnenweise ESC-Feeling frei Haus.
(Interview: Benjamin Tonn)
Daði Freyr, Islands Vertreter 2020, hatte über sein Platten-Label alle Fans dazu aufgerufen, ihre eigene Version seines Titel "Think About Things" zu tanzen, das als Video aufzunehmen und dieses dann auf den sozialen Medien zu posten (Facebook, Instagram, Twitter, TikTok, YouTube – je nach eigener Wahl) mit dem Hashtag #danceaboutthings und ihn darin zu taggen. Das Ziel sei, ein "gewaltiges" Fan-Video aus den Einsendungen zu machen, das dann auf Daðis sozialen Accounts am 16. Mai veröffentlicht wird.
Dies ist das Ergebnis:
Dies ist das Original-Video:
und hier der Aufruf von Daði:
Einsendeschluss ist 12. Mai 2020, alternativ zum Posting in den sozialen Medien kann man das Video auch hochladen auf Dropbox oder Google Drive, versehen mit dem Absender, und den Link senden an:
und
( Das Video soll nicht als Mail-Anhang versandt werden!)
55. Eurovision Song Contest - 29. Mai 2010 | |
---|---|
Halle | Telenor Arena |
Motto | Share The Moment |
Moderation | Erik Solbakken, Haddy N'jie, Nadia Hasnaoui |
Pausen-Act | Madcon - "Glow" (Flashmob) |
Wertung | Jury-/Televoting 50/50% |
Teilnehmer | 39 Länder (Finale 25 / Semifinale jeweils 17) |
| |
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Siegerland: Deutschland | |
Interpretin: Lena | |
Titel: "Satellite" | |
Musik & Text: Julie Frost & John Gordon |
© www.eurovision.tv
Finale - 29. Mai 2010 | |||
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Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Deutschland Lena "Satellite" | 246 | 22 |
2.![]() | Türkei maNga "We Could Be The Same" | 170 | 14 |
3.![]() | Rumänien Paula Seling & Ovi "Playing With Fire" | 162 | 19 |
4.![]() | Dänemark Chanée & N'evergreen "In A Moment Like This" | 149 | 25 |
5.![]() | Aserbaidschan Safura "Drip Drop" | 145 | 1 |
6.![]() | Belgien Tom Dice "Me And My Guitar" | 143 | 7 |
7.![]() | Armenien Eva Rivas "Apricot Stone" | 141 | 21 |
8.![]() | Griechenland Giorgos Alkaios & Friends "OPA" | 140 | 11 |
9.![]() | Georgien Sofia Nizharadze "Shine" | 136 | 13 |
10.![]() | Ukraine Alyosha "Sweet People" | 108 | 17 |
11.![]() | Russland Peter Nalitch & Friends "Lost And Forgotten" | 90 | 20 |
12.![]() | Frankreich Jessy Matador "Allez! Ola! Olé!" | 82 | 18 |
13.![]() | Serbien Milan Stanković "Ovo je Balkan" | 72 | 8 |
14.![]() | Israel Harel Skaat "Milim" | 71 | 24 |
15.![]() | Spanien Daniel Diges "Algo pequeñito" | 68 | 2 |
16.![]() | Albanien Juliana Pasha "It's All About You" | 62 | 15 |
17.![]() | Bosnien & Herzegowina Vukašin Brajić "Thunder And Lightning" | 51 | 6 |
18.![]() | Portugal Filipa Azevedo "Há dias assim" | 43 | 23 |
19.![]() | Island Hera Björk "Je ne sais quoi" | 41 | 16 |
20.![]() | Norwegen Didrik Solli-Tangen "My Heart Is Yours" | 35 | 3 |
21.![]() | Zypern Jon Lilygreen & The Islanders "Life Looks Better In Spring" | 27 | 5 |
22.![]() | Moldau SunStroke Project & Olia Tira "Run Away" | 27 | 4 |
23.![]() | Irland Niamh Kavanagh "It's For You" | 25 | 10 |
24.![]() | Belarus 3+2 "Butterflies" | 18 | 9 |
25.![]() | Ver. Königreich Josh "That Sounds Good To Me" | 10 | 12 |
Semifinale 1 - 25. Mai 2010 | |||
---|---|---|---|
Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Belgien | 167 | 10 |
2.![]() | Griechenland | 133 | 13 |
3.![]() | Island | 123 | 17 |
4.![]() | Portugal | 89 | 14 |
5.![]() | Serbien | 79 | 7 |
6.![]() | Albanien | 76 | 12 |
7.![]() | Russland | 74 | 2 |
8.![]() | Bosnien & Herzegowina | 59 | 8 |
9.![]() | Belarus | 59 | 16 |
10.![]() | Moldau | 52 | 1 |
11.![]() | Finnland Kuunkuiskaajat "Työlki ellää" | 49 | 5 |
12.![]() | Malta Thea Garrett "My Dream" | 45 | 11 |
13.![]() | Polen Marcin Mroziński "Legenda" | 44 | 9 |
14.![]() | Estland Malcolm Lincoln "Siren" | 39 | 3 |
15.![]() | EJR Mazedonien Gjoko Taneski "Jas ja imam silata" | 37 | 15 |
16.![]() | Slowakische Republik Kristina Pelakova "Horehronie" | 24 | 4 |
17.![]() | Lettland Aisha "What For? | 11 | 6 |
Semifinale 2 - 27. Mai 2010 | |||
1.![]() | Türkei | 118 | 17 |
2.![]() | Aserbaidschan | 113 | 7 |
3.![]() | Georgien | 106 | 16 |
4.![]() | Rumänien | 104 | 10 |
5.![]() | Dänemark | 101 | 4 |
6.![]() | Armenien | 83 | 2 |
7.![]() | Ukraine | 77 | 8 |
8.![]() | Israel | 71 | 3 |
9.![]() | Irland | 67 | 12 |
10.![]() | Zypern | 67 | 14 |
11.![]() | Schweden Anna Bergendahl "This Is My Life" | 62 | 6 |
12.![]() | Litauen InCulto "Eastern Europe Funk" | 44 | 1 |
13.![]() | Kroatien Feminnem "Lako je sve" | 33 | 15 |
14.![]() | Niederlande Sieneke "Ik ben verliefd (Sha-la-lie)" | 29 | 9 |
15.![]() | Bulgarien Miro "Angel si ti" | 19 | 13 |
16.![]() | Slowenien Ansambel Žlindra & Kalamari "Narodno zabavni rock" | 6 | 11 |
17.![]() | Schweiz Michael von der Heide "Il pleut de l'or" | 2 | 5 |
© www.eurovision.tvDer ausrichtende TV-Sender NRK hatte als Veranstaltungsort die neuerbaute Telenor-Arena ausgewählt. Sie ist Nord-europas größtes Indoor-Stadion mit ca. 23.000 Plätzen. Insgesamt 39 Länder haben einen Act nach Oslo entsandt. Wegen der Finanzkrise haben Ungarn, Andorra, Montenegro und San Marino abgesagt, Österreich blieb erneut fern wegen zu hoher Kosten und Unzufriedenheit mit dem Reglement, und in Tschechien fehlte nach dreimaligem Scheitern im Semifinale angeblich das Zuschauerinteresse. Die sog. Big 4 - Länder und der Gastgeber Norwegen waren für das Finale gesetzt, die restlichen 34 Länder wurden auf die beiden Semifinale aufgeteilt. Aus jedem Semifinale erreichten die besten Zehn das Finale.
Nachdem 2009 die hälftige Jurywertung nur im Finale zur Anwendung gekommen war, entschied die EBU, das 50/50-Splitvoting auch in den Semifinalen anzuwenden. Außerdem wurden die Telefonleitungen bereits nach dem ersten Lied freigeschaltet.
Erstmals in der ESC-Geschichte wurde für das Finale ein sog. "Flash-Mob" inszeniert. In mehreren europäischen Städten (z.B. Oslo, London, Ljubljana) und sogar auf dem Burgplatz in Düsseldorf trafen sich auf Anregung des NRK Tausende von ESC-Fans, um gemeinsam nach einer im Internet gezeigten Choreografie zu tanzen. Die "Postcards" wurden nach längerer Zeit wieder in den einzelnen Teilnehmerländern gedreht unter Beteiligung von ESC-Fans. So waren bei der deutschen Postkarte ECG-Mitglieder in Berlin vor dem Brandenburger Tor dabei.
Die Moderation übernahm ein Trio:© ECG e. V.
Erik Solbakken und Haddy N'jie moderierten die Show, Nadia Hasnaoui die Wertung.
Erik Solbakken ist Moderator von Kindersendungen im norwegischen Fernsehen.
Haddy N'jie ist eine norwegische Komponistin, Sängerin und Journalistin, ihr Vater stammt aus Gambia.
Nadia Hasnaoui moderierte seit 1991 verschiedene Formate im norwegischen Fernsehen. Ihr Vater stammt aus Marokko.
Deutschland gewann den ESC, und zwar in einer solchen Deutlichkeit, wie man sie selten erlebt hat. Das Gesamtpaket „Lena“ hat so ziemlich ganz Europa überrascht, aber auch überzeugt. So etwas aus Deutschland zu sehen und zu hören, damit haben wohl die wenigsten Zuschauer gerechnet. Da stellt sich eine junge Abiturientin auf diese Bühne, singt einen flotten Popsong und hopst dazu ein wenig herum. Keine ausgefeilte Choreographie hat es gebraucht, keine theatermäßige Inszenierung. Dass eine solche Performance zum Sieg führen kann, dürfte all diejenigen erschreckt haben, die wieder einmal das ganze doch so ESC - typische Arsenal an Kostümen und Requisiten aufgeboten hatten. „Das wollen wir nicht mehr sehen“ schien die Mehrzahl der Televoter und Juroren sich gedacht zu haben. Und so hagelte es nur so Höchstwertungen für Lena und ihr „Satellite“.
Wie immer, gab es auch dieses Mal handfeste Überraschungen bei der Wertung. Der als einer der Favoriten immer wieder genannte Vertreter des Gastgeberlandes, der norwegische Tenor Didrik Solli-Tangen, stürzte ebenso ab wie die ESC-Siegerin von 1993, Niamh Kavanagh, die es noch einmal wissen wollte.Und erstmals seit der Einführung der Semifinals scheiterte Schweden im Halbfinale. Anna Bergendahls Gitarren-Lied fiel halt auch aus dem Rahmen des sonst so üblichen Schweden-Pop.
Und einmal mehr gelang es der Favoritin der ESC - Fangemeinde, in diesem Jahr der Isländerin Hera Björk - ECG-Clubtreffen-Stargast 2009, nicht, eine gute Platzierung zu erreichen. Stattdessen belegte überraschender Weise die türkische Rock-Band maNga den zweiten Platz, und der Belgier Tom Dice konnte mit seinem ruhigen Gitarren-Titel immerhin Platz sechs erreichen.
Natürlich gab es auch in diesem Jahr wieder die eine oder andere ESC - typische Inszenierung, so die überladene Performance Armeniens und der verkitschte Auftritt der Weißrussen, passend zum Titel "Butterflies" mit Schmetterlingsflügeln ausgestattet! Die - wie man lesen konnte - äußerst kostenintensive Promotion-Maschinerie Aserbaidschans brachte der 19-jährigen Safura (in den Medien zur schärfsten Konkurrentin Lenas hochstilisiert) immerhin den fünften Platz ein.
Während des Auftritts des Spaniers Daniel Diges gelang es eine Störnfreid namens "Jimmy Jump", die Bühne zu stürmen. Er wurde von Sicherheitskräften abgeführt. Spanien durfte seine Performance als Nummer 26 wiederholen.
Die Niederländer versuchten es mit einem Lied von Vader Abraham, dem Vater der Schlümpfe, aber Sieneke erreichte mit "Ik ben verliefd (Sha-la-lie)" das Finale nicht, obwohl sie die Halle zum Mitschunkeln brachte.
Dieser 55. Eurovision Song Contest wird in die Geschichte eingehen, auch wegen der glänzenden Umsetzung durch den ausrichtenden norwegischen Sender NRK. Der verzichtete auf die vermeintlich schon unentbehrlichen riesigen LED-Animationen, brachte eine technisch perfekte Show auf den Bildschirm, der es aber dennoch an Charme nicht mangelte. Genial war der Pausenact. In einigen europäischen Städten (u.a. in Düsseldorf) waren zuvor lokale Flashmobs veranstaltet und von NRK gefilmt worden. Überall tanzten junge Menschen zur Musik des norwegischen Duos Madcon - "Glow". Und während der Wertungspause wurde ein Zusammenschnitt dieser Filme mit Bildern aus der Telenor-Arena in Oslo kombiniert, wo Madcon live auftraten und das gesamte Hallenpublikum mittanzte. Das in der Halle mitzuerleben als auch am Bildschirm anzusehen, war eine wahre Freude.
In Deutschland kannte der Jubel über diesen Sieg 28 Jahre nach Nicoles "Ein bisschen Frieden" keine Grenzen. Und bereits in der Sieger-Pressekonferenz in der Nacht des 29. Mai verkündete Stefan Raab, dass Lena ihren Titel im nächsten Jahr in Deutschland (in welcher Stadt auch immer) verteidigen wolle!
1. Safura "Drip Drop" | ![]() | M.: Anders Bagge, |
2. Daniel Diges "Algo pequeñito" | ![]() | M. & T.: |
3. Didrik Solli-Tangen ”My Heart Is Yours" | ![]() | M. & T.: |
4. SunStroke Project & "Run Away" | ![]() | M.: Anton Ragoza, |
5.
"Life Looks Better | ![]() | M.: Nasos Lambrianides, |
6. Vukašin Brajić "Thunder And | ![]() | M. & T.: |
7. Tom Dice "Me And My Guitar" | ![]() | M. & T.: |
8. Milan Stanković "Ovo je Balkan" | ![]() | M.: Goran Bregović |
9. 3+2 "Butterflies" | ![]() | M.: Maxim Fadeev |
10. Niamh Kavanagh "It's For You" | ![]() | M. & T: |
11. Giorgos Alkaios & | ![]() | M.: Giorgos Alkaios |
12. Josh "That Sounds Good | ![]() | M. & T.: |
13. Sofia Nizharadze "Shine" | ![]() | M. & T.: |
14. maNga "We Could Be | ![]() | M.: maNga |
15. Juliana Pasha "It's All About You" | ![]() | M.: Ardit Gjebrea |
16. Hera Björk "Je ne sais quoi" | ![]() | M. & T.: |
17. Alyosha "Sweet People" | ![]() | M.: Olena Kucher, |
18. Jessy Matador "Allez! Ola! Olé!" | ![]() | M. & T.: |
19. Paula Seling & Ovi "Playing With Fire" | ![]() | M. & T.: |
20.
"Lost And Forgotten" | ![]() | M. & T.: |
21. Eva Rivas "Apricot Stone" | ![]() | M.: Armen Martirosyan |
22. Lena "Satellite" | ![]() | M. & T.: |
23. Filipa Azevedo "Há dias assim" | ![]() | M. & T.: |
24. Harel Skaat "Milim" | ![]() | M.: Torner Adaddi |
25. Chanée & N'evergreen "In A Moment Like This" | ![]() | M. & T.: |
1. SunStroke Project & "Run Away" | ![]() | M.: Anton Ragoza, |
2. Peter Nalitch & Friends "Lost And Forgotten" | ![]() | M. & T.: |
3. Malcolm Lincoln ”Siren" | ![]() | M. & T.: |
4. "Horehronie" | ![]() | M.: Martin Kavulic |
5.
"Työlki ellää" | ![]() | M. & T.: |
6. Aisha "What For?" | ![]() | M.: Janis Lusens |
7. Milan Stanković "Ovo je Balkan" | ![]() | M.: Goran Bregović |
8. Vukašin Brajić "Thunder And | ![]() | M. & T.: |
9. Marcin Mroziński "Legenda" | ![]() | M.: Marcin Nierubiec |
10. Tom Dice "Me And My Guitar" | ![]() | M. & T.: |
11. Thea Garrett "My Dream" | ![]() | M.: Jason Cassar |
12. Juliana Pasha "It's All About You" | ![]() | M.: Ardit Gjebrea |
13.
| ![]() | M.: Giorgos Alkaios |
14. Filipa Azevedo "Há dias assim" | ![]() | M. & T.: |
15. Gjoko Taneski "Jas ja imam silata" | ![]() | M. & T.: |
16. 3+2 "Butterflies" | ![]() | M.: Maxim Fadeev |
17.
Hera Björk "Je ne sais quoi" | ![]() | M. & T.: |
1. InCulto "Eastern European Funk" | ![]() | M. & T.: |
2. Eva Rivas "Apricot Stone" | ![]() | M.: Armen Martirosyan |
3. Harel Skaat ”Milim" | ![]() | M.: Torner Adaddi |
4. Chanée & N'evergreen "In A Moment Like This" | ![]() | M. & T.: |
5.
"Il pleut de l'or" | ![]() | M.: Michael.v.d. Heide, |
6. Anna Bergendahl "This Is My Life" | ![]() | M.: Bobby Ljunggren |
7. Safura "Drip Drop" | ![]() | M.: Anders Bagge, |
8. Alyosha "Sweet People" | ![]() | M.: Olena Kucher, |
9. Sieneke "Ik ben verliefd | ![]() | M. & T.: |
10.
Paula Seling & Ovi "Playing With Fire" | ![]() | M. & T.: |
11. Ansambel Žlindra & | ![]() | M.: Marino Legović |
12. Niamh Kavanagh "It's For You" | ![]() | M. & T: |
13. | ![]() | M. & T.: |
14. Jon Lilygreen & "Life Looks Better | ![]() | M.: Nasos Lambrianides, |
15. Feminnem "Lako je sve" | ![]() | M.: Branimir Mihaljević |
16. Sofia Nizharadze "Shine" | ![]() | M. & T.: |
17.
maNga "We Could Be The Same" | ![]() | M.: maNga |
(Fotos der Teilnehmertabellen: © EBU / eurovision.tv. und ECG e. V.)
© ECG e. V.
© ECG e. V.
© ECG e. V.
Love, oh Lovevon Matthias Oden und Anja Rützel , Financial Times Deutschland, 31. Mai 2010
Sie ging als einer der Favoriten nach Oslo, aber dass ihr Sieg so deutlich ausfallen würde, hätte keiner gedacht. Lenas Auftritt beim Eurovision Song Contest war ein Triumph – und ein Durchmarsch des Unkonventionellen. Er wird den Strauß einfach nicht los. Christian Wulff steht da, am Sonntagnachmittag auf dem Flughafen in Hannover, und findet keine Gelegenheit, seine Blumen an die Frau zu bringen. Gerade eben ist sie gelandet, drückt ihm erst mal einen Kuss auf die Wange – und wendet sich ab, um die beiden Moderatoren Matthias Opdenhövel und Sabine Heinrich zu begrüßen. Dann reden alle ein bisschen miteinander, Wulff steht daneben, die Blumen im Arm, und endlich, endlich gelingt es ihm doch noch, Lena Meyer-Landrut den Strauß zu überreichen. Er spricht vom „Symbol der großen Freude“ und von den „Grüßen der Frau Bundeskanzlerin“. Sie sagt „danke“ und stapft dann los, vorbei am roten Teppich, rüber zu den Fans, die schon seit Stunden warten: „Ihr seit ja verrückt“, ruft sie ihnen durchs Megafon eines Polizeiwagen zu. „Geht doch rein, es regnet.“ Es ist eine Szene, wie sie besser kaum symbolisieren könnte, warum Lena am Vortag beim Eurovision Song Contest die Konkurrenz auf die Plätze verwies und ihr Lied „Satellite“ knapp 30 Jahre nach Nicoles Pazifistenschnulze „Ein bisschen Frieden“ den Siegespokal nach Deutschland holte. Lena – das blieb nämlich auch in Oslo die Verkörperung unbekümmerter Unperfektheit und unberechenbarer Spontaneität, Wesenszüge, die nun nicht eben als sprichwörtlich typisch deutsch gelten. Zu Hause war sie in den vergangenen Monaten die bildungsbürgerliche Alternative zu Dieter Bohlens Hartz-IV-Sonnenbänkelsängern von DSDS. Nun, international, bildete sie den Gegenentwurf zu hoch geschnallten armenischen Showbrüsten, Hans-Klok-Föhnfrisuren aus Dänemark und weißrussischen Schmetterlingssängern: eine beim Tanzen in den Knien einknickende 19-Jährige, die zwischen den Versen hörbar nach Luft japste, und deren Bühnenauftritt ebenso minimalistisch war wie ihr Lied eingängig. Tatsächlich sollte das bohrend-betörende Leitmotiv von „Satellite“ der einzige Ohrwurm des Abends sein. Die restlichen Beiträge: das übliche Grand-Prix-Pandämonium aus über dramatisch vorgetragenen Schmachtballaden und wummerndem Neopop à la Balkandisko. Selbst den beiden treibendsten Beiträgen – Griechenlands Antikrisensong „OPA“ und Frankreichs stark an Ricky Martins Fußballhymne „Copa de la Vida“ erinnerndes „Allez! Olla! Olé!“ - fehlte das letzte bisschen Kraft, um sich von der Banalität des Durchschnittlichen befreien zu können. Und das war dann die vielleicht größte Überraschung des Abends: dass es nicht einen Kandidaten gab, der auch nur annähernd so begeisterte wie die Abiturientin aus Hannover. Bereits nach der sechsten Punktevergabe lag Lena in Führung, und während sich die besten ihrer Wettbewerber ein Rennen um Platz zwei und drei lieferten, geriet ihr Vorsprung nie wirklich in Gefahr. So fand das, was NDR-Kommentator Peter Urban den „kometenhaftesten Aufstieg der deutschen Popgeschichte“ nannte, seine Vollendung im Durchmarsch von Oslo: Mit 76 Punkten Vorsprung siegte Lena am Ende überdeutlich vor dem Zweitplatzierten Türkei. Rund 14,69 Millionen Fernsehzuschauer verfolgten den Song Contest – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr, mehr als das zeitgleiche Länderspiel Deutschland-Ungarn und Vitali Klitschkos Boxkampf zusammen. Und spätestens als Lena während ihres Siegesauftritts die Deutschlandfahne verkehrt herum und wie ein besudeltes Handtuch über die Bühne trug, war klar, dass sie sich diese Rekordquote mehr als verdient hatte. „Total irreal“, lautete das recht fassungslose Fazit der Siegerin, die nach Stefan Raabs Willen auch nächstes Mal wieder antreten soll. Und damit hatte sie wohl irgendwie recht: Nach Jahren herzerweichender Niedrigqualität der deutschen Teilnehmer findet der Eurovision Song Contest 2011 nun ausgerechnet hierzulande statt. Oder, wie es ein begeisterter Zuschauer bereits in der Siegesnacht auf Twitter ausdrückte: „Jetzt Aktien kaufen, nun ist alles möglich!“ |
Europas Glückskindvon Holger Kreitling, Die Welt, 31. Mai 2010 Mit überwältigender Mehrheit gewann die 19-jährige Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest. Sie bleibt ein Rätsel: Es hat noch nie einen Star gegeben, über den man so wenig weiß.
Vierzig Meter können für einen Sieger eine verdammt lange Strecke sein, egal wie glückstrunken und freudeberauscht er ist. Es ist nach zwei Uhr in der Frühe, als Lena Meyer-Landrut die große Party nach dem Eurovision Song Contest erreicht. In einem Hotel im Stadtzentrum ist eine Etage freigeräumt, es gibt zum Erstaunen der anderen Teilnehmer des Wettbewerbs viel deutsche Bratwurst und kleine Frankfurter Würstchen. Im Tanzsaal ist die Stimmung bestens. Die Europäer wollen Lena feiern. Und sie wollen singen. „Love, oh love“. Der deutsche Tross steht auf einmal da, zu erkennen am Blitzlichtgewitter, Lena wird durch Gänge in Richtung Saal geschoben. Worte werden gebrüllt, erst erklingt aus den Lautsprechern das Lied „Congratulations“, dann unter großem Jubel „Satellite“, ihr Siegersong. 40 Meter weit kommt Lena in Richtung Tanzfläche, um dort vielleicht ein paar Tanzschritte für die Kameras zu wagen, 40 Meter, dann ist der Rummel zu groß. Der Pulk dreht sich, Lenas Gesicht ist bleich und starr, sie schüttelt den Kopf, Stefan Raab hält sie an der schmalen Schulter fest, glatzköpfige Männer kämpfen den Weg frei. In diesem Augenblick steht im schönen Gesicht der 19-Jährigen Ratlosigkeit, Schrecken und Furcht. Lena, das Glückskind Europas, die neue Prinzessin des internationalen Pop, will nur weg. Und es ist, als erkenne sie in diesem Moment tatsächlich, was in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten auf sie zukommt. Nach 40 Meter Strecke. Sie schüttelt still den Kopf und geht wie ferngesteuert. Es ist ihr zu viel. Man weiß heute von der Sängerin Nicole wenig, nur, dass die letzte deutsche Siegerin des Song Contests immer noch „Ein bisschen Frieden“ singt. Seit nunmehr 28 Jahren. Nicole war damals 17 Jahre alt, Lena ist vor einer Woche 19 geworden. Es ist das Privileg der Gewinner, ihr Lied unaufhörlich vortragen zu dürfen, ob sie das will oder nicht, eine lange Zeit noch, und sie wird sich an viel Aufruhr gewöhnen müssen. Bei der After-Show-Party geht der Rückzug flott, eine breite Treppe herunter, durchs Foyer und raus. Die begeisterten Fans und die Fotografen bleiben zurück. Stefan Raab hatte vorher angekündigt, Lena und er wollten sich so richtig weg schießen, mit den Mitarbeitern feiern, Party machen. Anderswo. Ist das Mädchen anders als die Darstellerin und Sängerin von „Satellite“? Aber ja! Das ist eben, Teil ihres Erfolgs. In den drei Minuten auf der Bühne hat sie es geschafft, fast ganz Europa mit ihrem Auftritt zu bezaubern. Von 39 Nationen vergaben nur vier keine Punkte (Anm. d. Red.: Es waren 5 – Belarus, Israel, Moldau, Georgien und Armenien), mehrere Juroren sandten die zwölf Punkte direkt an „Lovely Lena“... Lenas ungezwungene Art, ihr Lächeln und ein sehr guter Popsong verführten so unterschiedliche Länder wie Estland, die Slowakei und die Schweiz zu Höchstwertungen. Sie kam, sang und siegte. Die Veteranen stimmen begeistert die Schlagerweisheit an: „Wunder gibt es immer wieder.“ ... Wie klar und vernünftig Lena Meyer-Landrut ist, wie schalkhaft und zugleich ausgekocht, beweist sie gleich nach dem Sieg. Vor der versammelten Presse sind ihre ersten Worte: „Hallo.“ Jubel und Fahnenschwenkerei im Publikum. „Hallo, ich bin Lena, ich bin 19 Jahre alt, und ich komme aus Hannover.“ Wie beim Formel-1-Rennen spritzen sie und Stefan Raab mit Sektflaschen die Meute nass, sie singen „Ich – liebe – deutsche – Land“ und schwenken die schwarz-rot-goldene Fahne. Dann folgen immer wieder Stimmungsbeschreibungen wie „Wahnsinn“, „irreal“, „surreal“, geschockt“. Wie „500 kleine Hundebabys“ freue sie sich, ruft Lena, und fügt eine Zahl hinzu, die irgendwie nicht korrekt wiederzugeben, jedenfalls enorm riesengroß ist und das ganze Glücksausmaß verdeutlichen soll. Wie immer rettet sich das fröhliche Mädchen in flapsige Gesten, in spleenige Ausflüchte, die nie richtig einleuchten, doch stets beredsam sind. Sie ist spontan, doch sich ihrer Wirkung sehr bewusst, auch wenn sie selbst darüber überrascht scheint, wenn 120 Millionen Europäer sie schlicht toll finden. Ihre gespielten Zusammenbrüche, ihr Teenager-Reichtum sind unschlagbar europäisch, Sie zeigt Generationen und Nationen, wie es ist, heute jung und froh zu sein. Wie der kurze Besuch bei Norwegens Kronprinzessin Mette-Marit direkt nach dem Sieg war, wird sie gefragt. Ehrliche Antwort: „So eine Prinzessin ist schon was Geiles.“ Ein ulkiges rosa Kostüm habe Mette-Marit getragen, erzählt Lena. Dann eine kleine Bedenkpause: „Komisch“ sei es gewesen, entfährt es ihr mit einem Kräuseln um die Nase, komisch im Sinne von seltsam. Und klar: Die Pop-Prinzessin redet hier nicht bloß über Mette-Marit. Wie sie sich jetzt fühle? „So wahnsinnig verdammt anders.“ Eben. (…) Der Siegeszug der Lena Meyer-Landrut ist eine der erstaunlichsten und mit Sicherheit positivsten Geschichten, die das Castingshow-Zeitalter der letzten Jahre hervorgebracht hat. Sie selbst hat mehrfach daraufhin gewiesen, dass noch vor wenigen Monaten ihr Leben ganz normal war. Lena stand auf keiner Bühne. Dann entschied sie heimlich, sich für den Wettbewerb „Unser Star für Oslo“ zu melden, sie wurde unter mehr als 4000 Bewerbern angenommen und setzte sich durch. Was sie vor der Entdeckung tat und dachte, weiß man nicht. Was sie heute denkt und jenseits der Glitzerwelt tut, weiß man auch nicht. Es hat wohl noch nie einen Star gegeben, über den so wenig bekannt ist. Wer ihre Familie ist, wer ihre Freunde sind – unbekannt. Es gibt kein Bild der Mutter, der Diplomaten-Großvater hält sich zurück, der leibliche Vater wurde von „Bild“ entdeckt, er hat Lena seit 16 Jahren nicht gesehen. Lena wehrt wie ihr Beschützer Stefan Raab konsequent alle Fragen über ihr Privatleben ab. Auch Sonntagnacht wurde sie gefragt, ob sie einen Freund habe und ihm vielleicht den Erfolg widme? Fehlanzeige. „I don't talk about my private life.“ Die Wunschtochter des deutschen Bürgertums bleibt verschlossen; so verschlossen und zurückhaltend übrigens wie das echte Bürgertum des 19. Jahrhunderts, von dem die glühenden Neuverfechter kaum eine Ahnung haben, es ebenfalls war. Man spricht darüber nicht. (…) Auf ihrem Album sind genug Songs, um die Hitparaden Europas für eine Weile zu bestimmen. Doch die Popgeschichte ist angefüllt mit überforderten Musikern, die den Erfolg verkraften müssen und zu ihren eigenen Darstellern wurden. Wird sich Lena weiter verhüllen können und ihre Stärken ausspielen, ohne einzufrieren? Stefan Raab sagt dazu, man werde behutsam planen und sie beschützen. Er bittet um Nachsicht mit der Künstlerin. Lena selbst hat in den letzten Tagen immer wieder Zuflucht zur Musik gesucht, hat mehrfach mit Mentor Stefan Raab gesungen und witzige Einlagen aufgeführt. Das hat wunderbar funktioniert. Sie soll plappern, sie soll Lena sein. Doch es bleibt eine Wahrheit: Die 40 Meter in der Nacht von Oslo waren ein Klacks. „Love, oh love.“ Vorhang auf. |
Unser Mädchenvon Edo Reents, Frankfurter Allgemeine, 31. Mai 2010 Lenas Sieg zeigt Europa, dass es noch über eine andere gemeinsame Währung verfügt.
War wenigstens das Koketterie – als sie hinterher sagte, sie sei nicht stark genug, die Trophäe zu tragen? Der Sieg Lena Meyer-Landruts beim Eurovision Song Contest in Oslo ist schon insofern historisch, als er der erste deutsche seit achtundzwanzig Jahren ist. 1982 gewann, siebzehnjährig, in einem rührend biederen Kleid, mit Föhnwelle und akustischer Gitarre Nicole mit dem Lied „Ein bisschen Frieden“; dieses Mal eine neunzehnjährige Abiturientin, ebenfalls als Solistin, in einem auffallend schlichten schwarzen Kleid, mit fast noch ein wenig ungelenken Bewegungen und dem eher konventionellen Liebeslied „Satellite“. Wieder war es das Unschuldig-Unbedarfte, das sich durchsetzte gegen Abgebrühteres. Ist die Zeit denn stehen geblieben? Dieser Sieg, der trotz der enormen Aufmerksamkeit wie aus dem Nichts kommt und mit den Tennis-Erfolgen Boris Beckers und Steffi Grafs zu vergleichen ist, war wohl eher deswegen möglich, weil die Zeiten sich geändert haben; er birgt insofern auch eine äußerst ästhetische Dimension. Nach dem Ende der Sowjetunion suchten die ost- und südosteuropäischen Ländern, die mit Macht, Selbstbewusstsein und lustvoller Unverbrauchtheit in diesen Wettbewerb drängten, Anschluss an die Ästhetik westlicher Unterhaltungsmusik: Statt der traditionellen, steif-kontrollierten Anmutung gaben in den vergangen Jahren durchchoreographierte, extrovertierte, bisweilen auch ordinäre, aber insgesamt austauschbare Darbietungen den Ton an. Von dieser gleichsam internationalisierten, schnell verbrauchten Ästhetik hebt sich Lena Meyer-Landrut auffällig ab. Auf öffentlichen Bühnen gibt es nichts, was nicht inszeniert wäre; aber der Auftritt dieser unausgebildeten Sängerin ließ einen Willen zur Stilisierung kaum erkennen und käme insofern dem nahe, was wir unter einer natürlichen Ausstrahlung verstehen, die in Zeiten des Überdrusses an Konfektionsware einfach besser ankommt. Dabei wäre es verfehlt, hier eine besonders ausgeprägte individuelle Note zu wittern. Lena Meyer-Landrut wird vor allem für das bewundert, was nicht individuell an ihr ist: dass sie sich vernünftigerweise reifer, cooler gibt, als sie ist. In Übersee würde man sie ein „all American girl“ nennen; hier attestiert man ihr, zu Recht, die keineswegs sonderlich beflissene Nettigkeit und Natürlichkeit des Mädchens von nebenan, das auch unter größter Anspannung und Belagerung, aber vor allem auch im größten Triumph auf dem Teppich bleibt und niemanden provoziert. Das ungeachtet ihres attraktiven Äußeren Harmlos-Unverruchte wirkte auch deswegen so überzeugend, weil sich seine Präsentation keiner Absicht zu verdanken schien, die, bei einem Hintermann namens Stefan Raab, natürlich trotzdem dahinter steckte. Wenn also Lena Meyer-Landrut in der reduzierten, ganz auf sich allein gestellten und ohne Mätzchen auskommenden Darbietungsweise die Fortsetzung Nicoles mit anderen Mitteln ist, dann ist Stefan Raab der moderne Ralph Siegel, der seinerzeit Nicole betreute und ebenfalls das Maß aller Dinge war. Das ist deswegen verwunderlich, weil Raab es war, der mit seinen programmatisch gegen die alte Siegel-Ästhetik gerichteten Grand-Prix-Engagements für jene sogenannte Spaßgesellschaft stand, die der späten Kohl- und der Schröder-Ära als ein vom Boulevard und vom Privatfernsehen befeuerter Sittenverfall angekreidet wurde. Dass sich Raab, der vom in dieser Sache zunehmend ratlosen öffentlich-rechtlichen Fernsehen gleichsam als Retter an Bord geholt wurde, nach mehrmaligen musikalisch keineswegs minderwertigen Anläufen nun mit seinem Schützling durchgesetzt hat, sollte immerhin Anlass sein, ihm als einem von wenigen nicht nur die ohnehin vorhandene Professionalität, sondern auch künstlerisches Gespür und, im behütenden Umgang mit seiner Sängerin, Verantwortungsbewusstsein zuzugestehen. Denn unverkennbar mischte sich in die große Freude auch eine gewisse Bangigkeit – jeder weiß, unter welchem Druck zumal sehr junge Objekte einer solchen Aufmerksamkeit stehen. Was sagt dieser auch in der Punktzahl erstaunlich souveräne Sieg über unsere Zeit aus? Als Lena Meyer-Landrut im Mai 1991 geboren wurde, war Michail Gorbatschow Präsident der bald darauf endgültig kollabierenden Sowjetunion. Aus ihrer Heimatstadt Hannover schickten die Scorpions „Wind of Change“ um die Welt. Helmut Kohl betrieb mit noch einmal verstärkter Energie die europäische Einigung, deren Ergebnisse den damals Geborenen heute wie selbstverständlich erscheinen. Auch in diesem Lichte sind dieser so oft diskreditierte Liederwettbewerb und der überraschend deutsche Sieg Ereignisse als Bestätigung dafür, dass es in diesen Zeiten, die für die EU schwieriger denn je sind, einer europäischen Öffentlichkeit nicht nur möglich ist, sondern auch geboten erscheint, sich auf bemerkenswert faire, skandalfreie Weise über ästhetische Fragen zu verständigen, die in die Gesellschaft hineinwirken und nicht nur ein vordergründiges Interesse bedienen. Lena Meyer-Landruts Triumph von Oslo zeigt uns, wenn auch nur für einen Moment, dass es in Europa noch eine andere Währung gibt, auf die sich alle einigen können: die menschlich-künstlerische. |
56. Eurovision Song Contest - 14. Mai 2011 | |
---|---|
Halle | ESPRIT Arena |
Motto | Feel Your Heartbeat |
Moderation | Anke Engelke, Stefan Raab, Judith Rakers |
Pausen-Act | Jan Delay |
Wertung | Jury-/Televoting 50/50% |
Teilnehmer | 43 Länder (Finale 25 / Semifinale jeweils 19) |
| |
---|---|
Siegerland: Aserbaidschan | |
Interpreten: Ell & Nikki | |
Titel: "Running Scared" | |
Musik: Stefan Örn, Sandra Bjurman, |
© www.eurovision.tv
Finale -14. Mai 2011 | |||
---|---|---|---|
Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Aserbaidschan Ell & Nikki "Running Scared" | 221 | 19 |
2.![]() | Italien Raphael Gualazzi "Madness of Love" | 189 | 12 |
3.![]() | Schweden Eric Saade "Popular" | 185 | 7 |
4.![]() | Ukraine Mika Newton "Angel" | 159 | 23 |
5.![]() | Dänemark A Friend In London "A New Tomorrow" | 134 | 3 |
6.![]() | Bosnien & Herzegowina Dino Merlin "Love In Rewind" | 125 | 2 |
7.![]() | Griechenland Loucas Yiorkas feat. Stereo Mike "Watch My Dance" | 120 | 9 |
8.![]() | Irland Jedward "Lipstick" | 119 | 6 |
9.![]() | Georgien Endrine "One More Day" | 110 | 25 |
10.![]() | Deutschland Lena "Taken By a Stranger" | 107 | 16 |
11.![]() | Ver. Königreich Blue "I Can" | 100 | 14 |
12.![]() | Moldau Zdob şi Zdub "So Lucky" | 97 | 15 |
13.![]() | Slowenien Maja Keuc "No One" | 96 | 20 |
14.![]() | Serbien Nina "Čaroban" | 85 | 24 |
15.![]() | Frankreich Amaury Vassili "Sognu" | 82 | 11 |
16.![]() | Russland Alex Sparrow "Get You" | 77 | 10 |
17.![]() | Rumänien Hotel FM "Change" | 77 | 17 |
18.![]() | Österreich Nadine Beiler "The Secret Is Love" | 64 | 18 |
19.![]() | Litauen Evelina Sašenko "C'est ma vie" | 63 | 4 |
20.![]() | Island Sjonny's Friends "Coming Home" | 61 | 21 |
21.![]() | Finnland Paradise Oscar "Da Da Dam" | 57 | 1 |
22.![]() | Ungarn Kati Wolf "What About My Dreams?" | 53 | 5 |
23.![]() | Spanien Lucía Pérez "Que me quiten lo bailao" | 50 | 22 |
24.![]() | Estland Getter Jaani "Rockefeller Street" | 44 | 8 |
25.![]() | Schweiz Anna Rossinelli "In Love For a While" | 19 | 13 |
Semifinale 1 - 10. Mai 2011 | |||
---|---|---|---|
Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Griechenland | 133 | 19 |
2.![]() | Aserbaidschan | 122 | 18 |
3.![]() | Finnland | 103 | 10 |
4.![]() | Island | 100 | 14 |
5.![]() | Litauen | 81 | 17 |
6.![]() | Georgien | 74 | 9 |
7.![]() | Ungarn | 72 | 15 |
8.![]() | Serbien | 67 | 6 |
9.![]() | Russland | 64 | 7 |
10.![]() | Schweiz | 55 | 8 |
11.![]() | Malta Glen Vella "One Life" | 54 | 11 |
12.![]() | Armenien Emmy "Boom Boom" | 54 | 4 |
13.![]() | Türkei Yüksek Sadakat "Live It Up" | 47 | 5 |
14.![]() | Albanien Aurela Gaçe "Feel The Passion" | 47 | 3 |
15.![]() | Kroatien Daria "Celebrate" | 41 | 13 |
16.![]() | San Marino Senit "Stand By" | 34 | 12 |
17.![]() | Norwegen Stella Mwangi "Haba Haba" | 30 | 2 |
18.![]() | Portugal Homens Da Luta "Lute é alegria" | 22 | 16 |
19.![]() | Polen Magdalena Tul "Jestem" | 18 | 1 |
Semifinale 2 - 12. Mai 2011 | |||
1.![]() | Schweden | 155 | 8 |
2.![]() | Dänemark | 135 | 18 |
3.![]() | Slowenien | 112 | 13 |
4.![]() | Rumänien | 111 | 14 |
5.![]() | Bosnien & Herzegowina | 109 | 1 |
6.![]() | Ukraine | 83 | 6 |
7.![]() | Österreich | 69 | 2 |
8.![]() | Irland | 68 | 19 |
9.![]() | Estland | 60 | 15 |
10.![]() | Moldau | 54 | 7 |
11.![]() | Belgien Witloof Bay "With Love Baby" | 53 | 4 |
12.![]() | Bulgarien Poli Genova "Na inat" | 48 | 10 |
13.![]() | Slowakische Republik TWiiNS "I'm Still Alive" | 48 | 5 |
14.![]() | Belarus Anastasia Vinnikova "I Love Belarus" | 45 | 16 |
15.![]() | Israel Dana International "Ding Dong" | 38 | 12 |
16.![]() | EJR Mazedonien Vlatko Ilievski "Rusinka" | 36 | 11 |
17.![]() | Lettland Musiqq "Angel In Disguise" | 25 | 17 |
18.![]() | Zypern Christos Mylordos "San aggelos s'agapisas" | 16 | 9 |
19![]() | Niederlande 3Js "Never Alone" | 13 | 3 |
Nach dem Sieg Lenas war Deutschland Gastgeber des 56. ESC. Nachdem sich insgesamt vier Städte (Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover) um die Austragung beworben hatten, bekam letztlich die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt den Zuschlag.
© Stadt Düsseldorf
Dort wurde der ESC in der ESPRIT - ARENA ausgetragen. Hier haben u.a. schon Konzerte von Madonna und Herbert Grönemeyer stattgefunden. Die Halle hatte bei einem Bühnenaufbau lt. Angaben des NDR beim ESC ca. 36.000 Plätze. Für das Finale am 14. Mai und das Jury-Finale am 13. Mai wurden insgesamt rund 64.000 Karten vergeben. Das ist absoluter Rekord!
Deutschland wurde in Düsseldorf wieder von Lena vertreten, der deutsche Beitrag wurde in einer dreiteiligen TV-Show unter dem Titel "Unser Song für Deutschland" ab 31. Januar 2011 gesucht.
Insgesamt 43 Länder nahmen am ESC in Düsseldorf teil, das war der gleiche Rekord wie in Belgrad 2008.
Am 02.12.2011 wurde offiziell bekannt gegeben, dass Italien nach 13 Jahren Abwesenheit in Düsseldorf wieder dabei sein werde! Damit wurden aus den sog. "Big 4" die "Big 5" mit garantiertem Startplatz im Finale! San Marino nahm ebenfalls wieder teili, ebenso Ungarn. Österreich kehrte zurück, Andorra blieb aus finanziellen Gründen wiederum fern, ebenso Montenegro.
© ECG e. V.
Es gab - wie in Oslo - auch in Düsseldorf ein Moderatoren-Trio:
Anke Engelke, Judith Rakers und Stefan Raab
Die Rollen waren klar verteilt: Anfangsmoderation von allen dreien mit "Satellite" in ihrer eigenen wittzigen Version, wechselnde Roben der Damen, häufgie Frotzeleien zwischen Anke und Stefan, Anke dabei eindeutig in der komödiantischen Rolle, Judith hauptsächlich als rasende Reporterin im Green Room (der sich hinter der Bühne befand und später wie auf Knopfdruck geöffnet wurde, indem die LED-Wände sich teilten). Dazu gab es in beiden Semifinales Einspieler mit Anke und Stefan: So ließen die beiden beim Willkommensempfang alle Teilnehmer das deutsche Volkslied "Mein Vater war ein Wandersmann" intonieren und es gab ein witziges Medley aus ESC- und Nicht-ESC-Klassikern. Bemerkenswert auch der Moment, als Stefan sich Anke über die Schulter legte, damit sie mit ihren Schuhen die Treppe hochkam, und Anke hängend munter weiter moderierte.
© NDR
Anke Engelke, 1965 in Montreal/Kanada geboren, begann ihre Karriere als Kinderstar Ende der 70er Jahre. Mit der „Sat.1-Wochenshow“ (1996-2000) und „Ladykracher“ (Sat.1 2002) etablierte sie sich als feste TV-Größe und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. 1999 den Grimme-Preis „Spezial“. Als Moderatorin u.a. des Europäischen Filmpreises hat sie diesbzgl. internationale Erfahrung.
Judith Rakers, 1976 in Paderborn geboren, ist seit 2005 Sprecherin der "Tagesschau" und seit September 2010 Co-Moderatorin der Talk-Show "3 nach 9".
Stefan Raab, 1966 in Köln geboren, ist der wohl erfolgreichste und innovativste deutsche TV-Moderator, mehrfacher Teilnehmer beim ESC in unterschiedlichen Funktionen sowie Mentor von Lena. Für das Format "Unser Star für Oslo" erhielt er 2010 den Deutschen Fernsehpreis.
© www.eurovision.tv
Das Motto des ESC in Düsseldorf lautete: "FEEL YOUR HEART BEAT" und das Logo dazu zeigt ein pulsierendes Herz aus Lichtstrahlen.
Dieses Motto "nimmt die großen Gefühle auf, die Musik hervorrufen kann - und die typisch sind für den Eurovision Song Contest: Begeisterung, Herzklopfen, Mitfiebern, Liebe, Leidenschaft. Diese Gefühle kennen keine Grenzen oder Sprachbarrieren. Gleichzeitig hat jedes einzelne Lied seinen Rhythmus - auch das wird im Motto aufgefangen. Ein Herz dient passend zum Motto als Hauptmerkmal für den Eurovision Song Contest in Düsseldorf - ein internationales Symbol, das alle kennen. Die Anregung für diese Idee kommt vom ESC-Finale im vergangenen Jahr in Oslo: Lena formte im Live-Gespräch mit Moderator Erik Solbakken aus ihren Fingern ein Herz als Dank an alle, von denen sie schon Punkte bekommen hatte. Die Geste wurde während der weiteren Punktevergabe von zahlreichen Ländervertretern wiederholt. Das Herz wird in den ESC-Shows 2011 animiert eingesetzt. Es besteht aus farbigen Lichtstrahlen, die leuchten und pulsieren. Die Lichtstrahlen haben mehrere Funktionen: Sie verbinden Länder, Menschen und Lieder und können in unterschiedlichen Farbkonstellationen Länderfahnen abstrakt darstellen" (Pressemeldung des NDR). Entworfen wurde die Bildwelt für den ESC 2011 von der Agentur Turquoise in London.
© Eurovision Club Germany e. V.
Am 17. Januar 2011 fand in Düsseldorf die Auslosung der einzelnen Länder auf die Semifinale statt. In den beiden Semifinale traten je 19 Länder an, jeweils 10 qualifizierten sich für das Finale, in dem die "BIG 5", Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und das Ver. Königreich automatisch gesetzt waren.
Wie in den vergangenen Jahren gab es mehrere "Töpfe" von Ländern, in denen die Länder zusammengefasst wurden, die am ehesten für das sog. Nachbarschaftsvoting in Frage kommen. So will man verhindern, dass zu viele dieser Länder im gleichen Semifinale antreten. Es wurde auch ausgelost, in welcher Hälfte des Semifinales die einzelnen Länder jeweils antraten, damit die einzelnen Delegationen schon frühzeitig ihre Probentermine einplanen konnten. Außerdem wurde festgelegt, in welchen Semifinalen die BIG 5 werten sollten. Israel wurde von der Auslosung ausgenommen und direkt für das 2. Semifinale gesetzt wegen eines nationalen Feiertages am 10. Mai. Deutschland wertete im 2. Semifinale, weil dieses in der ARD übertragen wurde. Grundsätzlich sind die BIG 5 nur verpflichtet, die jeweiligen Semifinale auch live auszustrahlen, in denen sie werten.
Düsseldorf? Nach 28 Jahren kam der Eurovision Song Contest endlich wieder nach Deutschland, und er fand statt in: Düsseldorf. Die ARD hatte die Veranstaltung ausgeschrieben, und Düsseldorf bekam den Zuschlag vor Berlin, Hamburg und Hannover. Wichtigstes Argument war die ESPRIT-Arena, eine relativ neue Multifunktionsarena, die sich für die Ausrichtung des ESC 2011 als ideal erweisen sollte.
Dennoch gab es zunächst überwiegend Häme von allen Seiten, vor allem seitens der Mitbewerber-Städte, und auch die Presse tutete gern ins selbe Horn. Um es ganz klar zu sagen – Düsseldorf hätte selbst mit Feldern, auf denen Blumen aus Gold wachsen und die jeder hätte nach Belieben mitnehmen dürfen, nicht punkten können bei all den vorgefertigten Meinungen über die Stadt, die interessanterweise die meisten, die über sie schrieben, nie besucht hatten.
Ein häufiges Wort, das man lesen konnte, war „Provinz“ und damit verbunden „Provinzialität“, was ja auch so viel bedeutet wie hinterwäldlerisch, nicht offen und unmodern. Jedoch hätte jeder, auch der Düsseldorf-Verächter, in den zwei Wochen vom 1. bis zum 14. Mai feststellen müssen, dass sich die Stadt vorbildlich auf den ESC vorbereitet hatte, sowohl in Bezug auf das sog. "City Dressing" als auch das äußerst bunte und reichhaltige Rahmenprogramm, bei dem wirklich jeder etwas für sich finden konnte, wenn er denn gewollt hätte.
Der Eurovision Club Germany e. V. mit seinem Vereinssitz in Düsseldorf konnte hier eine Menge zum Erfolg beitragen. Glücklicherweise wurden wir in die Planungen seitens der Stadtverwaltung von Anfang an mit einbezogen, und wir konnten einige eigene Projekte erfolgreich verwirklichen: Die Altstadt hielt neben dem von den deutschen Fanclubs betreuten Eurocafé z. B. mit der Kneipe „Knoten“ eine richtige Düsseldorfer Altstadtkneipe für Fans bereit, die zwei Wochen lang nur Eurovisionsmusik spielte und sich äußerster Beliebtheit erfreute.
© EVENTqube
Am Abend des Juryfinales waren wir Mitveranstalter des "EuroBoat", eines ESC-Disco-Schiffes, auf dem an die 1000 ESC-Fans aus aller Herren Länder zu ESC-Musik feiern konnten, während die "MS Rheinfantasie" u.a. am malerischen Altstadtpanorama entlangfuhr. Gastauftritte von Nicki French (GB 2000), Igor Cukrov (HR 2009) und WIND (DE 1985,1987,1992) rundeten dieses grandiose Event ab. Und auch an der Planung der "Grand Prix Classics", einem ESC - Konzert in der Düsseldorfer Tonhalle mit Ingrid Peters, Mary Roos, Katja Ebstein, Guildo Horn u.a. war der ECG beteiligt.
Und dann war da ja noch etwas, um das man einfach nicht herumkam: Die ESPRIT-Arena. Gigantisch von der Größe her mit ihren 36.000 Sitzplätzen, mit der Rheinbahn in wenigen Minuten von der Innenstadt aus bequem zu erreichen und mit einer traumhaften Bühne, LED-Wand, dahinter verborgenem Green Room, Scheinwerfern in der ganzen Halle und einer unglaublich guten Akustik ausgestattet. Man hätte lange suchen müssen, um anderenorts so etwas zu finden. Praktisch war dann auch die der Arena benachbarte Leichtathletikhalle, die in ein Pressezentrum umgewandelt wurde von einer Größe, wie es der ESC noch nicht gesehen hat mit einer wunderbaren Atmosphäre der Höflichkeit und Freundlichkeit sowohl von den Security-Leuten als auch von den unzähligen immer bereiten Volontären.
Es hat sich eine deutsche Stadt so präsentiert, wie man sich das wünscht als Fan dieses Events. Und alle sind mitgezogen. Die Berichterstattung in den Tageszeitungen, vor allem in der Rheinischen Post, war ausführlich, wartete z. T. sogar täglich mit Sonderseiten auf, das Fernsehen war präsent wie nie, die Halle trotz der immensen Größe ein Glücksgriff, die Bühne war live wie im Fernsehen ein Knaller, die Akustik war sowohl in der Halle als auch an den Bildschirmen sehr gut, die sogenannten Postkarten vor den einzelnen Beiträgen waren originell und das Publikum in Düsseldorf sorgte auch jenseits der vorderen Blöcke, in denen traditionsgemäß die Fanclubs mit ihren Fahnen sitzen, für eine unvergessliche Atmosphäre. Das konnte sich alles wirklich sehen lassen – vermutlich wird man diesen ESC sogar länger im Gedächtnis behalten als so manchen anderen.
Das mag evtl. auch an dem ungewöhnlichen Moderatoren-Trio Anke Engel, Judith Rakers und Stefan Raab gelegen haben. Man hätte die drei zugegebenermaßen nicht besser einsetzen können. Stefan Raab zeigte sich bei den Moderationen locker und sicher, zudem wurde sein großes Talent in den Einspielern deutlich, als er zum Beispiel im 1. Semifinale mit Anke Engelke auf dem Bürgermeister-Empfang sämtliche Künstler des ESC 2011 „Mein Vater war ein Wandersmann“ einstudieren ließ. Noch besser das Medley aus ESC- bzw. Nicht-ESC-Melodien im 2. Semi – ebenfalls mit Anke Engelke, die auch hier ihr Comedy-Talent bewies. Bemerkenswert auch der Moment, als Raab sie sich Anke über die Schulter legte, damit sie in ihrem Kleid und den Schuhen die Treppe hoch kam, und sie über der Schultern hängend munter weiter moderierte. Während Anke Engelke im Finale eindeutig nicht mehr ganz so lustig war wie in den Semifinalen und offensichtlich der großen Final-Show mehr Seriosität entgegenbringen musste oder wollte, hatte Stefan Raab seinen ganz großen Moment.
Der Opener mit der Big-Band-Version von "Satellite" und Lena mit ihren 42 Doubles - eingeleitet durch Anke Engelke mit in Raabs Gesicht wedelndem Pferdeschwanz und Judith Raakers (in Lena-Englisch „I wore it just the other DAAII“) war ein Knaller: Was für ein Auftakt!!!
Vermutlich wird sich das Vorurteil, Deutsche seien nicht lustig, ein wenig verflüchtigt haben bei unseren Nachbarn und anderen europäischen oder vorderasiatischen Mitmenschen, jedenfalls setzten sich die Moderatoren wohltuend von den doch sehr braven und biederen der letzten Jahre deutlich ab und werden in guter Erinnerung bleiben. Danke, Deutschland, Danke, Düsseldorf!
Und musikalisch? Die größte Überraschung war sicher der äußerst gelungene Einstand Italiens bei seiner ersten Wiederteilnahme seit 1997: Auf Anhieb erreichte Raphael Gualazzi den zweiten Platz! Demgegenüber stürtzten vorherige Favoriten wie Frankreich und der Fanfavorit Ungarn ziemlich ab, und auch die irischen Jedward-Zwillinge konnten mit dem achten Platz die in sie gesteckten Erwartungen nicht ganz erfüllen, genau so wie die britische Boygroup Blue, die sich mit einem für die britische Insel sicher enttäuschenden 11. Platz begnügen musste.
ESC-Siegerin Dana International schaffte es für Israel nicht einmal ins Finale, ebenso wie Poli Genova für Bulgarien, das erreichte sie erst bei ihrer zweiten Teilnahme 2016. Ihren zweiten Anlauf machten nach 2005 Zdob şi Zdub aus Moldau, und wieder erreichten sie das Finale und dort den zehnten Platz.
Auch für Dino Merlin aus Bosnien & Herzegowina war es nach 1999 der zweite Anlauf, und er erreichte einen hervorragenden sechsten Platz. Für Island traten nach dem plötzlichen Tod von Sjonny Brink seine Freuden als "Sjonny's Friends" an: Platz 20. Zwei Plätze schlechter endete der große Fanfavorit, die Ungarin Kati Wolf mit "What About My Dreams?". Mika Newton hat ihren vierten Platz für die Ukraine wohl eher der mitgebrachten Sandmalerin zu verdanken.
Vorjahressiegerin Lena gelang das großmundig verkündete Ziel der Titelverteidigung nicht, sie erreichte einen zufriedenstellenden zehnten Platz. Den Sieger Aserbaidschan hatten im Vorfeld wohl die wenigstens vorhergesagt.
Zur deutschen ESC-Jury gehörten in diesem Jahr Entertainerin Ina Müller, Juli-Sängerin Eva Briegel, Alina Süggeler, Sängerin der Newcomerband Frida Gold, ECHO-Produzent Gerd Gebhardt und Edi van Beek, Musikchef von BAYERN 3. Die Jurys gsben ihre Bewertung jeweils nach der Generalprobe am Vorabend jeder Show ab. Deutschland war beim zweiten Halbfinale am 12. Mai stimmberechtigt. Daher vergab die Jury um Ina Müller ihre erste Wertung am Mittwochabend und entschied mit darüber, welche weiteren zehn Halbfinalisten in das Finale am 14. Mai einzogen. Am Freitagabend beim sogenannten Juryfinale bewerteten die fünf Musikexperten dann die 24 Songs, die neben Lenas "Taken by a stranger" beim Finale des Eurovision Song Contests 2011 in Düsseldorf zur Wahl standen. Die Präsidentin der Jury Ina Müller verkündete das deutsche Votum live von der Reeperbahn in Hamburg im Finale des ESC.
Erstmals wurden alle 3 Shows im deutschen Fernsehen bundesweit live übertragen: Das 1. Semifinale am Dienstag, dem 10. Mai, zeigte PRO SIEBEN, das 2. Semifinale Donnerstag, dem 12. Mai und das Finale am 14. Mai 2011 wurde von der ARD übertragen.
In der ESC-Woche änderte die ARD ihr normales Vorabendprogramm aussetzen zugunsten einer tgl. Live-Berichterstattung aus der ESPRIT-Arena von Montag bis Freitag ab 18.50 Uhr.
Der ESC in Düsseldorf wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis und der Goldenen Rose von Montreux für den besten Live-Event ausgezeichnet.
1. Paradise Oscar "Da Da Dam" | ![]() | M. & T.: |
2. Dino Merlin "Love In Rewind" | ![]() | M. & T.: |
3. A Friend In London ”New Tomorrow" | ![]() | M. & T.: |
4. Evelina Sašenko "C'est ma vie" | ![]() | M.: Paulius Zdanavicius |
5.
"What About My | ![]() | M.: Viktor Rakonczai, |
6. Jedward "Lipstick" | ![]() | M. & T.: |
7. Eric Saade "Popular" | ![]() | M. & T.: |
8. Getter Jaani "Rockefeller Street" | ![]() | M. & T.: |
9. Loucas Yiorkas feat. "Watch My Dance" | ![]() | M.: Giannis |
10. Alex Sparrow "Get You" | ![]() | M. & T: |
11. Amaury Vassili "Sognu" | ![]() | M.: Daniel Moyne, |
12. Raphael Gualazzi "Madness of Love" | ![]() | M. & T.: |
13. Anna Rossinelli "In Love For a While" | ![]() | M. & T.: |
14. Blue "I Can" | ![]() | M. & T.: |
15. Zdob şi Zdub "So Lucky" | ![]() | M.: Mihai Gincu, |
16. Lena "Taken By a Stranger" | ![]() | M. & T.: |
17. Hotel FM "Change" | ![]() | M.: Gabriel Baruta |
18. Nadine Beiler "The Secret Is Love" | ![]() | M.: Thomas Rabitsch |
19. Ell & Nikki "Running Scared" | ![]() | M.: Stefan Örn, |
20.
"No One" | ![]() | M.: Matjaz Vlasić |
21. Sjonny's Friends "Coming Home" | ![]() | M.: Sjonni Brink |
22. Lucía Pérez "Que me quiten lo bailao" | ![]() | M. & T.: |
23. Mika Newton "Angel" | ![]() | M.: Ruslan Kvinta |
24. Nina "Čaroban" | ![]() | M. & T.: |
25. Eldrine "One More Day" | ![]() | M.: DJ BE$$ |
1. Magdalena Tul "Jestem" | ![]() |
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2. Stella Mwangi "Haba Haba" | ![]() | M.: Big City/Beyond51 |
3. Aurela Gaçe ”Feel The Passion" | ![]() | M.: Shpetim Saraci |
4. Emmy "Boom Boom" | ![]() | M.: Hayk Harutyunyan, |
5.
"Live It Up" | ![]() | M.: Kutlu Özmakinaci |
6. Nina "Čaroban" | ![]() | M. & T.: |
7. Alex Sparrow "Get You" | ![]() | M. & T: |
8.
Anna Rossinelli "In Love For a While" | ![]() | M. & T.: |
9.
Eldrine "One More Day" | ![]() | M.: DJ BE$$ |
10. Paradise Oscar "Da Da Dam" | ![]() | M. & T.: |
11. Glen Vella "One Life" | ![]() | M.: Paul Giordimaina |
12. Senit "Stand By" | ![]() | M. & T.: |
13. Daria "Celebrate" | ![]() | M.: Boris Djurdjević |
14. Sjonny's Friends "Coming Home" | ![]() | M.: Sjonni Brink |
15. Kati Wolf "What About My | ![]() | M.: Viktor Rakonczai, |
16. Homens Da Luta "Luta é alegria" | ![]() | M.: Vasco Duarte |
17. Evelina Sašenko "C'est ma vie" | ![]() | M.: Paulius Zdanavicius |
18.
Ell & Nikki "Running Scared" | ![]() | M.: Stefan Örn, |
19. Loucas Yiorkas feat. | ![]() | M.: Giannis |
1. Dino Merlin "Love In Rewind" | ![]() |
|
2. Nadine Beiler "The Secret Is Love" | ![]() | M.: Thomas Rabitsch |
3. 3Js "Never Alone" | ![]() | M. & T.: |
4. Witloof Bay "With Love Baby" | ![]() | M. & T.: |
5.
"I'm Still Alive" | ![]() | M. & T.: |
6. Mika Newton "Angel" | ![]() | M.: Ruslan Kvinta |
7. Zdob şi Zdub "So Lucky" | ![]() | M.: Mihai Gincu, |
8.
Eric Saade "Popular" | ![]() | M. & T.: |
9.
Christos Mylordos "San aggelos | ![]() | M.: Andreas Anastasiou |
10. Poli Genova "Na inat" | ![]() | M. & T.: |
11. Vlatko Ilievski "Rusinka" | ![]() | M.: Grigor Koprov, |
12. Dana International "Ding Dong" | ![]() | M. & T.: |
13. Maja Keuc "No One" | ![]() | M.: Matjaz Vlasić |
14. Hotel FM "Change" | ![]() | M.: Gabriel Baruta |
15. Getter Jaani "Rockefeller Street" | ![]() | M. & T.: |
16. Anastasia Vinnikova "I Love Belarus" | ![]() | M.: Evgeny Oleynik |
17. Musiqq "Angel In Disguise" | ![]() | M. & T.: |
18.
A Friend In London "New Tomorrow" | ![]() | M. & T.: |
19. Jedward "Lipstick" | ![]() | M. & T.: |
(Fotos der Teilnehmertabellen: © EBU / eurovision.tv.)
© ECG e. V.
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© ECG e. V.
Grand-Prix-Gastgeber Deutschland sagt: „Danke, Anke!“ von Hans-Peter Siebenhaar, Handelsblatt, 16.Mai 2011
Düsseldorf? Nach 28 Jahren kam der Eurovision Song Contest endlich wieder nach Deutschland, und er fand statt in: Düsseldorf. Die ARD hatte die Veranstaltung ausgeschrieben, und Düsseldorf bekam den Zuschlag vor Berlin, Hamburg und Hannover. Wichtigstes Argument war die ESPRIT-Arena, eine relativ neue Multifunktionsarena, die sich für die Ausrichtung des ESC 2011 als ideal erweisen sollte. Dennoch gab es zunächst überwiegend Häme von allen Seiten, vor allem seitens der Mitbewerber-Städte, und auch die Presse tutete gern ins selbe Horn. Um es ganz klar zu sagen – Düsseldorf hätte selbst mit Feldern, auf denen Blumen aus Gold wachsen und die jeder hätte nach Belieben mitnehmen dürfen, nicht punkten können bei all den vorgefertigten Meinungen über die Stadt, die interessanterweise die meisten, die über sie schrieben, nie besucht hatten. Als am Samstagabend pünktlich um 21 Uhr in der Düsseldorf Arena mit einer opulenten Lichtshow der Eurovision Song Contest begann, war Entertainer Stefan Raab sichtlich nervös. Kein Wunder, denn der Entertainer steht mit der englischen Sprache traditionell auf Kriegsfuß. Seine multilinguale Co-Moderatorin Anke Engelke – zum Auftakt im knallroten, trägerlosen Abendkleid – hatte hingegen ihren großen Auftritt. Die in Montreal geborene Tochter eines Lufthansa-Managers parlierte in Englisch und Französisch, als seien es ihre Muttersprachen, und war dabei noch schlagfertig. Mit ihrem natürlichen Witz prägte die „Ladykracher“-Erfinderin, die einst als Elfjährige von Radio Luxemburg (Anm.: Ebenso wie Désirée Nosbusch, Moderatorin von 1984) entdeckt worden war, die größte Unterhaltungsshow Europas. Der Abend, an dem Lena sich mit einem Platz zehn zufriedengeben musste, wurde zu ihrem Tag. Ohne ihr Showtalent wäre selbst Grand-Prix-Übervater Raab nur die Hälfte wert gewesen. Das Duo, das sich seit Jahren durch die intensive Zusammenarbeit bei der Kölner TV-Produktionsfirma Brainpool kennt, spielte sich mit Leichtigkeit die Bälle zu und integrierte auch noch die Co-Moderatorin, Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers. Der Abend machte die 45-jährige Engelke, die einst Lehrerin werden wollte und Pädagogik studierte, zum europaweiten Star. Die zugeschalteten Jurymitglieder zwischen Lissabon und Baku wurden nicht müde, die wunderbare Show zu loben (Anm.: Naja, was die Jurysprecher halt jedes Jahr ausgiebig und rein oberflächlich tun!). Und das Gastgeberland? Deutschland sagt: „Danke Anke!“ |
Twelve Points für Düsseldorf von Ken Chowanetz, Wiesbadener Kurier, 16. Mai 2011
Das muss wohl so sein in Deutschland: Steht die Aufgabe an, eine international Großveranstaltung zu stemmen, wird erst einmal alles und jeder in Grund und Boden kritisiert. Untauglich sei das provinzielle Düsseldorf (die Stadt hat 586000 Einwohner!), den Eurovision Song Contest auszurichten, kalt und emotionslos werde trotz des Slogans „Fühle Dein Herz schlagen“ die Mega-Fernsehshow in einem umgebauten Fußballstadion geraten, die Moderatoren Anke Engelke, Stefan Raab und Judith Rakers würden Deutschland blamieren. Und nun das: Der federführende NDR lieferte eine Musikparty der Superlative ab, Düsseldorf erwies sich als eine von A bis Z liebenswerte Stadt mit Bewohnern, die sich nach Startschwierigkeiten sehr wohl für das Mega-Ereignis begeistern konnten. Die italienischen Punktevergeberin brachte es auf den Punkt: Die Show sei voller Technik, aber auch voller Seele gewesen. Für den nächsten ESC-Ausrichter Baku ist die Messlatte sehr, sehr hoch gelegt. |
Psychedelischer Pomp von Hans Hoff, Süddeutsche Zeitung, 16. Mai 2011 Aserbaidschan hin oder her – diesmal war der Eurovision Song Contest vor allem ein schwindelerregendes, optisches Gesamtkunstwerk
Und plötzlich ist der Wahn vorbei. Um 0.17 Uhr am Sonntagmorgen steht es schon fest. Obwohl noch zwei Länder abstimmen müssen, ist Aserbaidschan der Sieg beim Eurovision Song Contest (ESC) nicht mehr zu nehmen. Fünf Minuten später ist es amtlich. Alle 43 Länder haben abgestimmt und dem Duo Ell & Nikki 221 Punkte gegeben. Der zugehörige Titel heißt „Running scared“ und klingt nach dem aus früheren ESC-Jahren bekannten und eigentlich längst überwunden geglaubten Grabbeltisch-Pop. Um 0.23 Uhr übergibt die Vorjahressiegerin Lena auf der Bühne in Düsseldorf ihre Trophäe an die Nachfolger. Ihr Titel ist nun futsch. „Taken by a stranger“ sozusagen. Schwülstige Fremdlinge haben ihn nach Vorderasien geholt. Viel östlicher geht es nicht in der den ESC ausrichtenden Sendergemeinschaft European Broadcasting Union. „We are waiting for you in Baku“, brüllt ein Delegationsmitglied euphorisch in ein Mikrofon. Eine Einladung soll das sein in die Hauptstadt am Kaspischen Meer. Ein Meer aus weggeworfenen Glasflaschen ist um halb zwei in der Nacht am Johannes-Rau-Platz zu bestaunen. Hier, am Düsseldorfer Rheinufer, fand das Rudelgucken statt. Die Massen sind längst abgezogen. Nur einige wenige Betrunkene torkeln noch grölend herum, bevor auch sie heimwärts streben. Wahrscheinlich werden sie bald mal googlen, wie tief im Osten denn dieses komische Land liegt, das fast von überall ordentlich Punkte zugesprochen bekam, also nicht nur von den hierzulande traditionell unter dem Generalverdacht der Mauschelei stehenden osteuropäischen Nachbarn. Natürlich gab es erneut viel Nachbarschaftshilfe. Wer allerdings wieder die Verschwörungsfolklore von der Abstimmungsmafia Abteilung Ost anstimmen möchte, der sei nur auf ein heimisches Beispiel verwiesen. Deutschland heimste zehn Punkte aus Österreich ein, dafür bekam Österreich glatte zwölf Punkte zurück. Auf die Höchstwertung Douze Points kam Lena mit ihren Silberfischen nicht ein einziges Mal. Mit gerade mal 107 Punkten wurde sie Zehnte in einem Feld von 25 und erreichte damit so gerade noch das von ihr selbst gesteckte Klassenziel. „Top Ten wäre schön“, hatte sie vorher gesagt und damit den Erwartungsrahmen bewusst weit gesteckt. Im Fernsehinterview redet Lena nach der großen Show wie ein Politiker nach einer Wahl. „Es geht mir phantastisch“, sagt sie. Sie sei zufrieden und superhappy. Was man halt als Medienprofi so sagt, wenn man es gerade vor 13,83 Millionen Zuschauern nur mit Ach und Krach über die Fünfprozenthürde geschafft hat und erkennen muss, dass man mit Unterkühltheit beim traditionell auf Gefühlsbombast angelegten ESC kaum weit kommt. Im Prinzip geht es Lena ein bisschen wie der allerersten Siegerin dieses Wettbewerbs. Lys Assia hatte für die Schweiz 1956 den ersten Platz geholt und trat im Folgejahr noch einmal an. Da aber reichte es nur für einen bescheidenen achten Rang, allerdings bei lediglich zehn Teilnehmern. Dass Lenas Mentor Stefan Raab, der die Titelverteidigung relativ großmäulig vorangetrieben hat, kaum den offensiven Ton wechseln wird, liegt in der Natur seiner Person. Richtig zufrieden sein kann er allerdings nur mit der eigenen musikalischen Leistung. Zum Start hatte er als Moderator verkündet, dass es üblich sei, den Vorjahressieger noch einmal den Gewinnertitel singen zu lassen. Das aber sei in diesem Jahr schwierig, merkte er an, da Lena sich auf ihren aktuellen Beitrag konzentrieren müsse. Raab schlug dann vor, den Song selbst zu interpretieren. Also griff er zur Gitarre und legte mit einer wie aus dem Nichts auf die Bühne gezauberten Band eine absolut mitreißende Rockabilly-Version von „Satellite“ hin. Hätte man auch für die abstimmen können, wäre es für Aserbaidschan womöglich noch eng geworden. Eng wird es auch auf den Straßen, die von der Arena wegführen. Über 36000 Zuschauer waren in der Halle, und nicht wenige stehen noch lange im Stau, weil die Stadt Düsseldorf wegen der ESC-Aftershow-Party einen der wichtigsten Abflusswege auf eine Spur verengt. Wen interessiert schon das zahlende Volk, wenn so die VIPs bequemer zum roten Teppich kommen? Kein Vergleich mit der logistischen Meisterleistung, die in der Arena über die Bühne ging. Aufbau und Abbau in Windeseile, dazu die großartigen Bilder auf der LED-Wand, alles hat an diesem Abend funktioniert. Groß geplant, groß gespielt, groß gewonnen. Ein bisschen dürfen sich die Organisatoren wie Aserbaidschan oder das mit einer Jazz-Nummer auf Platz zwei gelangte Italien fühlen: als Gewinner. Ganz im Gegensatz zu Düsseldorf, das beim Stau nach Mitternacht einmal mehr seine zwischen Protz und Provinz oszillierende Einstellung offenbart. Das Ländliche war vor allem am Samstag zu spüren, als die örtlichen Schützenvereine stramm ins ESC-Beiprogramm einmarschierten. Viel Pseudomilitärisches gab es da zu bestaunen, viel Rumtata zu hören. So viel, dass dagegen der aserbaidschanische Schwulst-Pop-Beitrag fast schon wieder sympathisch anmutet. Ernste Herren in Uniform und Reih und Glied machten in Düsseldorf deutlich, dass man nach wie vor nicht unbedingt falsch liegt, wenn man den Stadtnamen auf der dritten Silbe betont. Schlimmer kann es in Baku kaum werden. |
57. Eurovision Song Contest - 26. Mai 2012 | |
---|---|
Halle | Crystal Hall |
Motto | Light Your Fire |
Moderation | Leyla Aliyeva, Eldar Gasimov & Nargiz Birk-Petersen |
Pausen-Act | Emin |
Wertung | Jury-/Televoting 50/50% |
Teilnehmer | 42 Länder (Finale 26 / Semifinale jeweils 18) |
| |
---|---|
Siegerland: Schweden | |
Interpretin: Loreen | |
Titel: "Euphoria" | |
Musik & Text: Thomas G:son & Peter Boström |
© Andres Putting, EBU
Finale - 26. Mai 2012 | |||
---|---|---|---|
Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Schweden Loreen "Euphoria" | 372 | 17 |
2.![]() | Russland Buranovskiye Babushki "Party For Everybody" | 259 | 6 |
3.![]() | Serbien Željko Joksimović "Nije ljubav stvar" | 214 | 24 |
4.![]() | Aserbaidschan Sabina Babayeva "When The Music Dies" | 150 | 13 |
5.![]() | Albanien Rona Nishliu "Suus" | 146 | 3 |
6.![]() | Estland Ott Lepland "Kuula" | 120 | 11 |
7.![]() | Türkei Can Bonomo "Watch My Dance" | 112 | 18 |
8.![]() | Deutschland Roman Lob "Standing Still" | 110 | 20 |
9.![]() | Italien Nina Zilli "L'amore è femmina (Out Of Love)" | 101 | 10 |
10.![]() | Spanien Pastora Soler "Quédate conmigo" | 97 | 19 |
11.![]() | Moldau Pasha Parfeny "Lăutar" | 81 | 26 |
12.![]() | Rumänien Mandinga "Zaleilah" | 71 | 14 |
13.![]() | EJR Mazedonien Kaliopi "Crno i belo" | 71 | 22 |
14.![]() | Litauen Donny Montell "Love Is Blind" | 70 | 4 |
15.![]() | Ukraine Gaitana "Be My Guest" | 65 | 25 |
16.![]() | Zypern Ivi Adamou "La La Love" | 65 | 8 |
17.![]() | Griechenland Eleftheria Eleftheriou "Aphrodisiac" | 64 | 16 |
18.![]() | Bosnien & Herzegowina Maya Sar "Korake ti znam" | 55 | 5 |
19.![]() | Irland Jedward "Waterline" | 46 | 23 |
20.![]() | Island Gréta Salóme & Jónsi "Never Forget" | 46 | 7 |
21.![]() | Malta Kurt Calleja "This Is The Night" | 41 | 21 |
22.![]() | Frankreich Anggun "Echo (You & I)" | 21 | 9 |
23.![]() | Dänemark Soluna Samay "Should Have Known Better" | 21 | 15 |
24.![]() | Ungarn Compact Disco "The Sound of Our Hearts" | 19 | 2 |
25.![]() | Ver. Königreich Engelbert Humperdinck "Love Will Set You Free" | 12 | 1 |
26.![]() | Norwegen Tooji "Stay" | 7 | 12 |
Semifinale 1 - 22. Mai 2012 | |||
---|---|---|---|
Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Russland | 152 | 14 |
2.![]() | Albanien | 146 | 5 |
3.![]() | Rumänien | 120 | 6 |
4.![]() | Griechenland | 116 | 3 |
5.![]() | Moldau | 100 | 17 |
6.![]() | Irland | 92 | 18 |
7.![]() | Zypern | 91 | 12 |
8.![]() | Island | 75 | 2 |
9.![]() | Dänemark | 63 | 13 |
10.![]() | Ungarn | 52 | 15 |
11.![]() | Schweiz Sinplus "Unbreakable" | 45 | 7 |
12.![]() | Finnland Pernilla Karlsson "När jag blundar" | 41 | 9 |
13.![]() | Israel Izabo "Time" | 33 | 10 |
14.![]() | San Marino Valentina Monetta "The Social Network Song (Oh Oh – Uh - Oh Oh)" | 31 | 11 |
15.![]() | Montenegro Rambo Amadeus "Euro Neuro" | 20 | 1 |
16.![]() | Lettland Anmary "Beautiful Song" | 17 | 4 |
17.![]() | Belgien Iris "Would You?" | 16 | 8 |
18.![]() | Österreich Trackshittaz "Woki mit deim Popo" | 8 | 16 |
Semifinale 2 - 24. Mai 2012 | |||
1.![]() | Schweden | 181 | 11 |
2.![]() | Serbien | 159 | 1 |
3.![]() | Litauen | 104 | 18 |
4.![]() | Estland | 100 | 14 |
5.![]() | Türkei | 80 | 13 |
6.![]() | Bosnien & Herzegowina | 77 | 17 |
7.![]() | Malta | 70 | 4 |
8.![]() | Ukraine | 64 | 7 |
9.![]() | EJR Mazedonien | 53 | 2 |
10.![]() | Norwegen | 45 | 16 |
11.![]() | Bulgarien Sofi Marinova "With Love Baby" | 45 | 8 |
12.![]() | Kroatien Nina Badrić "Nebo" | 42 | 10 |
13.![]() | Portugal Filipa Sousa "Vida minha" | 39 | 6 |
14.![]() | Georgien Anri Jokhadzde "I'm a Joker" | 36 | 12 |
15.![]() | Niederlande Joan Franka "You And Me" | 35 | 3 |
16.![]() | Belarus Litesound "We Are The Heroes" | 35 | 5 |
17.![]() | Slowenien Eva Boto "Verjamem" | 31 | 9 |
18.![]() | Slowakische Republik Max Jason Mai "Don't Close Your Eyes" | 22 | 15 |
Insgesamt 42 Länder entsandten ihre Vertreter nach Baku, nachdem Armenien, mit dem sich Aserbaidschan immer noch offiziell im Status des "Wallenstillstand" befindet, quasi in letzter Minute die Teilnahme abgesagt hatte. Nicht dabei waren Tschechien (Lt. Äußerungen eines Verantwortlichen des Senders CT bestehe in der tschechischen Bevölkerung kaum Interesse am ESC.), Polen (offiziell wegen der Durchführung der Fußball-EM in Polen und der Ukraine sowie der Sommerolympiade in London und der Übertragung beider Großveranstaltungen) und Andorra (Austritt aus der EBU), wieder dabei war Montenegro.
Da der Vorjahressieger und Gastgeber Aserbaidschan zusammen mit den BIG 5 (Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Ver. Königreich als größte Geldgeber der EBU) automatisch für das Finale gesetzt war, gab es dieses Mal 26 Finalisten. Die übrigen 36 Länder wurden auf die beiden Semifinale (je 18) verteilt.
Die EBU-Reference Group hatte beschlossen, ab 2012 das Voting wieder erst nach dem letzten Beitrag zu eröffnen. Analysen hätten ergeben, dass ohnehin die meisten Zuschauer erst dann zum Telefon greifen. Außerdem sei die Einblendung der Telefonnummern während der Vorträge störend.
Offizieller Produktionspartner war die deutsche Brainpool GmbH, die sich mit der ausgezeichneten Produktion des ESC in Düsseldorf empfohlen hat. Unter den Hauptsponsoren fand sich auch wieder Schwarzkopf. Adil Kerimli, der Produzent des ESC 2012 im Namen des verantwortlichen Senders Ictimai TV äußerte sich folgendermaßen: "Wir arbeiten sehr ernsthaft an der Vorbereitung der Shows im Mai. Und wir haben großartige Partner an unserer Seite. Auch wenn ein Großteil der TV-Shows durch die deutschen Firma Brainpool produziert wird, wird es sicher eine starke aserbaidschanische Komponente geben."
© www.eurovision.tv
Die von der Bayerischen Alpine Bau AG neu erbaute Baku Crystal Hall war Austragungsort des ESC. Beim ESC konnten rund 16.000 Zuschauer live dabei sein. Diese Arena wurde an zentraler Stelle in der Nähe des Flaggenplatzes gebaut.
Präsident Aliyev hatte ein spezielles Komitee eingesetzt zur Planung des ESC in Baku. In diesem Komitee fanden sich wichtige und einflussreiche Persönlichkeiten der Regierung, der Geschäftswelt und des aserischen Fernsehens. Vorsitzende des Komitees war die Präsidentengattin Mehriban Aliyev. Die Tochter einer reichen Gelehrtenfamilie studierte in Baku Medizin und leitet eine Reihe von Wohltätigkeitsorganisationen. Ihre zweite Leidenschaft heißt Rhythmische Sportgymnastik. Mehriban Aliyev hatte wesentlichen Anteil daran, die Weltmeisterschaft 2005 in ihre Heimat zu holen. Sie ist außerdem Unesco-Botschafterin.
Die aserbaidschanische Regierung hatte in einem Schreiben an die EBU Sicherheitsgarantien abgegeben für alle anreisenden ESC-Delegationen, die Presse und die Fans. Es wurde außerdem das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit garantiert.
Unter dem offiziellen Titel 'Host City Insignia Exchange' fand am 25. Januar 2012 im Buta Palast in Baku die offizielle Schlüsselübergabe zwischen den Gastgeberstädten des Eurovision Song Contest statt. Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers überreichte seinem Amtskollegen aus Baku, Hajibala Abutalibov, den großen Schlüsselbund mit den Insignien der vorherigen ESC-Gastgeberstädte. Im Rahmen der feierlichen Zeremonie überreichte er zudem den Schlüsselanhänger Düsseldorfs als ESC-Stadt 2011 in Form des Rheinturms. Das Symbol wurde vom Düsseldorfer Künstler Jacques Tilly entworfen und stellt das markante Aushängeschild der Skyline in der Landeshauptstadt dar.
"Wir haben im letzten Jahr mit dem ESC in Düsseldorf ein großartiges Musikfest erlebt und uns als gute Gastgeber präsentiert. Ich wünsche Baku, dass der Eurovision Song Contest 2012 ein Erfolg wird und die Menschen viel Freude und Spaß dabei haben", sagte Oberbürgermeister Dirk Elbers bei der Schlüsselübergabe im Buta Palast. Hajibala Abutalibov bedankte sich beim Düsseldorfer Oberbürgermeister.
Wie üblich wurden die Semifinalisten nach Gesichtspunkten der Geografie und des bisherigen Wertungsverhaltens auf sechs Töpfe verteilt, aus denen dann die Zulosung zu den beiden Semifinalen (erste Häflte oder zweite Hälfte) erfolgte. Es gab wieder fünf Wildcards, die ausgelost wurden. Finnland, Irland, Ukraine, Litauen und Spanien durften ihre Startpositionen frei wählen.
© www.eurovision.tv
Im Rahmen der Feier wurde das Motto des diesjährigen ESC verkündet: "Light your fire!" Aserbaidschan wird wegen seiner Ölvorkommen als "Land des Feuers" bezeichnet, und das Symbol von Feuer und Flammen wird landauf, landab benutzt.
"Von Anbeginn der Zeit kamen Menschen um das Feuer herum zusammen, um Geschichten zu erzählen, zu singen und zu tanzen. Der ESC ist das Ereignis, wo Menschen zusammen kommen, um zu feiern und durch Gesang und Tanz miteinander zu kommunizieren", so die Erklärung der Schöpfer des Mottos und des Sublogos.
Neben Auftritten von ESC-Größen wie Ruslana, Safura, Lena, Alexander Rybak und natürlich den Vorjahressiegern Ell & Nikki wurde ausgelost, in welchem Semifinale die einzelnen Länder starten sollten: Aus insgesamt sechs Töpfen, in die die Teilnehmerländer nach bisherigem Abstimmungsverhalten aufgeteilt worden waren, wurden die Länder jeweils der ersten bzw. zweiten Hälfte des jeweiligen Semifinales zugelost. Wertungsberechtigt im 1. Semifinale waren: Italien, Aserbaidschan, Spanien, im 2. Semifinale: Ver. Königreich, Frankreich, Deutschland (auf eigenen Wunsch).
© Ictimai
Der Vorjahressieger Eldar Gasimov moderierte alle drei Shows zusammen mit Leyla Alieva und Nargiz Birk-Petersen.
Leyla ist seit der Gründung des TV-Senders Ictimai eine bekannte und erfolgreiche TV-Moderatorin. Sie moderiert außerdem verschiedene Galas, gibt ein Modemagazin heraus und engagiert sich bei verschiedenen Wohltätigkeitsprojekten.
Nargiz machte ihre ersten TV-Erfahrungen bereits mit 16 Jahren, sie arbeitete während ihres Studiums als Reporterin für ein englischsprachiges Studenten-programm der Khazar Universität . Später studierte sie Jura in den USA und arbeitete als Model.
Eldar gewann zusammen mit seiner Gesangspartnerin Nigal den ESC 2011 und arbeitet mittlerweile u.a. an einer Karriere als Filmschauspieler.
Die Eröffnungs- und Pausenacts der drei Shows wurden zum Teil von Künstlern aus Aserbaidschan bestritten und zum Teil von ausländischen Interpreten. So traten im Intervall-Act des 2. Semifinale die ehemaligen Sieger Maria Serifovic, Dima Bilan, Alexander Rybak, Lena und Ell & Nikki auf, außerdem bestritten die Intervall-Acts: die Mugham-Legende Alim Gasimov, die Natiq Rhythm Band, das nationale Tanz-Ensemble Aserbaidschans und der Sänger und Komponist Emin, der Schwiegersohn des Präsidenten.
Der ESC in Baku war äußerst umstritten: Sowohl im Vorfeld als auch während der ESC-Wochen gab es in den Medien aber auch unter den Fans reichlich Diskussionen über das Gastgeberland und die politischen Verhältnisse dort. Kann man den Wettbewerb in einem Land austragen, das nicht demokratisch regiert wird und in dem es mit den Menschenrechten und der Pressefreiheit nicht weit her ist? Immer wieder hatte die Europäische Rundfunkunion EBU zuvor erklärt, dass der Grand Prix ein unpolitisches Event sei und damit überhaupt erst die Begründung geliefert, warum das Musikspektakel in einem Land stattfinden kann, in dem Menschenrechte, Presse- und Redefreiheit und das Recht auf freie Wahlen eingeschränkt sind.
Ausgerechnet in dieser unpolitischen Show waren aber etliche politische Anspielungen der Gastgeber zu sehen. Da waren die Einspielfilme, mit denen der nächste Teilnehmer vorgestellt wurde. Sie zeigten meist gestellte Szenen aus Baku. Videosequenzen von schönen Fassaden und bunt angeleuchteten Häusern. Ziemlich einfallslos das Ganze, tat aber auch niemandem weh. Aber da war auch die Postkarte vor dem Auftritt des Gastgeberlandes Aserbaidschan. "Karabach" war darauf zu lesen und zeigte die von Armenien besetzte und völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende Region. Ein politischer Affront gegen den Nachbarn, der das Finale live ausstrahlen musste. Als dann auch noch ausgerechnet der Schwiegersohn des Präsidenten, Sänger Emin Agalarov, im Pausenakt auftrat (für ihn wurden die vergangenen Eurovisionsgewinner Niki und Ell, Lena, Alexander Rybak, Dima Bilan und Marija Serifovic ins Semifinale verbannt) und theatralisch eine überdimensionale aserbaidschanische Fahne küsste, war für viele angereiste Fans die Grenze des guten Geschmacks erreicht.
Anke Engelke traf bei der deutschen Punktevergabe genau den richtigen Ton. Als Einleitung sagte sie mit dem Blick auf das Voting beim Song Contest auf Englisch, dass es eine gute Sache sei, wählen zu können und dabei auch eine Wahlmöglichkeit zu haben. Es dürfte allen klar gewesen sein, dass sie natürlich eine Botschaft an die Menschen in Aserbaidschan und die dortige Opposition richtete. Immerhin waren erst am Tag vor dem Finale wieder 70 Menschen willkürlich festgenommen worden.
Mit einem Erdrutschsieg gewann die Schwedin Loreen uneinholbar vor den udmurtischen Babuschkas und der Balkanballade aus Serbien. Schweden gilt als Kernland des ESC, und allein 16 der 42 Titel, die in Baku an den Start gingen, stammten aus schwedischen Federn. Bei den Buchmachern und Fanclubs lag Loreen seit Wochen auf Platz 1 und anscheinend hat Loreens „Euphoria“, ein Titel mit starken Anlehnungen an David Guetta, den Geschmack des europäischen Publikums getroffen. So wurde der Siegertitel "Euphoria" aus der Feder der schwedischen ESC-Komponisten-Legende Thomas G:son ein enormer europäischer Chart-Erfolg. Loreen war im übrigen die einzige Interpretin, die die Opposition in Baku besuchte und unterstützte, indem sie sich mit der Initiative ‚Sing For Democracy‘ traf und sich u.a. ein aktuelles Video von den Verhaftungen während einer Demonstration ansah! Dies führte zu diplomatischen Verwicklungen, der schwedische Botschafter wurde ins Außenministerium einbestellt: Loreen möge sich doch bitte auf ihre Musik konzentrieren und nicht in innere Angelegenheiten des Landes einmischen, lautete die Forderung der autoritären Führung Aserbaidschans.
Željko Joksimović versuchte es zum zweiten Mal, dieses Mal für Serbien, nachdem er 2004 noch für Serbien-Montenegro angetreten war und den zweite Mal belegt hatte. Dieses Mal reichte es "nur" für den dritten Platz. Ebenfalls zum zweiten Mal starteten Jedward für Irland, aber nach dem achten Platz in Düsseldorf 2011 kamen sie trotz eines "Springbrunnens" auf der Bühne mit "Waterline" nur auf Platz 19.
Der Weltstar Engelbert Humperdinck eröffnete das Finale für das Vereinigte Königreich und wurde nur Vorletzter! Dagegen schaffte es Rona Nishliu mit äußerst merkwürdiger Frisur aber fantastischer Stimme, mit Platz fünf das beste Ergebnis für für Albanien bis dato einzufahren.
Der deutsche Beitrag “Standing Still“ erreichte einen verdienten und in dem ausgesprochen starke Teilnehmerfeld hervorragenden achten Platz. Roman Lob überrundete damit sogar die als Mitfavoritin gehandelte Nina Zilli aus Italien (Platz 9) und die stimmgewaltige Pastora Soler aus Spanien (Platz 10). Entscheidend war, dass Roman Lob unter Beweis stellte, dass seine Stimme Ausstrahlung hat und das Publikum in Bann zu ziehen vermag.
Ralph Siegel hatte für San Marino Valentina Monetta ausgewählt, seinen "Facebook"-Song zu singen, der allerdings wegen verbotener Nennung eines Markennamens nur mit verändertem Text zur Aufführung gebracht werden durfte. Aber auch das nutzte nichts, Valentina scheiterte im Semifinale, was sie allerdings nicht davon abhielt, es noch 2013 und 2014 noch einmal zu versuchen.
Montenegro schickt häufiger sehr "eigenwillige" Acts ins Rennen, dieses Mal eröffnete Rambo Amadeus das erste Semifinale mit "Euro Neuro", und er wusste wohl nur selbst, was das zu bedeuten hatte! Ebenso wie Joan Franka, die für die Niederlande in einem Indianerkostüm auftrat. Beide erreichten das Finale nicht.
Die drei von der deutschen Firma Brainpool produzierten Shows hatten wenig Außergewöhnliches zu bieten. Die von Brainpool produzierten Postkartenfilme waren kurz vorher gegen aserbaidschanische Tourismuswerbung ausgetauscht worden, vielleicht verständlich aus Sicht der Veranstalter, aber langweilig für den TV-Zuschauer, ebenso langweilig wie die Moderation.
1. Engelbert "Love Will Set | ![]() |
|
2. Compact Disco "Sound of Our Hearts" | ![]() | M. & T.: |
3. Rona Nishliu "Suus" | ![]() | M.: Florent Boshnjaku |
4. Donny Montell "Love Is Blind" | ![]() | M. & T.: |
5.
"Korake ti znam" | ![]() | M. & T.: |
6. Buranovskiye Babushki "Party For Everbody" | ![]() | M.: Viktor Drobysh, |
7. Greta Salóme & Jónsi "Never Forget" | ![]() | M. & T.: |
8.
Ivi Adamou "La La Love" | ![]() | M. & T.: |
9.
Anggun "Echo (You And I)" | ![]() | M.: Jean Pierre Pilot, |
10. Nina Zilli "L'amore è femmina | ![]() | M. & T.: |
11. Ott Lepland "Kuula" | ![]() | M.: Ott Lepland |
12. Tooji "Stay" | ![]() | M. & T.: |
13. Sabina Babayeva "When The Music Dies" | ![]() | M. & T.: |
14. Mandinga "Zaleilah" | ![]() | M.: Costi Ionita |
15. Soluna Samay "Should've Known | ![]() | M.: Chief 1, |
16. Eleftheria Elftheriou "Aphrodisiac" | ![]() | M. & T.: |
17. Loreen "Euphoria" | ![]() | M. & T.: |
18.
Can Bonomo "Love Me Back" | ![]() | M. & T.: |
19. Pastora Soler "Quédate conmigo" | ![]() | M.: Antonio Sánchez, |
20 Roman Lob "Standing Still" | ![]() | M. & T.: |
21. Kurt Calleja "This Is The Night" | ![]() | M. & T.: |
22. Kaliopi "Crno i belo" | ![]() | M.: Romeo Grill |
23. Jedward "Waterline" | ![]() | M.: Nick Jarl |
24. Željko Joksimović "Nije ljubav stvar" | ![]() | M.: Željko Joksimović |
25. Gaitana "Be My Guest" | ![]() | M.: Gaitana, |
26. Pasha Parfeni "Lăutar" | ![]() | M. Pasha Parfeny, |
1. Rambo Amadeus "Euro Neuro" | ![]() | M. & T.: |
2. Greta Salóme & Jónsi "Never Forget" | ![]() | M. & T.: |
3. Eleftheria Eleftheriou "Suus" | ![]() | M. & T.: |
4. Anmary "Beautiful Song" | ![]() | M.: Ivars Makstnieks |
5.
"Suus" | ![]() | M.: Florent Boshnjaku |
6. Mandinga "Zaleilah" | ![]() | M.: Costi Ionita |
7. Sinplus "Unbreakable" | ![]() | M.: Gabriel & Ivan |
8.
Iris "Would You?" | ![]() | M. & T.: |
9.
Pernilla Karlsson "När jag blundar" | ![]() | M. & T.: |
10. Izabo "Time" | ![]() | M. & T.: |
11. Valentina Monetta "The Social Network Song(Oh Oh – Uh - Oh Oh)" | ![]() | M.: Ralph Siegel |
12. Ivi Adamou "La La Love" | ![]() | M. & T.: |
13.
Soluna Samay "Should've Known | ![]() | M.: Chief 1, |
14. Buranovskiye Babushki "Party For Everybody" | ![]() | M.: Viktor Drobysh, |
15. Compact Disco "Sound of Our Hearts" | ![]() | M. & T.: |
16. Trackshittaz "Woki mit deim Popo" | ![]() | M.: Lukas Plöchl |
17. Pasha Parfeni "Lăutar" | ![]() | M. Pasha Parfeny, |
18.
Jedward "Waterline" | ![]() | M.: Nick Jarl |
1. Željko Joksimović "Nije ljubav stvar" | ![]() | M.: Željko Joksimović |
2. Kaliopi "Crno i belo" | ![]() | M.: Romeo Grill |
3. Joan Franka "You And I" | ![]() | M.: Joan Franka, |
4. Kurt Calleja "This Is The Night" | ![]() | M. & T.: |
5.
"We Are The Heroes" | ![]() | M. & T.: |
6, Filipa Sousa "Vida minha" | ![]() | M.: Andrej Babić |
7. Gaitana "Be My Guest" | ![]() | M.: Gaitana, |
8.
Sofi Marinova "Love Unlimited" | ![]() | M.: Krum Georgiev, |
9.
Eva Boto "Verjamem" | ![]() | M.: Vladimir Graić, |
10. Nina Badrić "Nebo" | ![]() | M. & T.: |
11. Loreen "Euphoria" | ![]() | M. & T.: |
12. Anri Jokhadze "I'm a Joker" | ![]() | M.: Rusudan Chkhaidze |
13.
Can Bonomo "Love Me Back" | ![]() | M. & T.: |
14. Ott Lepland "Kuula" | ![]() | M.: Ott Lepland |
15. Max Jason Mai "Don't Close Your Eyes" | ![]() | M. & T.: |
16. Tooji "Stay" | ![]() | M. & T.: |
17. Maya Sar "Korake ti znam" | ![]() | M. & T.: |
18.
Donny Montell "Love Is Blind" | ![]() | M. & T.: |
(Fotos der Teilnehmertabellen: © EBU / eurovision.tv.)
© ECG e. V.
© ECG e. V.
© ECG e. V.
Sieg der globalisierten Feierkultur von Rabea Weihser, ZEIT online, 27. Mai 2012
Perfekt auf internationalem Niveau: Schwedens Tanzhallenhit und Aserbaidschans ESC-Show. Man spricht jetzt in allen Belangen dieselbe Sprache. Zu Pfingsten ist Karneval der Kulturen, das weiß jeder Berliner. Man feiert die Völkerverständigung, denn mit der Entsendung des heiligen Geistes wurde die babylonische Sprachverwirrung aufgehoben. Diesmal fand zeitgleich auch noch der größte Karneval der Kulturen im Fernsehen statt, gemeinhin Eurovision Song Contest genannt. 120 Millionen Menschen verfolgten im Finale, mit welcher Botschaft 26 Länder ihre Abgesandten auf die Showbühne in Bakus Kristallpalast schickten. Am Ende gewann die Aussage, die von den meisten verstanden wurde. Loreen aus Schweden spricht die Sprache der globalisierten Feierkultur. Ihr Song „Euphoria“ trifft denselben Nerv wie die Tanzhallenhits aus der Feder David Guettas, die seit rund drei Jahren aus allen Boxentürmen schallen. Mit brachialen Synthesizer-Bässen und R'n'B-orientiertem Frauengesang lassen sich die Massen begeistern. Von „London to Ibiza, Straight to L.A.“, wie Jennifer Lopez es ausdrückte – und jetzt auch von Stockholm bis nach Baku. Der Siegersong war nicht der einzige im Wettbewerb, der sich dieser Stilistik bediente, aber darin am konsequentesten. Loreens Produzent Thomas G:son, ein schwedischer Ralph Siegel, hat alle nationalen Idiome ignoriert und sich dem globalen musikalischen Slang angepasst. Seine Protagonistin zeigt sich ätherisch, mysteriös, unzähmbar, arabeuropäisch, ihre modische Urbanität wird nur dadurch gebrochen, dass sie barfuß auftritt. Und schon sind wir wieder am Strand. Ja, es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn „Euphoria“ kein Sommerhit wird.
Alles sauber in Aserbaidschan? Hätte man nicht in den vergangenen Monaten so viel über Menschenrechtsverletzungen und antidemokratische Zustände in Aserbaidschan erfahren, bliebe einem das Land nach der Fernsehshow als perfekter Gastgeber in Erinnerung: modern, aufgeschlossen, politisch korrekt. Kurze Einspielfilme präsentierten vielfältige Folklore und landschaftliches Idyll als Postkartenmotive. Oh, wie schön ist Aserbaidschan, und alles sauber wie bei uns zu Haus. Doch nicht? Nur Anke Engelke wagte es, während der Punktevergabe darauf hinzuweisen: "Heute Abend konnte niemand für sein eigenes Land abstimmen. Aber es ist gut, wählen zu können. Und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf deiner Reise, Aserbaidschan! Europa schaut auf dich." Der Eurovision Song Contest ist zu einem milliardenteuren Eventkonzept geworden, das nationale Eigentümlichkeiten in ein One-Size-Fits-All-Korsett zwingt. Folklore steht nicht mehr für sich (wir erinnern uns an sonderbare Darbietungen ehemaliger Ostblockstaaten in vergangenen Jahren), sondern erscheint stets eingepasst in einen nivellierenden Kontext. Bezeichnend, dass die russischen Babuschki nicht etwa mit einem volksliedhaften Beitrag auf dem zweiten Platz landeten, sondern mit einem Disco-Trash-Song, der die udmurtische Tradition auf eine museale Kuriosität reduzierte. Und bei aller Internationalität vergisst der Weltbürger vor dem Fernseher schon mal, warum er eigentlich eingeschaltet hat: Patriotismus? Och, nö. Roman Lob als deutscher Vertreter fiel nicht weiter auf. Nett, harmlos, solide, achter Platz, das Lena-Fieber ist vorüber. Bis ihm das nächste Wundertalent vor die Füße fällt, verkauft Deutschland Großmannsarchitektur und Showkonzepte an willige Nachbarn im globalen Dorf. Denn Geld spricht überall dieselbe Sprache. |
Bodenturn-EM mit Lalala von Hans Hoff, Süddeutsche Zeitung, 27. Mai 2012
Es ist zehn nach vier am frühen Morgen, als Roman Lob in Baku zum Interview auftaucht. (...) "Ich bin glücklich", sagt der 21-jährige Industriemechaniker. Top Ten war angestrebt. Mission erfüllt. "Ich habe mich wohlgefühlt auf der Bühne", berichtet er von seinem Auftritt vor geschätzt 120 Millionen Fernsehzuschauern in 46 Ländern. Zur Halbzeit der Abstimmung lag er allerdings noch weit abgeschlagen im hinteren Drittel. Hat er sich da vielleicht schon aufgegeben? "Was heißt aufgegeben", entgegnet der Westerwälder und schaut mit seinen Knopfaugen so charmant wie er immer schaut. "Es gibt immer Hoffnung", sagt er in bester Sozialpädagogenmanier. Pläne hat er auch. Allerdings sehr normale. "Erst mal abhängen und ausschlafen", sagt er. Danach will er schauen, wie es mit seinem Leben und der Karriere weitergeht. Kurz danach tritt auch die Siegerin des ESC vor die Presse. Loreen heißt sie, kommt aus Schweden und hat aus 42 Ländern sensationelle 372 Punkte kassiert. (...)Nach dem Finale des ESC wird ja immer wieder mal über Regeländerungen nachgedacht, und dann wird lange debattiert, ob die entsprechenden Vorschläge sinnvoll sind. Sehr sinnvoll wäre auf jede Fall folgende neue Regel: Dem gastgebenden Land wird verboten, die Zuschauer mit einer Flut von Werbefilmchen zu überziehen, so dass fast nichts mehr zu bemerken ist von den komischen Liedchen dazwischen. Die Regel wäre die zwingende Schlussfolgerung aus der diesjährigen Inflation von einfallslosen Werbeclips für Aserbaidschan. (...) Und wenn man gerade mal bei der Sache ist, dann könnte man auch gleich noch vier weitere Elemente verändern. Regel 1: Der ESC ist nicht mehr die europäische Meisterschaft im Bodenturnen. So viele überflüssige und komplett unmotivierte Überschläge und Saltos wie in die diesem Jahr würden dann vermieden. Regel 2: Lieder in denen lalala vorkommt, werden von vornherein als ungültig gewertet, womit in diesem Jahr schon Zypern, Italien und Rumänien die Sachen hätten packen müssen. Regel 3: Schrille Schreie sind verboten. Das hätte in diesem Jahr gegolten für die Ukraine, besonders aber für den Beitrag Albaniens, wo man die Genfer Konvention ganz offensichtlich für eine, sagen wir mal, Empfehlung hält, was man zumindest aus dem Vortrag von Rona Nishliu schließen konnte. Regel 4: Der Gebrauch pyrotechnischer Effekte, von Goldregen bis plötzlich in den Hallenhimmel schießenden Funkenfontänen, sollte auf ein Minimum beschränkt werden. Wäre diese Regel schon in diesem Jahr aufgestellt worden, hätte wohl die Hälfte der angetretenen Sänger stumm bleiben müssen. Wenn dann noch ein bisschen Luft ist, könnte man auch darüber nachdenken, ob man Beiträge zulässt, die ihre gesamte Existenzberechtigung aus der Niedlichkeit der auftretenden Artisten ziehen. Nicht ohne Grund sind Kinder und Tiere auf der ESC-Bühne verboten. Da wäre es doch auch eine schöne Maßnahme, russischen Großmüttern einen etwas würdigeren Lebensabend zu ermöglichen und sie nicht 120 Millionen Menschen als schräge Attraktion vorzusetzen. Andererseits fragt man sich natürlich, was der ESC ohne skurrile Typen und Aktionen wäre. In diesem Jahr sicherlich ein Totalreinfall, denn musikalisch war der Jahrgang 2012 ein äußerst mauer. Nur wenige Lieder wirkten wirklich durchdacht und hatten ein bisschen von der Qualität, die es braucht, um ein bisschen länger als bis zum nächsten Atemzug in der Erinnerung zu verweilen. Schon Ende der Woche wird sich kaum jemand noch an viel mehr als den Siegertitel und den aus dem eigenen Land erinnern können. An der Zeit wäre es auch darüber nachzudenken, ob Künstler und Lied zusammen passen. So hatte Engelbert sicherlich das ausgefeilteste Lied im Angebot, blieb aber eben Engelbert. Im Falle von Italien lief es genau andersherum. Mit Sicherheit war Nina Zilli die beste Sängerin, musste sich aber mit einem ziemlich belanglosen Trällerliedchen präsentieren, das es gerade so in die Top Ten schaffte. Da wäre durchaus mehr drin gewesen. Schwer zu lösen sein dürfte das Dilemma, dass manche Lieder durch die opulente visuelle Inszenierung in der Halle aufgewertet werden, dass sich davon auf dem Bildschirm aber nur eine Light-Version wiederfindet. Natürlich weiß der Zuschauer vor dem Fernseher nicht, was ihm entgeht, aber es ist eine Menge. Nach wie vor pflegt man beim ESC das eklatante Missverhältnis zwischen größtmöglicher technischer Brillanz und dem dünnsten musikalischen Inhalt. Das Licht, die Bilder und die Aktionen sind in Sachen großer Showkunst state of the art, während die musikalischen Beiträge in ihrer Mehrzahl nach wie vor darauf angelegt scheinen, direkt nach dem ESC-Wochenende vergessen zu werden. Die Moderation in diesem Jahr dürften Judith Rakers und Stefan Raab mit viel Wohlwollen angeschaut haben. So schlecht und steif wie die beiden können das auch andere. Dass Anke Engelke 2011 wesentlich mehr zu bieten hatte, ist angesichts der gewohnten ESC-Moderationsversuche eher als Ausnahme zu werten und hat vor allem mit dem großen Talent der Kölner Komikerin zu tun. Die war zudem die einzige, die dem albernen Trällerfinale einen Schuss politische Brisanz zu verabreichen wusste. Als Verkünderin der deutschen Abstimmergebnisse ermahnte sie Aserbaidschan durch die Blume, das mit der Demokratie nicht nur ein Wort sein zu lassen (...) und setzte sich damit nicht nur deutlich ab von den albern standardisierten Glückwunschadressen der restlichen Verkünder, sie gab dem Gastgeberland auch so etwas wie eine feine, wohl dosierte Drohung mit den auf den Weg. Du beobachtest dein Volk, wir beobachten dich, lautete die Botschaft. Die ESC-Welt hat sie wohl gehört. |
58. Eurovision Song Contest - 18. Mai 2013 | |
---|---|
Halle | Malmö Arena |
Motto | We Are One |
Moderation | Petra Mede |
Pausen-Acts | Petra Mede und Loreen |
Wertung | Jury-/Televoting 50/50% |
Teilnehmer | 39 Länder (Finale 26 / Semifinale 1 - 16 / Semifinale 2 - 17) |
| |
---|---|
Siegerland: Dänemark | |
Interpretin: Emmelie de Forest | |
Titel: "Only Teardrops" | |
Musik & Text: Lise Cabble, Julia Fabrin Jakobsen, Thomas Stengaard |
© www.eurovision.tv
Finale - 18. Mai 2013 | |||
---|---|---|---|
Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Dänemark Emmelie de Forest "Only Teardrops" | 281 | 18 |
2.![]() | Aserbaidschan Farid Mammadov "Hold Me" | 234 | 20 |
3.![]() | Ukraine Zlata Ognevich "Gravity" | 214 | 22 |
4.![]() | Norwegen Margaret Berger "I Feed You My Love" | 191 | 24 |
5.![]() | Russland Dina Garipova "What If" | 174 | 10 |
6.![]() | Griechenland Koza Mosta feat. Agathonas "Alcohol Is Free" | 152 | 21 |
7.![]() | Italien Marco Mengoni "L'Essenziale" | 126 | 23 |
8.![]() | Malta Gianluca "Tomorrow" | 120 | 9 |
9.![]() | Niederlande Anouk "Birds" | 114 | 13 |
10.![]() | Ungarn ByeAlex "Kedvesem (Zoohacker Remix)" | 84 | 17 |
11.![]() | Moldau Aliona Moon "O mie" | 71 | 3 |
12.![]() | Belgien Roberto Bellarosa "Love Kills" | 71 | 6 |
13.![]() | Rumänien Cezar "It's My Life" | 65 | 14 |
14.![]() | Schweden Robin Stjernberg "You" | 62 | 16 |
15.![]() | Georgien Sopho Gelovani & Nodiko Tatishvili "Waterfall" | 50 | 25 |
16.![]() | Belarus Alyona Lanskaya "Solayoh" | 48 | 8 |
17.![]() | Island Eyþór Ingi "Ég á líf" | 47 | 19 |
18.![]() | Armenien Dorians "Lonely Planet" | 41 | 12 |
19.![]() | Ver. Königreich Bonnie Tyler "Believe In Me" | 23 | 15 |
20.![]() | Estland Birgit "Et uus saaks alguse" | 19 | 7 |
21.![]() | Deutschland Cascada "Glorious" | 18 | 11 |
22.![]() | Litauen Andrius Pojavis "Something" | 17 | 2 |
23.![]() | Frankreich Amandine Bourgeois "L'enfer et moi" | 14 | 1 |
24.![]() | Finnland Krista Siegfrids "Marry Me" | 13 | 4 |
25.![]() | Spanien ESDM "Contigo hasta el final" | 8 | 5 |
26.![]() | Irland Ryan Dolan "Only Love Survives" | 5 | 26 |
Semifinale 1 - 14. Mai 2013 | |||
---|---|---|---|
Platz Land | Punkte | Startnr. | |
1.![]() | Dänemark | 167 | 5 |
2.![]() | Russland | 156 | 6 |
3.![]() | Ukraine | 140 | 7 |
4.![]() | Moldau | 95 | 12 |
5.![]() | Belgien | 75 | 15 |
6.![]() | Niederlande | 75 | 8 |
7.![]() | Belarus | 64 | 11 |
8.![]() | Irland | 54 | 13 |
9.![]() | Litauen | 53 | 10 |
10.![]() | Estland | 52 | 2 |
11.![]() | Serbien Moje 3 "Ljubav je svuda" | 41 | 16 |
12.![]() | Montenegro Who See "Igranka" | 41 | 9 |
13.![]() | Kroatien Klapa s mora "Mižerja" | 38 | 4 |
14.![]() | Österreich Natália Kelly "Shine" | 27 | 1 |
15.![]() | Zypern Despina Olympiou "An me thimase" | 11 | 14 |
16.![]() | Slowenien Hannah "Straight Into Love" | 8 | 3 |
Semifinale 2 - 16. Mai 2013 | |||
1.![]() | Aserbaidschan | 139 | 4 |
2.![]() | Griechenland | 121 | 9 |
3.![]() | Norwegen | 120 | 13 |
4.![]() | Malta | 118 | 6 |
5.![]() | Rumänien | 83 | 17 |
6.![]() | Island | 72 | 8 |
7.![]() | Armenien | 69 | 11 |
8.![]() | Ungarn | 66 | 12 |
9.![]() | Finnland | 64 | 5 |
10.![]() | Georgien | 63 | 15 |
11.![]() | San Marino Valentina Monetta "Crisalide (Vola)" | 47 | 2 |
12.![]() | Bulgarien Elitsa Todorova & Stoyan Yankulov "Samo Shampioni" | 45 | 7 |
13.![]() | Schweiz Takasa "You And Me" | 41 | 16 |
14.![]() | Israel Moran Mazor "Rak bishvilo" | 40 | 10 |
15.![]() | Albanien Adrian Lulgjuraj & Bledar Sejko "Identitet" | 31 | 14 |
16.![]() | EJR Mazedonien Esma & Lozano "Pred da se razdeni" | 28 | 3 |
17.![]() | Slowenien PeR "Here We Go" | 13 | 1 |
© Malmö-Arena
Der verantwortliche schwedische TV-Sender SVT hatte einige Änderungen eingeführt, die dem Wettbewerb ein neues Gesicht geben sollten. Um die Zuschauerkapazität der relativ kleinen Malmö Arena zu erhöhen, andererseits eine Atmosphäre wie bei einem Popkonzert zu schaffen, wurde das gesamte Parkett mit Stehplätzen für die Fans ausgefüllt, es gab dort keine Sitzplätze, was zu erheblichen Protesten seitens der Fans führte. Es gab eine runde Hauptbühne mit einem Catwalk über nahezu die gesamte Längsfläche der Arena bis zu einer kleineren runden Bühne am Ende. Durch diese Planung wurden die Fans auf den Stehplätzen im Innenraum teilweise näher an die Künstler herangebracht.
Die Reference Group hatte in Abstimmung mit der EBU ihre Zustimmung zum Vorschlag der Produzenten gegeben, die Startreihenfolge für alle drei Shows nicht mehr auszulosen, wie es immer üblich war, sondern die Reihenfolge hauptsächlich nach showtechnischen Überlegungen vorzunehmen. So sollte gewährleistet werden, dass jedem Act die nötige Aufmerksamkeit der TV-Zuschauer zuteil wurde, dass z. B. nicht drei Balladen hintereinander starten.
Erstmals gab es zu Beginn des Finales eine Flaggenparade mit Einmarsch aller Interpretinnen und Interpreten. Benny Anderson und Björn Ulvaeus (ABBA) haben eine ESC-Hymne komponiert "We Write The Story", die mit einem Arrangement des schwedischen DJ und Produzenten Avicii, das Hauptthema des Eröffnungs-Acts war.
Die Neuerungen machten auch vor der Organisation der Proben und Pressekonferenzen nicht halt. Die Proben begannen erst am Montag, dem 6. Mai 2013, einen Tag später als üblich. An diesem Tag öffnete auch der EuroClub. Bis Donnerstag, 9. Mai, probten die Semifinalisten quasi hinter verschlossenen Türen. Die Proben wurden aber live in den EuroClub übertragen, wo die bereits angereisten Journalisten diese verfolgen konnten. Nach dieser jeweils ersten Probe wurden die Interpreten dann zu einem Meet-and-Greet, Foto-Shooting und für Kurz-Interviews in den EuroClub gefahren, die bisher übliche Pressekonferenz nach der 1. Probe entfiel. Es gab nur nach der 2. Probe jeweils eine 20-minütige Pressekonferenz. Diese Proben begannen am Freitag, 10. Mai. Die BIG 5 und Gastgeber Schweden probten am Sonntag, 12.Mai und am Mittwoch, 15. Mai. Diese Neuregelung sollte dem Wunsch vieler Delegationen Rechnung tragen, die 1. Probe mit Soundcheck usw. in aller Ruhe durchführen zu können. Hinzukommt, dass die Journalistenbeteiligung an den Pressekonferenzen der 1. Proben in der Regel sehr gering ausfällt.
Eine weitere Neuerung betraf die Jurywertung. Bisher wurden nur die TOP 10 der einzelnen Jurywertungen zur Berechnung des Kombi-Resultats berücksichtigt. Nun war es so, dass das Jury-Ranking aller Lieder in die jeweilige Gesamtwertung einging. Das bedeutet, je größer die Differenz des Rankings von Jury und Televoting ist, desto niedriger fällt das Gesamtranking für den entsprechenden Titel aus.
Die Zulosung der Länder in die beiden Semifinale erfolgte am 17. Januar 2013 im Rahmen der "Host City Insignia Ceremony" (mit symbolischer Schlüsselübergabe an den Oberbürgermeister der Gastgeberstadt). Hier wurde auch ausgelost, in welchem der Semifinale die BIG 5 und der Gastgeber Schweden jeweils abstimmten.
Beim Delegationstreffen am 18.03.2013 wurde als Final-Startnummer des Gastgebers Schweden die Position 16 ausgelost. Während der jeweiligen Pressekonferenz der BIG 5 wurde dann zumindest doch ausgelost, in welcher Hälfte des Finales diese Länder antraten. In der jeweiligen Siegerpressekonferenz nach den Semifinalen wurde ausgelost, in welcher Hälfte des Finales die qualifizierten Semifinalisten antraten. Die genaue Startreihenfolge des Finales wurde dann nach produktionstechnischen Gesichtspunkten von SVT entschieden und am 17. Mai morgens bekannt gegeben. Im 1. Semifinale stimmten ab: Italien, Schweden, Ver. Königreich und im 2. Semifinale: Deutschland, Frankreich, Spanien.
Im Vorfeld wurde schon per Los bestimmt, dass Dänemark im 1. Semifinale startete und Norwegen im 2. Semifinale, um Probleme beim Ticketverkauf zu vermeiden. Israel wurde auf Wunsch für das 2. Semifinale gesetzt, da in Israel am Tag des 1. Semifinales ein nationaler Feiertag war. Portugal, Polen und die Slowakei hatten ihre Teilnahme abgesagt. Auch Bosnien & Herzegowina setzte aus finanziellen Gründen aus. Die Türkei hingegen nahm nicht teil aus Protest gegen die "neuen" Wertungsregeln (Jurys) und die BIG-5-Regelung! Somit waren Interpreten aus 39 Ländern am Start, die gleiche Anzahl wie in Oslo 2010, 16 im 1. Semifinale und 17 im 2. Semifinale.
In den Postkarten wurden die einzelnen Künstler vorgestellt. Zu diesem Zweck haben insgesamt fünf Filmteams die ausgewählten Interpreten in ihren Heimatländern besucht.
Es gab nur eine Moderatorin, das war zuletzt 1995 in Dublin der Fall. Es war der schwedische TV-Star Petra Mede. Ihren ersten Erfolg hatte sie mit Stand-Up Comedy 2005, sie hat eine eigene Comedy-Show im schwedischen Fernsehen und war Moderatorin der schwedischen VE 2009. Sie trug in den Shows Outfits von Jean Paul Gautier. In lustigen Einspielfilmen war sie in historischen ESC-Ausschnitten zu sehen, in die man sie entsprechend hineinkopiert hatte. Außerdem gab es Einspielfilme mit Lynda Woodruff alias Sarah Dawn Finer, die im FInale auch noch live sang.
SVT drehte außerdem einen Einspielfilm in zehn europäischen Städten, in dem die Bevölkerung jeweils Teile des Siegertitels 2012 „Euphoria“ sang.
© SVT
Entgegen anders lautenden ersten Stellungnahmen des Produzenten entschied man sich doch für einen Slogan und ein Sublogo.
Das Motto lautete: WE ARE ONE (Wir sind eins) und das Sublogo zeigte einen bunten Schmetterling.
"Der ESC mag als etwas Triviales erscheinen, aber etwas Triviales, das über 100 Millionen Menschen in über 40 Ländern auf der ganzen Welt begeistert. Heute weiß die Wissenschaft, dass manchmal eine Kleinigkeit eine sehr große Veränderung bewirken kann. Dieses Phänomen nennt man den "Schmetterlings-Effekt": Ein Flügelschlag eines Schmetterlings kann - zumindest theoretisch - einen Hurrikan auslösen. Schmetterlinge haben einen gemeinsamen Namen, aber es gibt sie in Tausenden unterschiedlicher Farben und Schattierungen, so wie den Eurovision Song Contest - eine starke Identität mit reichhaltigen nationalen Unterschieden. Wenn wir alle zusammenarbeiten und uns engagieren, können wir alles erreichen: Wir sind eins!" Die Idee und das Konzept stammen von der Agentur Happy F & B ( Forsman & Bodenfors).
Das Konzept des schwedischen Produzenten Martin Österdahl war sehr ambitioniert gewesen, die Show rund zu erneuern: Keine Startnummern-Auslosung sollte es mehr geben, um die Show abwechslungsreicher zu gestalten, keine Sitzplätze mehr für die Fans, um stimmungsvolle Fernsehbilder zu bekommen, nur eine Moderatorin die allen drei Shows ihr Markenzeichen aufdrücken sollte.
Dieses Konzept ist nur teilweise aufgegangen. Es gab wirklich mitreißende Fernsehbilder durch die Nähe der stehenden Fans direkt an der Bühne und am Catwalk, doch die Show selbst hatte durchaus Höhen und Tiefen: Die als etwas Besonderes angekündigten Postcards mit der Vorstellung der Interpreten kamen eher langweilig daher - ähnlich wie die Tourismuswerbung früherer Jahre. Das hätte man sicher interessanter gestalten können.
Highlights waren die Eröffnung des ersten Semifinales mit Loreen und einem Kinderchor, der Einzug der Interpreten im Finale und die historischen Einspieler mit Petra Mede, und vor allem Sarah Dawn Finer als Lynda Woodruff in mehreren lustigen Einspielfilmen.
Loreen dann im Finale auch noch einmal als Interval-Act zu sehen, erschien überflüssig, wie überhaupt im Finale ein Pausenact den nächsten jagte. Dadurch wurde die Show dermaßen in die Länge gezogen, dass man schon während der Wertung den Sieger verkündete, offenbar um für den Weg der Siegerin vom Green Room auf die Bühne Zeit zu sparen. Die Siegerehrung verkam ebenfalls aus Zeitgründen zur Nebensache. Hinzu kam, dass der schwedische Humor, den Petra Mede in ihrem Interval Act „All About Sweden“ brachte, international wohl auch nicht jedermanns Sache war bzw. nicht unbedingt verstanden wurde.
Das musikalische Angebot reichte wie meistens von hochdramatisch über merkwürdig-lustig bis solide. Am Sieg Dänemarks hatte man eigentlich nicht ernsthaft zweifeln können, so hervorstechend war die Inszenierung und so eingängig der Titel.
Der zweite Platz für Aserbaidschan ging wohl in erster Linie auf das Konto der tollen Inszenierung mit einem "Spiegelbild" im Glaskasten.
Mit "tragkräftiger" Unterstützung des größten Amerikaners, Igor Vovkovinskiy, erreichte Zlata Ognevich für die Ukraine den dritten Platz.
Griechenland brachte das Angebot für kostenlosen Alkohol immerhin den sechsten Platz ein. Erfreulich, dass Anouk für die Niederlande mit dem außergewöhnlichen "Birds" den neunten Platz erreichen konnte und ByeAlex für Ungarn mit seinem ausgefallenen "Kedvesem" Platz zehn.
Die unter dem Kleid montierte Hebebühne ließ Aliona Moon für Moldau in ungeahnte Höhen emporsteigen, nämlich auf Platz 11!
Fanfavoritin Krista Siegfrids erreichte trotz des Kusses mit ihrer Backgroundsängerin nur Platz 24, das war dann einigen Zuschauern bzw. Juroren voll doch zuviel des Guten.
Der rumänische César musste sich ob seines kuriosen Auftritts als "transsilvanisches Dracula-Imitat", zwar ohne Vampirzähne, aber dafür mit Stimmenwechsel ins Sopranfach, in der Pressekonferenz die Frage gefallen lassen, ob er das wirklich ernst meine, was er bejahte und ihm tatsächlich Platz 13 einbrachte!
Der Vereinigte Königreich ließ sich vom Misserfolg Engelbert Humperdincks im Vorjahr nicht abschrecken und schickte erneut ein "Urgestein" ins Rennen, nämlich Bonnie Tyler. Sie schaffte es mit "Believe In Me" allerdings auch nur auf Platz 19.
Valentina Monettas zweiter Anlauf mit einem Siegel-Song scheiterte ebefalls wieder im Semifinale, allerdings äußerst knapp auf Platz 11, möglicherweise aufgrund der rätselhaften Inszenierung, bei der Valentina zu "Crisalide (Vola) eine leuchtende Kugellampe zu gebären schien...
Und Deutschland? Cascada war vor Ort im Vorfeld hoch gewettet worden, aber möglichweise war der Titel "Glorious" letztlich doch zu nah am Vorjahressieger "Euphoria", auch wenn ein vom NDR in Auftrag gegebenes Expertengutachten den Plagiatsvorwurf ausräumte. Und die Inszenierung auf einer Glastreppe war nun auch nicht gerade beeindruckend. So wurde es für die sympathische Natalie Horner nur Platz 21!
Nach dem ESC kam es zu Manipulationsvorwürfen: So soll Aserbaidschan nur durch gezielten Stimmenkauf seine hohe Platzierung erreicht haben. Es tauchte ein Video auf, in dem angeblich litauische Journalisten dazu angestiftet werden sollten, gegen eine bestimmte Summe SIM-Karten zu erwerben und damit massiv für Aserbaidschan zu voten. Außerdem hat der russische Außenminister Lawrow sich bei seinem aserbaischanischen Kollegen darüber beschwert , dass Russland von Aserbaidschan keine Punkte bekommen hat, obwohl der russische Beitrag beim aserbaidschanischen Televoting auf Platz 1 gelandet sei. Auch hier war von Manipulation die Rede. In einer offiziellen Stellungnahme der EBU hieß es jedoch, es gebe keine Beweise, dass der aserbaidschanische TV-Sender Ictimai in diese angeblichen Stimmenkäufe verwickelt sei, und auch das russische Voting sei regelkonform abgelaufen.
1. Amandine Bourgeois "L'enfer et moi" | ![]() | M.: David Salkin |
2. Andrius Pojavis "Something" | ![]() | M. & T.: |
3. Aliona Moon "O mie" | ![]() | M.: Pasha Parfeny |
4. Krista Siegfrids "Marry Me" | ![]() | M. & T.: |
5.
"Contigo hasta el final" | ![]() | M. & T.: |
6, Roberto Bellarosa "Love Kills" | ![]() | M. & T.: |
7. Birgit "Et uus saaks alguse" | ![]() | M.: Mihkel Mattisen |
8. Alynoa Lanskaya "Solayoh" | ![]() | M.: Mark Paelinck |
9. Gianluca "Tomorrow" | ![]() | M. & T.: |
10. Dina Garipova "What If" | ![]() | M. & T.: |
11. Cascada "Glorious" | ![]() | M. & T.: |
12. Dorians "Lonely Planet" | ![]() | M.: Tony Jommi |
13. Anouk "Birds" | ![]() | M.: Tore Johansson, |
14. Cezar "It's My Life" | ![]() | M & T.: |
15. Bonnie Tyler "Believe In Me" | ![]() | M. & T.: |
16. Robin Stjernberg "You" | ![]() | M. & T.: |
17. ByeAlex "Kedvesem | ![]() | M.:Alex Márta, Zoltán |
18. Emmelie de Forest "Only Teardrops" | ![]() | M. & T.: |
19. Eyþór Ingi "Ég á Líf" | ![]() | M. & T.: |
20. Farid Mammadov "Hold Me" | ![]() | M.: Dimitrios Kontopoulos |
21. Koza Mostra feat. "Alcohol Is Free" | ![]() | M.: Illias Kozas |
22. Zlata Ognevich "Gravity" | ![]() | M.: Mikhail Nekrasov |
23. Marco Mengoni "L'Essenziale" | ![]() | M.: Francesco De Benedittis, |
24. Margaret Berger "I Feed You My Love" | ![]() | M. & T.: |
25. Sophie Gelovani & "Waterfall" | ![]() | M.: Thomas G:son, |
26. Ryan Dolan "Only Love Survives" | ![]() | M. & T.: |
1. Natália Kelly "Shine" | ![]() | M. & T.: |
2. Birgit "Et uus saaks alguse" | ![]() | M.: Mihkel Mattisen |
3. Hannah "Straight Into Love" | ![]() | M.: Hannah Mancini, |
4. Klapa s mora "Mižerja" | ![]() | M. & T.: |
5.
"Only Teardrops" | ![]() | M. & T.: |
6, Dina Garipova "What If" | ![]() | M. & T.: |
7. Zlata Ognevich "Gravity" | ![]() | M.: Mikhail Nekrasov |
8. Anouk "Birds" | ![]() | M.: Tore Johansson, |
9. Who See "Igranka" | ![]() | M.: Đorđe Miljenović ( |
10. Andrius Pojavis "Something" | ![]() | M. & T.: |
11. Alyona Lanskaya "Solayoh" | ![]() | M.: Mark Paelinck |
12. Aliona Moon "O mie" | ![]() | M.: Pasha Parfeny |
13. Ryan Dolan "Only Love Survives" | ![]() | M. & T.: |
14. Despina Olympiou "An me thimasai" | ![]() | M.: Andreas Giorgallis |
15. Roberto Bellarosa "Love Kills" | ![]() | M. & T.: |
16. Moje 3 "Ljubav je svuda" | ![]() | M.: Saša Milošević Mare |
1. PeR "Here We Go" | ![]() | M.: Ralfs Eilands, |
2. Valentina Monetta "Crisalide (Vola)" | ![]() | M.: Ralph Siegel |
3. Esma & Lozano "Pred da se razdeni" | ![]() | M.: Darko Dimitrov, |
4. Farid Mammadov "Hold Me" | ![]() | M.: Dimitrios Kontopoulos |
5.
"Marry Me" | ![]() | M. & T.: |
6, Gianluca "Tomorrow" | ![]() | M. & T.: |
7. Elitsa Todorova & | ![]() | M. & T.: |
8. Eyþór Ingi "Ég á Líf" | ![]() | M. & T.: |
9. Koza Mostra feat. "Alcohol Is Free" | ![]() | M.: Đorđe Miljenović ( |
10. Moran Mazor "Rak bishvilo" | ![]() | M.: Han Harari |
11. Dorians "Lonely Planet" | ![]() | M.: Tony Jommi |
12. ByeAlex "Kedvesem | ![]() | M.:Alex Márta, |
13. Margaret Berger "I Feed You My Love" | ![]() |
|
14. Adrian Lulgjuraj & "Identitet" | ![]() | M.: Bledar Sejko |
15. Sophie Gelovani & "Waterfall" | ![]() | M.: Thomas G:son, |
16. Takasa "You And Me" | ![]() | M. & T.: |
17. Cezar "It's My Life" | ![]() | M. & T.: |
(Fotos Teilnehmertabellen: © EBU / eurovision.tv)
© ECG e. V.
© ECG e. V.
© ECG e. V.
Eurovision Song Contest - Stellen Sie sich vor, Sie berichten aus Malmö von Peter-Philipp Schmitt, faz.net, 17.05.2013
Nehmen wir mal an, Sie sind Journalist, und Ihre Redaktion schickt Sie seit vielen Jahren immer wieder zu einer Veranstaltung, die Sie total doof finden. Sie fahren also hin, sagen wir mal, für knapp zwei Tage, auch wenn der Wettbewerb eigentlich zwei Wochen dauert, und Sie finden - natürlich - alles doof. Und das schreiben Sie dann auch. Es wird ein Bericht aus einer Welt, in der Würde ein Hindernis ist. In ihr geht es um Künstler aus ganz Europa, Deutschland ist übrigens auch vertreten. Und weil Sie alles so richtig doof finden und Sie sich richtig ärgern, werden Sie in Ihrem Text verletzend, richtig bösartig. Über die deutsche Künstlerin schreiben Sie, dass die aussieht, als sei sie angetreten als Kandidatin der Metzgerinnung beim Wettbewerb um die goldene Presswurst. Damit spielen Sie auf den viel zu engen Goldfummel mit anhängender, bis zum Boden reichender Tüllgardine an, mit der sie eine Glastreppe herunterstapft. Es ist ein Rätsel. Und es sind Vorurteile Es könnte aber auch sein, dass Sie eigentlich ganz gern für Ihre Redaktion nach Malmö gefahren sind, voriges Jahr waren Sie ja auch schon in Baku und davor in Düsseldorf, in Oslo aber leider nicht. Doch weil niederschreiben so viel einfacher ist, als ausgewogen zu berichten, entscheiden Sie sich immer wieder für Ersteres. Ihr Fazit in diesem Jahr: Wie üblich ist der ESC vor allem eine optische Leistungsschau, mit der bemäntelt wird, dass musikalisch wieder mal nur pure Einfalt Klang geworden ist - und das 39 Mal. Wie kommt es eigentlich, dass eine so harmlose, völkerverbindende und insgesamt fröhliche Veranstaltung wie der Eurovision Song Contest (ESC) in den deutschen Medien überwiegend niedergeschrieben wird? Und wieso glauben noch immer viele Deutsche, dass es hier um einen Schlagerwettbewerb geht, der Musik präsentiert, die nicht zeitgemäß ist? Es ist ein Rätsel. Und es sind Vorurteile. Geschmäcker sind verschieden. Und natürlich darf man Cascada und Dance-Pop und das Lied „Glorious“ doof finden und über Natalie Horler schreiben, dass einem ihr Kleid nicht gefällt. Aber Presswurst? Das ist nicht mal als Beleidigung sonderlich originell. Beim ESC plötzlich eine musikalische Niete? Wer allein in diesem Jahr zu dem Fazit kommt, dass beim ESC nur pure Einfalt Klang geworden ist, kann sich nicht ernsthaft mit Musik beschäftigen. Der Italiener Marco Mengoni hat das Sanremo-Festival gewonnen - mit seinem ESC-Beitrag „L’Essenziale“. Das Lied muss man nicht gut finden, doch wenn Mengoni in der Alten Oper in Frankfurt auftreten würde, bekäme er wahrscheinlich eine angemessene Kritik in jedem Feuilleton dieser Republik. Allein aber die Verbindung zum ESC reicht, um ihn als musikalische Niete darzustellen. Italien ist übrigens erst vor zwei Jahren wieder zum ESC zurückgekehrt, trotz Wirtschaftskrise und Sanremo-Festival, weil man wieder Teil der Grand-Prix-Familie sein will. Und Esma Redzepova, Jahrgang 1943, die für Mazedonien angetreten ist? Sie schied zwar an der Seite von Vlatko Lozanoski mit einem für unsere Ohren sehr fremd klingenden Lied (“Pred da se radzeni“) im Halbfinale in Malmö schon aus (wie gesagt, man muss es nicht mögen). Träte sie damit aber in Berlin auf - zum Beispiel als Teil eines Sinti-und-Roma-Kulturprojekts -, die Presse läge der „Königin der Zigeuner“, wie sie genannt wird, mit Sicherheit zu Füßen. Die Frau hat Ausstrahlung, Charisma, Persönlichkeit. Beim ESC aber ist sie plötzlich eine musikalische Niete? Es ließen sich weitere Beispiele finden. Vor vier Jahren nahm Patricia Kaas für Frankreich am ESC teil - bei ihr zumindest setzte der Reflex aus. Teile der deutschen Presse schüttelten allerdings den Kopf und fragten, warum sie sich das nur antue? Vorjahressiegerin Loreen hat mit „Euphoria“ einen Chartrekord nach dem anderen in ganz Europa gebrochen, weil der Titel, wie zu lesen war, am ehesten einen Europa einenden Mainstream-Geschmack zu befriedigen wusste. Das ist wohl mit allen Hits so, egal, ob sie von Madonna, Nelly Furtado oder Lena Meyer-Landrut gesungen werden. Und wenn sie jeder hören will, sind sie auch zeitgemäß. Ein Wort zu den Vorurteilen: Das Gerücht von der Ostblock-Mafia, die jedes Jahr einem anderen ehemals kommunistischen Land zum Grand-Prix-Sieg verhelfe und dem Westen darum ja ohnehin keine Chance lasse, hält sich nachdrücklich. In den vergangenen zwanzig Jahren hat der Ostblock sechsmal gewonnen, darunter sind zwei EU-Staaten (Estland, Lettland), der Beitrittskandidat Serbien und drei ehemals sowjetische Republiken: Ukraine, Russland und Aserbaidschan. Keines der erst nach 1993 zum ESC hinzugekommenen Länder beschwert sich übrigens darüber, dass Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien sowie neuerdings Italien stets im Finale gesetzt sind. Vor drei Jahren, als Lena in Oslo gewann, war zu lesen, dass rund 2000 Journalisten aus siebzig Ländern bis zum Finaltag beschäftigt werden müssten, und so seien nicht wenige unter ihnen, die fleißig an der Lena-Mania mitstrickten und ihren eher mittelmäßigen Sangesbeitrag zur Botschaft an die Popwelt stilisierten. Dabei sei es nur ein kleines Lied von einer jungen Frau in einem aufgeplusterten Liederwettbewerb. Nun denn, jeder kann sich mal irren. |
Platz 21 - haha! von Jens Maier, stern.de, 19.05.2013Vernichtender könnten die Urteile nicht ausfallen. "Sie wirkte, als fühle sie sich nicht wohl in ihrem viel zu engen Goldfummel", ist auf "Süddeutsche.de" einen Tag nach ihrem schlechten Abschneiden in Malmö über Cascada zu lesen. Fast noch harmlos dagegen die "Cascada-Klatsche", von der Bild.de spricht. Doch nicht nur über den Auftritt von Natalie Horler wird in deutschen Medien gelästert, sondern vor allem über den Wettbewerb an sich. "Wer auf biedere 08/15-Nummern steht, wird auch im kommenden Jahr wieder einschalten", schreibt "Spiegel-Online". Und die Online-Ausgabe der "Welt" fordert gar: "Der ESC muss gar nicht mehr abgehalten werden". Comeback der Lästermäuler Drei Jahre nach Lenas famosem Sieg in Oslo ist es wieder in, über den Grand Prix zu lästern. Alle sorgsam gepflegten Klischees und Vorurteile werden hervorgeholt. Es sei ein Wettbewerb von miserablen Künstlern, die sich in Glitzerfummel werfen, ist da plötzlich zu lesen. Ein Reigen des schlechten Geschmacks, bei dem kommerziell angepasste Musik zum Besten gegeben werde und sich Länder gegenseitig die Punkte zuschustern würden. Kurioserweise sind es meist die gleichen Journalisten, die vor drei Jahren in Jubel ausbrachen, als "Lovely Lena" erst Deutschland und dann Europa verzauberte, die das schreiben. Alles vergessen. Sicherlich kann man den Auftritt Natalie Horlers kritisieren. Die Showtreppe auf der sie stand zum Beispiel, die eigentlich im Nebel schweben sollte, die aber am Ende doch wie ein Baugerüst aussah. Oder ihren Song "Glorious", der vielen als Kopie von Loreens Siegertitel "Euphoria" erschien. Man mag auch die Ausreden komisch finden, mit der sich der für den ESC verantwortliche deutsche Sender NDR plötzlich aus der Affäre ziehen will. "Da stand nicht nur Cascada auf der Bühne, da stand auch Deutschland auf der Bühne", sagte NDR-Unterhaltungschef Thomas Schreiber und deutet damit an, dass die wenigen Punkte für Deutschland auch eine Abstimmung über die Politik von Angela Merkel gewesen sei. Eine gewagte These. Denn auch die Länder, die nicht unter dem deutschen Spardiktat zu leiden haben, riefen nicht für Deutschland an. Aber wer den diesjährigen Eurovision Song Contest als angepassten Musikschund zu schmähen versucht, als langweilige Show mit allerlei Kuriositäten, der hat offenbar nicht richtig hingesehen. Da war der fantastische Auftritt des Italieners Marco Mengoni (Platz 7), der ohne Feuerwerk und Windmaschinen-Schi-Schi auskam und sein "L'Essenziale" frech von der Bühne rotzte. Wow! Oder der herrlich unangepasste Song des Brillenhipsters Alex Márta (Platz 10) aus Ungarn, der den Deutschen zwölf Punkte wert war, die Gänsehaut-Ballade "Birds" von Anouk (Platz 9) aus Holland oder der Gute-Laune-Pop von Gianluca (Platz 8) aus Malta. Ganze acht der 26 Titel wurden in Landessprache vorgetragen - ein wichtiger Hinweis darauf, dass eben nicht der Kommerzialisierungshammer zugeschlagen hat. Mit Loreen und "Euphoria" brachte der Eurovision Song Contest im vergangenen Jahr einen Sieger hervor, der sich in über 20 Ländern Europas in den Charts platzierte und auch in Deutschland über Wochen auf Platz eins der Hitliste stand. Auch das wird gerne vergessen, wenn jetzt in deutschen Feuilletons von der Malmöer Freakshow zu lesen sein wird - fast so als bestünde Deutschland nur aus feingeistigen Musikkennern, die ihre Abende in Jazzkellern, in der Oper oder bei Liederabenden verbringen würden. Die Wirklichkeit heißt Lady Gaga oder Helene Fischer. Manchmal wird Mut belohnt Und wie soll es nun nach dem schlechten Abschneiden von Cascada mit dem Eurovision Song Contest in Deutschland weitergehen? Vielleicht nehmen wir uns ein Beispiel an Norwegen. Dort landete Sänger "Tooji" im vergangenen Jahr auf dem letzten Platz. Statt die Abschaffung des ESC zu fordern, schickte Oslo Sängerin Margaret Berger mit einer unangepassten Elektropop-Nummer nach Malmö. Gewagt, aber manchmal wird Mut belohnt. Berger wurde Vierte und beweist: Nach einer Niederlage geht die ESC-Welt nicht unter. |
Dankbar für Almosenpünktchen Von Hans Hoff, süddeutsche.de, 19.05.2013
Im Jahr eins nach dem Rückzug von Stefan Raab aus dem ESC-Vorentscheid ist Deutschland wieder ungefähr dort, wo es 2009 aufgehört hat: auf Rang 21. Ab und an ein Almosenpünktchen für die magere Performance von Cascada, das war's. Welten lagen zwischen dem deutschen Beitrag und dem dänischen Siegersong. Der Auftritt von Deutschlands einstigem ESC-Sternchen Lena brachte auch keine Linderung. "Was ist denn da los?" Kommentator Peter Urban war für einen Moment ratlos, als irgendeiner der zugeschalteten Punkteverkünder sich eigenartig verhielt. Dabei ist eigenartiges Verhalten für einen Punkteverkünder beim Eurovision Song Contest (ESC) beileibe nichts besonderes. Es sind halt diese ganz wenigen Sekunden, die für die kurz im Bild Erscheinenden die einzigartige Chance bieten, sich einem Publikum von über 100 Millionen Fernsehzuschauern zu präsentieren, für einen Moment etwas Verrücktes zu tun, etwas, das neben dem überschwänglichen Dank für eine selbstredend ganz wunderbare Show vielleicht dem einen oder anderen im Gedächtnis bleibt.So wie es die inzwischen im Hauptberuf zur Kieks-Sirene mutierte Lena am späten Samstagabend geschafft hat, als sie in ihrer Funktion als deutsche Jury-Chefin kurzerhand Länder verwechselte und falsche Punkte vergab. "Es war ein Komplettausfall. Es ist mir so unangenehm. Ich schäme mich", sagte die Überforderte nachher im Ersten. Aber das verhallte fast schon, denn das Versagen bei der Punktevergabe wird sich an ihr festsaugen und es unter Garantie in jeden zweiten Jahresrückblick schaffen, Abteilung Pleiten, Pech und Pannen. Bei Lena bedanken darf sich Natalie Horler, denn durch den Ansage-Fauxpas der ESC-Gewinnerin von 2010 geriet der Misserfolg der als Cascada angetretenen Bonnerin glatt für ein paar Momente in Vergessenheit. Immerhin: Cascada ist nicht, wie von manchen befürchtet, Letzte geworden, aber für mehr als einen 21. Platz in einem Feld von 26 Finalteilnehmern reichte es dann auch nicht. Im Jahre eins nach dem kompletten Rückzug von Stefan Raab aus dem ESC-Vorausscheidungsgeschäft ist Deutschland ungefähr wieder dort angekommen, wo es 2009 war, als "Alex Swings Oscar Sings" in Moskau es immerhin auf Rang 20 schafften. Es bewahrheitete sich gegen Mitternacht die Vermutung, dass der Cascada-Titel nicht nur den Deutschen furchtbar egal ist sondern ganz Europa komplett wurscht. Kein Plagiat, aber eine dreist nachempfundene Kopie eben doch Es hatte sich in der Abstimmung schon früh angedeutet, dass es nicht richtig gut für Deutschland laufen würde. Ab und an kam mal eine magere Wertung herein, und man war schon dankbar, als wenigstens die Schweiz ein winziges Almosenpünktchen übrig hatte. Aber zu mehr als 18 jämmerlichen Punkten reichte es am Ende nicht. Der Traum von einem gloriosen Triumph ist ausgeträumt. Das mag auch an der eher mageren Performance liegen, mit der Cascada sich in Malmö präsentierte und streckenweise an den desaströsen Auftritt der No Angels 2008 in Belgrad erinnerte. War sie bei den Proben in Malmö am vergangenen Wochenende noch in bestechender Form gewesen, kam ihre Stimme nun wackelig und unsicher über den Sender. Sie wirkte, als fühle sie sich nicht wohl in ihrem viel zu engen Goldfummel, als bedrücke sie die Einsicht, dass sie sich mit dem arg kalkulierten Titel "Glorious" möglicherweise doch keinen so großen Gefallen getan hat wie das die ARD-Delegation im Vorfeld gerne glauben machen wollte. Besonders peinlich wurde es, als in der Pause die Vorjahressiegerin Loreen ihren Siegertitel aus Baku noch einmal sang und kurz nach deren "Euphoria" im Schnelldurchlauf noch einmal "Glorious" zu hören war. Da zeigte sich unangenehm deutlich: Natürlich ist der deutsche Titel kein Plagiat, aber eine dreist nachempfundene Kopie eben doch.Ein einfaches Liedchen, ein klassischer Popsong mit einprägsamer Hookline Da offenbarte sich rasch, dass Welten zwischen dem deutschen Beitrag und dem letztlich siegreichen dänischen Titel liegen. Schon vorab war Emmelie de Forest mit ihrem Titel "Only Teardrops" als klare Favoritin gehandelt worden und setzte sich bei der Punktevergabe schon früh an die Spitze des Feldes. Bedrängt wurde sie dort eine Weile von den Mitbewerbern aus Aserbaidschan und der Ukraine, stand aber schon als Siegerin fest, als vier der 39 stimmberechtigten Länder ihre Entscheidungen noch gar nicht bekanntgegeben hatten. "Only Teardrops" ist ein einfaches Liedchen, ein klassischer Popsong mit einprägsamer Hookline, und dass die Interpretin sich mit ihrem Äußeren nicht gerade verstecken muss, dürfte auch einen gehörigen Teil zum Erfolg beigetragen haben. So sehen verdiente Siegerinnen aus. Nicht ganz so überzeugend präsentierten sich in diesem Jahr die Organisatoren. Zwar führte die schwedische Komödiantin Petra Mede souverän durch die Dreieinhalbstundenshow, allerdings konnte sie kaum darüber hinwegtäuschen, dass den Schweden das rechte Maß für eine große Show abhanden gekommen war. Es sollte viel Selbstironie geboten werden, aber Ironie lebt nunmal davon, dass sie in behutsamer Dosis verabreicht werden muss, um tief zu wirken. Behutsamkeit ließen die Macher in Malmö indes vermissen. Sie strichen die Spaßbutter ganz dick aufs Showbrot und ließen es eine Spur zu sehr krachen. ESC-Pflicht: Beschäftigung von Ausdruckstänzern Nicht nur die komisch gemeinten Einspieler einer vermeintlichen EBU-Korrespondentin gerieten rasch aus der lustigen Bahn, auch die Show insgesamt litt über weite Strecken unter zu großer Gleichförmigkeit. Immer wieder dieselben Kamerakranfahrten, immer wieder dieselben Künstlerumkreisungen der Handkamera, immer wieder die Standardeinstellungen aus luftiger Hallenhöhe. Dazu die beinahe schon branchenübliche Lichtorgie, die auf alles, was ein bisschen Fläche bietet, Bilder projiziert, die hier Wind wehen, dort Rauch aufsteigen und von oben Gold regnen lässt. Eine Weile schien es zudem, als sei irgendwo im ESC-Pflichtenkatalog ein Paragraph zu finden, der die Beschäftigung von Ausdruckstänzern fordert. Im Ergebnis stand dann oft vorne ein Sänger oder eine Sängerin, und daneben verrenkten sich gelenkige Artisten und lenkten ab vom akustisch Gebotenen. Das war bei vielen Titeln höchst angenehm, weil sie musikalisch nicht einmal genug Substanz haben, um mehr als ein paar Takte davon zehren zu können. Wenn es sich aber mehrfach wiederholt, dann ist das schnell als Masche erkannt. Wie angenehm wirkte es da, als sich etwa der italienische Kandidat einfach alleine ans Mikrofon stellte und sein Lied sang. Keine Tänzer, keine Trommler, keine Backgroundsänger. Obwohl doch jedes Land das Recht hat, die Bühne mit bis zu sechs Akteuren zu bevölkern. Am Ende wurde Italien für den bewusst inszenierten Mangel an Brimborium mit einem respektablen siebten Platz belohnt. Dass Deutschland 14 Plätze weiter hinten landete, schien schließlich sogar den routinierten ESC-Veteranen Peter Urban ein wenig aus der Bahn zu werfen. Das habe Cascada nicht verdient, stammelte er fast. Man muss ihm diesen Irrtum nachsehen. Er wird halt vom für den ESC zuständigen NDR bezahlt. |
© OGAE International
OGAE International führt jedes Jahr eine Bewertung der aktuellen ESC-Songs durch alle angeschlossen Fanclubs durch. Da der ESC 2020 abgesagt wurde, wird dieser "OGAE Poll" nun erweitert zum "Eurovision Fan Contest". Außer den Mitgliedern der nationalen Clubs sind erstmals auch ESC-Fans weltweit aufgerufen, sich an dieser Abstimmung zu beteiligen.
Die Wertung der nationalen OGAE-Clubs soll bei diesem Contest die "Jury" repräsentieren und zu 50 Prozent in das Gesamtergebnis eingehen. Die anderen 50 Prozent der Wertung sollen von den nicht in einem OGAE-Club organisierten ESC-Fans weltweit kommen. Diese Fans können ihre Wertung online abgeben über das Portal "Mi-Voice".
Um am Voting teilzunehmen, kann man sich bis zum 3. Mai 2020 um 23.59 Uhr hier registrieren. Sobald das Voting startet, bekommt man eine Email zur Stimmabgabe. Alles Songs kann man auf der offiziellen Seite der EBU und natürlich auch auf unserer Homepage anhören.
Alle Informationen von OGAE International dazu kann man hier nachlesen.
Und so funktioniert das Voting:
Die ECG-Mitglieder werden gebeten, sich selbst stattdessen am ECG-Mitgliedervoting zu beteiligen, die Information aber gern an Freunde, Bekannte, Verwandte usw. weiterzugeben.
Um das Voting zu sehen, sollte man den You-Tube-Kanal von OGAE International abonnieren. Das Voting wird dort am 15. Mai 2020 zu sehen sein.
Auch der ECG freut sich natürlich über ein Abonnieren seines YT-Profils.
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